Das Fellhorn und die Kanzelwand zählen zu den beliebtesten Zielen im Allgäu. Ein Grund ist die gute Erreichbarkeit mit der Fellhornbahn oder, vom Kleinwalsertal, der Kanzelwandbahn. Oben angekommen, besticht die Zwei-Länder-Wanderregion mit einem Wegenetz, das vom Familienspaziergang bis zur Kletterpartie unterschiedlichste Ansprüche abdeckt.
Für diese Wanderung empfehlen wir einen möglichst frühen Start. Zum einen natürlich, um von einer kürzeren Wartezeit vor der Bergfahrt mit der Großgondel zu profitieren. Zum andern aber auch, um ausreichend Zeit für die Runde zu bekommen.
Andernfalls kann es passieren, dass man entweder auf längere Pausen, eine Einkehr auf einer der schönen Bergwirtschaften oder auf den besonders reizvollen Abschnitt über die Roßgundalpe verzichten muss, um die letzte Talfahrt sicher zu erreichen.
So sind wir selbst mit der zweiten, fast menschenleeren Gondel hoch zur Station am Schlappoldsee gefahren. Zum Vergleich: bei Hochbetrieb kann die Wartezeit eine Stunde dauern. Während der Fahrt erklärt uns ein Angestellter, dass wir mit dem Ticket auch die Gipfelbahn nutzen können. Und zwar, »bis Ihnen schlecht wird«. Erst mit der Fahrt hinunter zur Talstation endet der Fahrspaß.
Zudem gibt er uns Infos zum Wetter und der aktuellen Lage auf dem Berg sowie Hinweise zur Sicherheit. Das muss sein. Denn gerade die einfacheren Wege lassen leicht übersehen, dass sich das Fellhorn in einer alpinen Bergregion befindet. So heißt es auf einem Schild außerhalb der Station Schlappoldsee: »Auch die Talabstiege erfordern gute Kondition und festes Schuhwerk (Bergschuhe).«
Die Hinweise zur Talwanderung nehmen wir zur Kenntnis. Wir aber wollen ja erst einmal hoch auf den Berg. Also halten wir uns am Ausgang der Station Schlappoldsee mehrmals links, unterqueren die Seilbahn auf der Talseite und folgen den Wegweisern an den nahen Schlappoldsee.
Um den Karsee führt ein 500 Meter langer Rundweg. Welche Richtung wir um den See wählen, spielt daher keine Rolle. Die bessere Sicht hat man wohl mit der Sonne eher im Rücken. Umso wichtiger ist anschließend, dass wir oberhalb des kleinen Sees auf den ausgewiesenen Wegen bleiben.
Denn der See und der Hang zwischen dem Weg zur Schlappold-Alpe und dem Grat befinden sich im Naturschutzgebiet Schlappold (oft auch Naturschutzgebiet Fellhorn genannt). Es ist das einzige Flyschhochgebirge Deutschlands, in dem sich ost- und westalpine Florenelemente überlappen.
Die Bedeutung für den Naturschutz ergibt sich auch daraus, dass sich hier einer der wenigen Standorte für Rohböden und saure Urwiesen innerhalb der bayerischen Alpen befindet. Entsprechend groß ist der Artenreichtum am Fellhorn und Schlappold.
Auch wem Begriffe wie Kalktuffquellen, boreale Heiden oder »alpine Pionierformationen des Caricion bicoloris-atrofuscae« nichts sagen, kann sich beim Aufstieg auf dem rot markierten (es gibt noch einen blauen) Bergweg über zahlreiche Blumen am Wegrand und auf den Wiesen freuen.
So sind auch wir auf dem Weg hoch zum Grat immer wieder kurz stehengeblieben, um uns an den ähnlich beschaffenen Narzissenblütigen Windröschen und Küchenschellen, an den leuchtenden Europäischen Trollblumen und den zierlichen Mehlprimeln und Aurikeln zu erfreuen.
Oben auf dem Grat zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal angekommen, biegen wir links zum Fellhorn ab. Bis zum Gipfel ist es noch eine Viertelstunde. Der Weg dorthin ist zwar blau markiert, aber doch relativ breit und in den Steigungen mit Stufen versehen, sodass man doch sicher vorankommt.
Auf den letzten Metern zum Gipfel wird es dann deutlich lebhafter. Grund ist die Gipfelstation der Fellhornbahn. Sie ermöglicht es auch wenig geübten Wanderern, den Gipfel bei einem zehnminütigen Spaziergang zu erreichen – insofern er oder sie Treppen steigen kann.
Dem Trubel zum Trotz haben sich nahe der Gipfelstation der Fellhornbahn Murmeltiere angesiedelt. So lange sie still – und womöglich noch vor einem Erdhaufen – sitzen, sind sie kaum zu finden. Sobald sie aber über die wenigen, im Sommer verbliebenen Schneefelder tollen, versetzen sie Wanderer wie Spaziergänger gleichermaßen in Aufregung. So halten auch wir inne, um die possierlichen Tieren kurz zu beobachten, eh wir über den Gundsattel und Beschneiungsteich hoch zur Aussichtsplattform Rote Wand wandern.
Es gibt zwar auch einen kürzeren Weg vom Fellhorn zur Bergstation der Kanzelwand. Das Panorama von der Roten Wand aber sollte man sich nicht entgehen lassen. Die einzelnen Gipfel lassen sich anhand der großen Panoramatafel leicht bestimmen.
Gut zu erkennen sind der Grünten und der Große Widderstein. Bis zur Bergstation der Kanzelwandbahn sind es dann noch zehn Minuten. Wer im Kleinwalsertal gestartet ist, findet hier einen alternativen Einstiegspunkt für die Blumenwanderung.
Wenn man denn Wandern will. So bekommen wir den Eindruck, dass einige Besucher tatsächlich nur auf den Berg fahren, um im Panoramarestaurant der Bergstation ein paar schöne Stunden zu verbringen. Das auf 1.957 Meter Höhe gelegene Restaurant ist für seine österreichische Mehlspeisenküche bekannt.
Wer sich zumindest ein wenig bewegen möchte, erreicht nach einem wenige Minuten langen Bergspaziergang den »Adlerhorst«. Die liebevoll eingerichtete Hütte besitzt ebenfalls eine schöne Sonnenterrasse mit Panoramablick zu den umliegenden Gipfeln. Dort ist es dann auch ruhiger als bei der Bergstation.
Der 2-Länder-Sportklettersteig ist anspruchsvoll und landschaftlich besonders reizvoll, Schwierigkeitskategorie C/D. Da er einige senkrechte Passagen beinhaltet und aufgrund seiner guten Erreichbarkeit von vielen Kletterfreunden angesteuert wird, sind neben Hüftgurt, modernem Klettersteigset mit Standseil-Sicherung auch Helme erforderlich (Steinschlaggefahr durch Vorausgehende). Für den 550m langen Steig benötigt man etwa drei Stunden. Dabei sind 250 Höhenmeter zu überwinden. Geöffnet von Anfang Mai bis Ende Oktober, nur für erfahrene Kletterer empfohlen, auf eigene Gefahr.
Von der Bergstation führt ein einfacher und viel begangener Schotterweg hinunter zur Station Schlappoldsee. Wer diesen nimmt, hat nach rund anderthalb Stunden sein Ziel erreicht. Deutlich schöner finden wir es jedoch, aus dem breiten Strom auszuscheren und den Kanzelwand Gipfel (auch Warmatsgundkopf) in die Runde einzubauen.
Damit folgen wir dem rot markierten Bergweg und passieren weiter oben den Einstiegspunkt des Zweiländersteigs, um ein Stück weiter über die wandertaugliche Südseite zum nahen Gipfelkreuz hinauf zu kraxeln. Klingt böse, ist aber halb so schlimm, da es vom Wanderweg nur ein kurzer Abstecher ist und die Felsen genügend Halt bieten.
Nach einem kurzen Kraftakt sind wir damit auch schon oben. Während den Gipfel selbst noch einige Wanderer (und Kletterfreunde) ansteuern, geht es beim Abstieg über die »Obere Falkhalde« zur Rossgund-Alpe umso ruhiger zu. So sind wir selbst nur einer Handvoll anderer Wanderer begegnet. Was uns wundert.
Denn die Blumenwiesen und Hochmoore östlich der Kanzelwand sehen noch eine Spur schöner und vielfältiger als die zwischen Fellhorn und Schlappold aus. Erst später erfahren wir, dass dies auch so ist. Die Wiesen sind Teil des Naturschutzgebietes Allgäuer Hochalpen. Dieses gilt als das artenreichste Gebirge Deutschlands.
Nach gut einer Stunde ab der Kanzelwandbahn biegen wir nahe der verfallenen Rossgund-Alpe links ab. Auf dem weiteren Weg umrunden wir die Kanzelwand. Nachdem wir den östlichen Einstiegspunkt des 2-Länder-Klettersteiges passiert und einige weitere tolle Eindrücke von der herrlichen Berglandschaft gesammelt haben, treffen wir auf den breiten Wanderweg zwischen der Fellhorn- und der Kanzelwandbahn.
Rechts ab, können wir diesen letzten Abschnitt der Wanderung zum Auslaufen nutzen. Bei der Oberen Bierenwang Alpe ist dann der perfekte Ort, um die Erlebnisse der Wanderung bei einer gemütlichen Einkehr nachhallen zu lassen. Von dort ist es dann nur noch ein kurzes Stück Weg bis zur Station Schlappoldsee. Hier lohnt sich ein Abstecher auf die Terrasse, bevor es mit der Fellhornbahn zurück ins Tal geht.
Die Anfahrt erfolgt über die B 19 bis Oberstdorf fahren, dann der Beschilderung zur Fellhornbahn folgen. Zwei große Parkplätze bieten reichlich Platz.
Anfahrt mit Bus und Bahn: Es bestehen außerdem Busverbindungen mit dem Walserbus ab Oberstdorf zu den beiden Haltestellen Fellhorn Brücke und Talstation
Ausgangspunkt | Fellhornbahn – Station Schlappoldsee (1.780 m) |
Koordinaten | N 47.35300, E 10.26600 (Parkplatz) |
Gehzeit | 4.30 bis 5 Stunden |
Distanz | 10,5 km |
Anstiege | 750 HM |
Anforderungen | T3. Abwechslungsreiche Runde mit mehreren Passagen, die Trittsicherheit erfordern, aber auch von wenig erfahrenen Alpinisten sicher zu meistern sind. Beim kurzen Abstecher auf die Kanzelwand kann man ruhig die Hände zur Hilfe nehmen. |
Einkehr | Station Schlappoldsee, Gipfelstation Fellhorn, Kanzelwandbahn Bergstation, Obere Bierenwang Alpe |
GPS-Daten | Wanderung Fellhorn Kanzelwand gpx |
KML-Daten | Wanderung Fellhorn Kanzelwand kml |