Wir haben kaum in unserem Hotel auf Faial eingecheckt, als wir schon wieder auf Achse sind. Mit unserem Leihwagen geht es hoch ins Gebirge, eine Strecke, die der alte Polo sicher schon hundert mal gefahren ist. Durch die geringe Größe der Insel ließen sich die wichtigsten Attraktionen mit einem Fahrzeug an einem Tag abklappern. Doch für eine solch oberflächliche Betrachtung ist Faial zu schade, sodass man zumindest ein oder zwei Wanderungen einplanen sollte. Zudem erwischen wir super Wetter, bei dem nur wenige Wolken den Himmel zieren. Beste Voraussetzungen für die Wanderung um die Caldeira von Faial bzw. dem großen Krater, der den Hauptteil dieser Azoreninsel dominiert. Nach einer 40minütigen Fahrt haben wir den Parkplatz zur Caldeira erreicht.
Wanderung um die große Caldeira von Faial mit vielen Tiefblicken in den wunderschönen, mit Hortensien umrandeten Vulkankrater.
Zu beachten ist, dass das gesamte Kratergebiet zur Reserva Natural de Caldeira do Faial gehört. In diesem großen Naturschutzgebiet gilt es als selbstverständlich, dass die Wanderer auf den vorgegebenen Wegen bleiben und Pflanzen weder gepflückt noch sonst irgendwie beschädigt werden.
Und auch wenn es wirklich neugierig macht, ist der spontane Abstieg auf den Grund des Kraters schon längst verboten. Wer dies möchte, muss sich bei der Naturparkverwaltung anmelden und bekommt bei Erlaubnis einen Guide zugewiesen. Wir nehmen uns die Hinweise zu Herzen und machen uns auf den Rundweg.
Der Parkplatz befindet sich außerhalb der Caldeira. Von dort führt ein 15 Meter langer Tunnel auf einen Aussichtspunkt oberhalb des Kraters bzw. an den Rand der Caldeira. Wer weniger Begeisterung fürs Wandern verspürt oder sich das teils schwierige Gelände nicht zutraut, bekommt hier schon einen eindrucksvollen Blick in den Krater geboten.
Während wir selbst auf knapp 900 Metern über dem Meer stehen, fällt das Gelände vor uns 400 Meter tief hinab auf den Grund des Kraters. Der Grund wirkt sumpfig und das ist er auch. Lange Zeit war der Kraterboden von einem See bedeckt. Doch durch den Ausbruch des Capelinhos in den Jahren 1957 bis 1958 haben sich Risse und Spalten im Boden gebildet. So ist der Großteil des Wassers ab 1958 versiegt.
Wanderung um die große Caldeira von Faial
Bei der Aussichtsplattform startet auch der Wanderweg »Trilho dos Dez Vulcões«. Die knapp 23 Kilometer lange Strecke würde uns bis zum Vulkan Capelinhos bringen. Komischerweise zeigt das Schild in die entgegengesetzte Richtung.
Das aber liegt wohl daran, dass die Caldeira dafür gegen den Uhrzeigersinn umrundet werden soll. Uns kann es eins sein, da wir den Capelinhos erst am zweiten Tag auf Faial besuchen werden. Für heute reicht uns die Runde um den Krater.
Bei der Wandertafel steigt ein kurzer Treppenweg relativ steil zum Cabeço Gordo bergan. Entlang von Hortensienhecken ist der Pfad gut auszumachen. Vor uns ist der Antennenwald des Cabeço Gordo immer gut sichtbar. Nach einer halben Stunde haben wir den Gipfel und zugleich auch den höchsten Punkt dieser Tour erreicht.
Mit 1043 Meter Höhe ist der Cabeço Gordo außerdem der höchste Punkt der Insel. Ab jetzt gibt es keine steilen Anstiege mehr. An der Sendeanlage vorbei, folgen wir vorerst einer schmalen Asphaltstraße, bis diese scharf nach links abknickt. Dort führt der Fußpfad geradeaus weiter, immer entlang der Caldeira.
Aussichten vom Rand der großen Caldeira von Faial
In leichtem Auf und Ab verläuft die Wanderung auf einem schönen Naturpfad. Zur Orientierung helfen Hinweispflöcke mit gelb-roter Markierung. Diesen folgen wir bis auf den Alto do Guarda-Sol, dann hinab zum Alto do Brejo.
Auf gleicher Höhe geht es nun im Uhrzeigersinn immer weiter entlang der Caldeira. Den Abzweig zur Küste nach gut drei Kilometern ignorieren wir, sonst landen wir doch noch beim Capelinhos, während unser Auto oben bei der Großen Caldeira wartet.
Gleich nach dem Abzweig beginnt der für uns schönste Abschnitt der Wanderung. Der ohnehin schmale Pfad ist zwischen der Infotafel und dem Alto do Cabuco herrlich mit Hortensien zugewachsen. Die Hecken sind bis zu zweieinhalb Meter hoch und stehen in voller Blüte. Der fruchtbare Vulkanboden und das milde Klima schaffen die idealen Wachstumsbedingungen für diese Pflanzen, die im Juli und August die Atlantikinseln in ein blaues Blütenmeer verwandeln. Allerdings ist es nicht so einfach, den richtigen Moment zu erwischen. Bei unserer Reise geht es auf Ende August zu. Somit sind viele Pflanzen in den tiefer liegenden Gegenden bereits verblüht. Hier oben aber blüht alles etwas später, sodass wir die Hortensien in all ihrer Pracht erleben.
Da der Pfad gegenüber dem natürlich anstehenden Boden etwas vertieft ist, versinken wir teilweise in den Pflanzen. Meine Angst, die Hecken könnten voller Spinnen hängen, ist unbegründet. Spinnen meiden in der Regel Hortensien. Stattdessen wirken die Blätter und Blütendolden wie künstlich sauber gemacht. Das haben wir wohl dem häufigen Regen, aber auch der staubfreien Meeresluft zu verdanken. Zudem wirken die Blüten beim Durchstreifen so richtig sanft und weich auf der Haut. Zwischendurch öffnet sich wieder der Blick auf den Hang hinab, der wunderschön mit blauen Bändern bewachsen ist. Bei diesem Anblick versteht sich auch der Beiname von Faial, die »Blaue Insel«.
Neben dem vielen Blau bietet die Rundwanderung entlang der Caldeira eine herrliche Aussicht. So haben wir einen tollen Blick auf den Montanha do Pico auf der Azoreninsel Pico. Aber auch São Jorge und Graciosa sind von hier aus gut zu sehen. Interessant sind die Wolken, die sich über dem Kraterrand auftürmen, eh sie direkt über der Kratermitte wieder verbrutzeln. Offenbar wirkt der Krater wie Heizkessel, aus dem deutlich wärmere Luft rasch nach oben aufsteigt. Wir können nur ahnen, wie heiß es an solch sonnigen Tagen auf dem Kraterboden wird. Noch ein Grund, auf dem offiziellen Wanderweg zu bleiben.
Einen kleinen Wermutstropfen beinhaltet der letzte Abschnitt. Das Ärgernis ist ein Stacheldraht, der knapp neben dem Wanderweg verläuft. Da auf der anderen Seite mehrere besonders prächtige Hortensien stehen, bleibt uns als Wanderer kaum Platz. Nach zwei, drei Minuten liegt die Engstelle zum Glück hinter uns.
So können wir auf den letzten Metern nochmals den Blick über die herrliche Aussicht und Blütenpracht schweifen lassen, eh wir nach gut zweieinhalb Stunden wieder bei der Aussichtsplattform ankommen. Etwas unterhalb stehen übrigens mehrere Wegweiser zu weit entfernten Ziele in Europa und Amerika. Eine immer wieder schöne Idee, die wir gerne mit einem weiteren Schild zu unserer Heimatstadt ergänzt haben.
Die Anfahrt erfolgt ab Horta: von der Küstenstraße EN1-1A auf die EN2-2A Richtung Flamengos oder nördlich von Horta bei Conceicao auf die EN1-2A abbiegen. Anschließend einfach der sehr gut beschilderten und ausgebauten Straße hoch zur Caldeira von Faial folgen.
Ausgangspunkt | Wanderparkplatz bei der Caldeira |
Koordinaten | N 38.5804, W 28.7064 |
Gehzeit | 3 Stunden |
Distanz | 6,8 km |
Anstiege | ca. 350 HM |
Grad, Anforderungen | T2, der Aufstieg entlang der Caldeira zieht sich ganz schön. Trittsicherheit ist von Vorteil. |
Einkehr | keine, genug zu trinken mitnehmen |
GPS-Daten | Wanderung Caldeira Faial gpx |
KML-Daten | Wanderung Caldeira Faial kml |