Die Wanderung zu den Mistérios dos Negros wird als eine der schwersten auf Terceira und den Azoreninseln überhaupt beschrieben. Nach unserer Erfahrungen bei der Küstenwanderung an der Ponta da Ilha stellen wir uns damit erneut auf ein eher mühsames Vorankommen auf zerklüfteten Felsen ein. Umso überraschter sind wir, als wir beim Parkplatz bei der Gruta do Natal aufbrechen und zunächst auf fast ebenen Wegen unterwegs sind.
Um zum Einstieg der Wanderung zu gelangen, laufen wir vom Parkplatz am Natursteinhaus der Höhle vorbei. Noch bevor die Straße nach Süden schwenkt, wechseln wir rechts auf den breiten, rötlichen Erdweg. Auf dem landwirtschaftlich genutzten und relativ unspektakulären Weg passieren wir den Lagoa do Negro. Gleich danach beschreibt der Weg eine Linkskurve, sodass wir die nächsten 600 Meter schnurstracks nach Westen spazieren.
So wie wir mehrere senkrecht zu unserem Weg verlaufende Baumreihen passiert haben, verjüngt sich der Weg zu einem sanft ansteigenden Pfad. Dieser führt uns quer über eine Weide an den Waldrand, den wir nach rund einer Viertelstunde nach dem Start bei der Höhle erreichen. Wir nutzen den für Wanderer geschaffenen Durchlass durch den Weidezaun und folgen fortan der gelb-roten Markierung über einen mit Heidekraut, Japanischen Sicheltannen und Farnen reich gesäumten Pfad.
Nachdem wir ein Hochmoor mit ebenfalls ausgedehnten Heidefluren und für feuchte, saubere Luft typische Flechten überquert haben, ist es nur noch ein kurzes Stück über einen teils mit Wurzeln überzogenen Pfad bis zu den Lagoinha do Vale. Oder besser gesagt: Das, was von ihnen übrig ist. Denn im Sommer schrumpfen die kleinen Seen bis auf Pfützen zusammen oder verlanden auch mal komplett. Aber das kennen wir schon von der Giara di Gesturi auf Sardinien.
Wanderung zu den Mistérios dos Negros
Bis zum Bereich der Seen bleibt allerdings die Frage offen, was an dieser Wanderung so schwer sein soll. Okay, im Wald war vielleicht eine Stelle dabei, die etwas Trittsicherheit erforderte. Ansonsten aber gleicht das erste Viertel der Runde mehr einem lockeren Spaziergang als einer abenteuerlichen Wanderung, bei der man auch die Hände einsetzen muss, um sicher voranzukommen.
Auch der kurze Abschnitt zum dritten, im Sommer ebenfalls ausgetrockneten und mit Gras bewachsenen See treibt uns höchsten durch die schwülwarme Luft den ein oder anderen Schweißtropfen auf die Stirn. Von körperlicher Herausforderung ist jedoch auch hier keine Spur. Erst nach dem dritten See ändert sich der Charakter der Wanderung nahezu unvermittelt.
Abenteuerliche Wanderung auf Terceira
Kaum haben wir den dritten See locker hinter uns gelassen, wird der nun von Bäumen überstandene Pfad zusehends enger. Dann markiert eine etwas abschüssige Stelle den Einstieg in den wilden, schroffen Abschnitt der Wanderung zu den Mistérios Negros. Der Pfad führt direkt durch das Unterholz. Immer wieder ragen dicke Äste so tief über den Pfad hinweg, dass wir uns bücken müssen, um gleich danach wieder ein paar Schritte über den mit Wurzeln überzogenen Untergrund hinaufsteigen zu müssen. Zudem ist es stickig, was uns nun stärker ins Schwitzen bringt.
Durch das Durcheinander von Felsen, Wurzeln und Sträuchern ist der Verlauf nicht immer auf Anhieb zu erkennen. Zwar gibt es einige Wegmarkierungen. Diese sind aber oft so angebracht, dass man an die 1,80 Meter heranreichen sollte. Was bedeutet: während ich die rot-gelben Farbstriche relativ schnell finde, muss Annette auf ihr Gespür und meine Anweisungen achten. Nur allzu bald wird deutlich, dass ihr die fehlende Übersicht gar nicht schmeckt ... oder ist es mein lockeres »Guck, da vorn ist doch das nächste Zeichen.«, was ihr mit der Zeit auf den Wecker geht?
Wobei die dichte Vegetation auch ihr Gutes hat. Denn da, wo die Bäume und Sträucher dicht an dicht stehen, gibt es weniger Felsen. Im Umkehrschluss bedeutet das: als sich der Pfad im weiteren Verlauf nach Süden allmählich öffnet, finden wir uns in einer Art Felsenlabyrinth wieder, bei dem wir wiederholt die Hände einsetzen müssen, um die vielen Hürden zu meistern.
Nach einer guten halben Stunde führt uns eine letzte, ansteigende Felsgruppe aus dem schroffen Felslabyrinth heraus und gelangen wir wieder auf einen bequemeren Weg. Immer noch in südlicher Richtung überwinden wir bald den höchsten Punkt der Wanderung und befinden uns dann auch schon inmitten der Mistérios dos Negros, der schwarzen Lavahöcker von Terceira.
Von Weitem erinnern die Mistérios Negros gigantischen Maulwurfhügeln. Der Name dieser Gebilde rührt daher, dass die Menschen lange Zeit darüber rätselten, was es mit den Lavafeldern auf sich hat. So handelte es sich einem weit verbreiteten Aberglauben nach um die sichtbaren Spuren eines Wutanfalls Gottes.
Erst später erkannte man auf der Insel Pico den Zusammenhang zwischen den Vulkanausbrüchen und den Lavafeldern. Zum Teil sind die schwarzen Gesteinsbrocken über weite Flächen verstreut. Vielerorts wurden diese Brocken später übereinandergeschichtet, um Platz für Ackerflächen und Weideland zu schaffen.
Die vor uns liegenden Schwarzen Geheimnisse gehen auf den Ausbruch des Santa-Bárbara-Massivs im Jahr 1761 entstanden. Weitere Lavafelder sind bei dem Ausbruch bei Biscoitos geschaffen. Das Massiv hat einst den Westteil von Terceira gebildet und ist heute mit einer Höhe bis zu 1023 Metern die höchste Erhebung dieser Insel.
Nach dem schweißtreibenden Aufstieg ist der Abschnitt entlang der Mistérios Negros eine Wohltat für unsere müden Beine. Zudem ist, anders als im Wanderführer dargestellt, der Wegverlauf sehr einfach. Zum einen enden vom »PRC 1 TER« abzweigende Wege nach wenigen Metern, zum anderen ist der Wanderweg bestens beschildert.
Schließlich beschreibt der Wanderweg eine Rechtskurve und lassen wir die Mistérios dos Negros hinter uns. Der nächste Abschnitt der Tour führt durch einen lichten Wald mit Japanischen Sicheltannen und erneut Heidekraut im Unterwuchs.
Sowie der Weg wieder nach links schwenkt, kommen wir zu einer Gabelung. Rechts sehen wir tiefe Rillen und Buckel vor uns, links führt der deutlich besser beschaffene Weg in ein diesmal etwas dichter bewachsenes Waldstück.
Nachdem wir wieder den Waldrand erreichen, scheinen sich die Planer nicht sicher gewesen zu sein, wie sie den weiteren Verlauf legen. Denn mal geht es außerhalb entlang einer Kuhweide, dann (links ab) nochmals durch den Wald sowie über den Pico da Cancela hinweg, eh wir erneut entlang einer Kuhweide wandern. Mit dem Unterschied, dass wir uns diesmal innerhalb der Weide befinden.
Vor allem Letzteres ist mit Vorsicht zu genießen. So stehen die Rinder der Azoren durchaus in dem Ruf, ihre Weide gegen Eindringlinge zu verteidigen. Das gilt übrigens auch für die Schwarzbunten Kühe, die auch bei uns daheim auf den Weiden stehen. Mit etwas Umsicht, Ruhe und einem gebührenden Abstand zu den Tieren aber sollte es gut möglich sein, die Weide sicher zu passieren.
Nahe der Straße verlassen wir die Weide, wobei wir über eine locker aufgeschichtete Natursteinmauer hinwegklettern müssen. Während die Kühe hinter uns unbehelligt weiter am Grasen sind, folgen wir der Straße bis durch die nächste Rechtskurve.
Wer einen einfacheren Rückweg zur Gruta do Natal bevorzugt, kann bis zum Ende der Tour auf der Straße bleiben. Wir indes zweigen direkt nach der Kurve mit dem Wanderweg links auf die nächste Weide ab, wobei wir diesmal ein provisorisches Tor irgendwie überwinden müssen.
Danach können wir unseren Weg dank Abwesenheit größerer Vierbeiner gefahrlos fortsetzen. Dabei ist es fraglich, ob die Weide überhaupt mit Rindern bestanden wird. Denn der Boden ist hier feuchter, sodass Binsen dominieren. Als Besonderheit wachsen hier außerdem Gräser und Moose einem Höcker ähnlich in die Höhe, womit sie als Nächstes für das Heidekraut eine geeignete Grundlage schaffen. Mit diesen letzten, nochmals ganz anderen Eindrücken von der Landschaft auf Terceira, endet unsere Wanderung wenig später wieder beim Eingang der Weihnachtshöhle. Auch wenn wir, durch die Mischung aus feuchtwarmer Luft und etwas anstrengenden Phasen, dort völlig verschwitzt ankommen, sind wir froh, diese Runde absolviert zu haben. Denn so ruhig der Auftakt war, so vielseitig ist die Wanderung im weiteren Verlauf, die damit zurecht zu den Highlights auf den Azoren zählt.
Eindrücke einer technisch anspruchsvollen Wanderung zu den Misterios Negro auf der Azoren-Insel Terceira.
Anfahrt: Der Ausgangspunkt befindet sich nahe der Verbindung von Angra do Heroísmo nach Biscoitos bzw. nahe der EN3-1A. Wo es (von Süden aus gesehen) von der breiteren Estrada do Rego auf den Caminho dos Biscoitos geht, links auf die untergeordnete M502 abbiegen, weiter bis zum Ausgangspunkt.
Ausgangspunkt | Parkplatz bei der Gruta do Natal |
Koordinaten | N 38.7377, W 27.2681 |
Gehzeit | 2.30 Stunden |
Distanz | 5,2 km |
Anstiege | ca. 200 HM |
Grad, Anforderungen | T3, kurze Passagen sind ausgesetzt. Teils ist der Einsatz der Hände erforderlich. |
Einkehr | keine |
GPS-Daten | Wanderung Mistérios Negros gpx |
KML-Daten | Wanderung Mistérios Negros kml |