Als Eiskapelle wird das am tiefsten gelegene Eisfeld der deutschen Alpen bezeichnet. Obwohl die Schneefallgrenze in den Sommermonaten 2.000 Meter über dem Firneisfeld liegt, halten sich hier das ganze Jahr über Schneereste. Der Grund dafür ist, dass sich unterhalb der Ostwand des Watzmanns durch abgehende Lawinen gewaltige Schneemassen anhäufen. Für einen Gletscherfluss reicht es aber nicht, zumal es im Innern des Eisfeldes einen großen Hohlraum gibt: die Eiskapelle.
Die Wanderung zur Eiskapelle startet man am besten schon früh morgens. So fahren wir selbst mit einem der ersten Ausflugsboote über den Königssee. Damit kommen wir nicht nur in den Genuss des Frühaufsteher-Rabatts, sondern können uns nach der halbstündigen Bootsfahrt in St. Bartholomä ganz ohne Gedränge und Geschiebe nach Herzenslust bewegen. In St. Bartholomä könnten wir uns mit frischem Fisch eindecken. Auch lockt hier der Biergarten des großen Wirtshauses zum Verweilen und das Sein genießen. Beides jedoch lassen wir für diese Wanderung zunächst links liegen und spazieren sogleich auf einem breiten Weg zum Eisbachtal.
Bereits nach nur einer Viertelstunde überqueren wir die Brücke über den Eisbach bei der malerischen St. Johann und Paul-Kapelle und freuen uns schon über eine angenehme und kurzweilige Wanderung. Erinnerungen werden wach. Schließlich hatten mich meine Eltern in Kinderjahren dorthin mitgenommen, und auch beim Landschulheimaufenthalt kam ich vor einigen Jahren an der Kapelle vorbei.
Nach der Brücke wird der Weg bald schmaler und führt nunmehr einiges steiler in den Wald hinein.
Sehr viel steiler, wie wir bei unserem durch gleich zwei kleine Pausen unterbrochenem Aufstieg leider feststellen müssen. Nur gut, dass sich sehr viele ältere Besucher ebenfalls von St. Bartholomä zur Eiskapelle wandern machen und der Weg daher von etlichen kleinen Bänken begleitet wird. Gegen Ende des Aufstiegs verschmälert sich der Wanderweg schließlich zu einem breiten Pfad, der die letzten 200 Meter über Geröll bis an den Eisgraben heran führt.
Soweit, so gut. Aber wo ist das Eis, an das ich mich aus meiner Kindheit und Jugend noch so gut erinnern kann? Ein kleines Plätscherbächle finden wir ja sogleich. Und das Wasser fühlt sich auch eiskalt an. Der als Eiskapelle bezeichnete Lawinenrest selber aber hat sich bei unserer Ankunft bis an den Fuß der Watzmann-Ostwand zurückgezogen.
Erst nach einer weiteren halbstündigen Tour über Geröll und Felsen sowie mehreren Brückenresten kommen wir schließlich bei der Eiskapelle an. Ob es sich lohnt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber zumindest können wir die Kaltluft deutlich spüren, wie sie vom Watzmann herunter in den Eisgraben hinabfließt und uns das Gefühl gibt, in einem Kühlschrank zu stehen.
Beim späteren Rückweg begegnen wir schließlich ganzen Heerscharen von Spätaufstehern, die sich nun ebenfalls zur Eiskapelle aufgemacht haben. Nur wenige aber werden tatsächlich dort ankommen, weil viele der Besucher schon nach einem Drittel der Strecke hörbar schnaufen. Mal abgesehen davon, dass die meisten mit normalen Straßentretern bis hin zu Sommerlatschen das denkbar ungünstigste Schuhwerk für die Tour gewählt haben. Aber das kennen wir ja: Selbst hohe Berggipfel sind vor Flip Flops nicht sicher.
Die Anfahrt erfolgt über die B 305 bzw. die Deutsche Alpenstraße bis Berchtesgaden. Weiter über die B 20 bzw. Königsseer Straße bis zum Großparkplatz Königssee. Ab dort weiter mit dem Schiff über den Königssee bis nach St. Bartholomä. Eine direkte Anfahrt mit dem Pkw bis zum Ausgangspunkt nach Bartholomä ist zum Glück nicht möglich.
Ausgangspunkt | Anlegestelle von St. Bartholomä |
Koordinaten | N 47.59130, E 12.98950 (Großparkplatz am Königssee) |
Gehzeit | 3 Stunden |
Distanz | 6,5 km (hin und zurück) |
Anstiege | ca. 270 HM |
Anforderungen | T2-3, Trittsicherheit erforderlich |
Einkehr | auf der Strecke keine, Restaurants und Cafés in St. Bartholomä |
GPS-Daten | Wanderung Eiskapelle gpx |
KML-Daten | Wanderung Eiskapelle kml |