Seit über 110 Jahren rollt durch Berlin die älteste deutsche Hoch- und Untergrundbahn. Wer einen der schönsten Abschnitte des Nahverkehrsnetzes fahren will, sollte von der Oberbaumbrücke über das Hochbahnviadukt zum Gleisdreieck fahren.
So schweben auch wir mit der U1 über das alternative und orientalische Kreuzberg. Auf dieser Strecke befinden wir uns immer oberhalb der auffallenden Stahlkonstruktionen der Bahn, welche sich quer über den Kiez ziehen.
Unser Ziel ist der Kurfürstendamm, der Champs Élysées Berlins. Wie bei seinem französischen Pendant gehört auch diese Flaniermeile zu den wichtigsten Verkehrsadern der Stadt. Leider stören etliche Baustellen das Prachtstraßenidyll.
Die einst schöne Ecke des Café Kranzlers musste für Schuhhof und Gerry Weber weichen. Lediglich die historische Rotunde blieb durch den Denkmalschutz erhalten. Doch mit dem alten Kaffeehaus hat es nur noch wenig gemein. Schade eigentlich.
So zieht es uns weiter zum Breitscheidplatz und der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Die auch als »Hohler Zahn« bekannte Turmruine erinnert erst in zweiter Linie an den Deutschen Kaiser. Sie mahnt zu Frieden und Versöhnung und war als solches einst wichtigstes Wahrzeichen Westberlins.
In der Gedenkhalle der Turmruine sind Fotos und Überreste der alten Kirche ausgestellt. Das benachbarte achteckige Kirchenschiff bietet Raum, um sich in Stille und Besinnung dem Großstadttrubel entziehen zu können.
Nahe der Gedächtniskirche befindet sich der Wittenbergplatz mit dem Kaufhaus des Westens, dem bekanntesten Warenhaus Deutschlands. Nach dem Harrods in London besitzt das KaDeWe mit über 60.000 Quadratmetern oder gut sechs Hektar die zweitgrößte Verkaufsfläche Europas. Jedoch sind es weder Gucci noch Louis Vuitton, die Scharen an Kundschaft anziehen.
Die Leute stehen Schlange vor den Liften und drängen in die sechste Etage. Dort bieten über 110 Köche an mehr als 30 Gourmet-Ständen kulinarischen Hochgenuss. Damen und Herren in Haute Couture schlürfen sündhaft teure Austern und nippen an ihrem Champagnerglas, während sich neugierige Touristen an ihnen vorbei durch völlig überlaufenen Gänge zwängen.
Deutlich besser gefallen uns die ruhigeren Feinkostabteilungen, die auf Käse-, Wein-, Whiskey- Obst-, … und Sonstwasliebhaber wirken wie das Schlaraffenland. Aus aller Welt werden Waren im größten Genusstempel Europas dargeboten. Einzige Mangelware bei so viel Essen, Trinken und Menschen sind die Toiletten. Aber damit lässt sich ja kein Geld verdienen. Oder doch? So murmelt Lars etwas wie: »Ich kann doch nicht in einem Lokal essen gehen, in dem man zehn Minuten braucht, um zum einzigen Klo zu gelangen.
Und schon gar nicht, wenn die Frau dann auch noch 'ne Viertelstunde anstehen muss.« Ungeachtet dieses Mankos entscheiden wir, lieber einen ruhigeren Ort in Berlin zum Abendessen zu suchen. Schon wieder auf dem Weg zum Ausgang gesteht Lars schließlich, dass er Louis Vuitton immer für eine Erfindung des irischen Films »Verlobung auf Umwegen« gehalten hatte. Jetzt muss ihm nur noch einer erklären, was diese Koffer und Taschen so sündhaft teuer macht ...
Nach einem Abstecher ins Hotel wollen wir den Abend mit Tanz und Musik ausklingen lassen. Unser Reiseführer empfiehlt hierzu Clärchens Ballhaus in Berlin Mitte. Laut dessen Homepage ist heute ein Salsa-Abend für jedermann angesagt. Das ist perfekt. Mit Tanzschuhen in der Tasche brechen wir pünktlich auf. Wenig später schallt uns die Salsa-Musik aus der urig alten Location entgegen und freuen wir uns auf einen schönen Abend. Leider aber haben viele andere auch die Idee, heute Salsa zu tanzen. Dazu gesellen sich die Zuschauergäste.
Rings um die für den Ansturm viel zu kleine Tanzfläche wollen sie ihr Essen genießen und haben scheinbar nur wenig mit Tanzen am Hut. So sind alle Tische mit Essern belegt, während sich auf der Tanzfläche die Tänzer gegenseitig auf die Füße latschen oder ins Genick fallen. Dazwischen drängen sich die Bedienungen mit vollen Tellern voller Spaghetti und Pizza. Zuletzt stapelt sich auf der Bühne ein Berg an Jacken und Taschen, der uns an die Teenie-Discos aus unseren jungen Jahren erinnert. Bei solch einem Gedränge ist Tanzen kein Genuss mehr. Damit heißt es zum wenigstens zweiten Mal an diesem Tag: Schade eigentlich.