In keiner anderen Stadt Europas gibt es so viele Thermalquellen wie in Budapest. Ein Thermalbad in wenigstens einem der vielen Heilbäder gehört damit unbedingt auf das Programm eines jeden Besuchers. Leider aber sind die Ungarn weit weniger offen als wir es aus heimischen Bädern gewohnt sind. Es gibt zwar grundsätzlich keine Trennung der Geschlechter.
Die Bäder, die aus der Zeit der Türken stammen, schreiben jedoch eine zeitliche Trennung zwischen Männern und Frauen vor. Zu diesen gehören das Kiraly, Racz und Rudas, die im 16. und 17. Jahrhundert erbaut wurden. Der gleichzeitige Besuch von Mann und Frau ist hingegen im Gellertbad auf der Budaer Seite der Freiheitsbrücke möglich. Mit Ausnahme des zentralen Beckens und dem Außenbereich werden Frauen und Männer hier allerdings räumlich getrennt.
Sehr positiv: bei der Suche nach dem bestem Weg von der Pension zum Bad mussten wir bei beiden unseren Aufenthalten feststellen, dass die Buslinie 7 nicht nur direkt bei unserem Hotel, sondern außerdem nur wenige Meter vom Gellertbad entfernt hält. Also flugs die Badeklamotten geschnappt und ab ins behagliche Nass!
Hm - flugs? Naja, weil das im Jugendstil errichtete Gellertbad das meist besuchte Heilbad Ungarns ist und eben dieser Umstand das Tempo der Frauen an den Eingangskassen nicht wirklich beschleunigt, ist der Eintritt zunächst mit einer kleinen Wartezeit verbunden. Leider nämlich wissen viele, vor allem ausländische Besucher, nicht, was sie in dem Bad eigentlich wollen, obwohl die Eintrittspreise und Sonderleistungen an wenigstens drei großen Tafeln in genauso vielen Sprachen ausgehängt sind.
Nach kurzer Wartezeit betritt man also endlich das zu Türkenzeit erbaute Bad und wird nicht umhin kommen, die wirklich wunderschöne Innenausstattung zu bewundern. Dann aber stellt sich die Frage: wo geht es nun hin? Alle Räumlichkeiten des Bads sind zwar mit Schildern versehen, oftmals aber fehlen die entsprechenden Wegweiser, um gleich zu wissen, welche der verschiedenen Türen anzusteuern sind. Eine alte Dame vor dem mittleren Eingang zeigte uns aber dann auch gleich, wer wohin müsste, und weil das zwei entgegengesetzte Richtungen waren, offenbarte sie uns außerdem, dass wir lange genug zusammen wären, um uns mal eine Zeitlang zu trennen.
Im Innern erwarten einen unterschiedlich hoch temperierte und sehr feuchte türkische Saunen, ein Dampfbad, ein kleines Kaltbecken, zwei Warmwasserbecken und jede Menge Masseure. Achtung: werden Frauen aufs angenehmste ohne jeden Schmerz verwöhnt, werden Männer unter Umständen froh sein, den Massageraum wieder heil verlassen zu können.
Tatsächlich hoffte ich bei unserem ersten Besuch, dass die Massage schnellstens vorbei wäre. Wer mitfühlen will, braucht sich nur mal gedanklich vorstellen, wie ein Metzger versucht, sämtliche Muskeln, die er findet, auf den Knochen zu zermalmen. Und glaubt mir, ein ungarischer Masseur findet eine Menge Muskeln.
Seitdem weiß ich also, dass eine Massage nach türkischem Vorbild auf keinen Fall ohne eine sehr lange Aufwärmphase in Anspruch genommen werden sollte. Mehr noch, weiß ich jetzt, dass ich das nicht wirklich brauch! Den Rest des ersten Gellertbesuchs habe ich dann unter der Obhut meiner Freundin verbracht, dass mir ja keiner mehr ein Haar zu krümmen wagt. Schließlich sind wir in den schön gestalteten Außenbereich des Bads geflohen, wo alles doch viel entspannter ist.
Aber knapp ein halbes Jahr nach unserer Hochzeit kamen wir ja wieder. Aus der Erfahrung des ersten Besuchs haben wir diesmal auf eine Massage verzichtet, mussten uns in dem Thermalbereich aber leider wieder getrennt voneinander amüsieren.
Wie war das mit den prüden Ungarn, die in den Bädern eine strikte Mann-Frau Trennung vornehmen? Pah! Grabschopfer eines betagten, halbglatzigen und durch und durch nicht heterosexuellen Ungarn bin ich geworden. Hatte ich erst noch gedacht, er wolle sich mit mir in seinem gebrochenen Deutsch unterhalten, schwante mir bereits böses, als er mir die Hand gab und nicht mehr loslassen zu wollen schien.
Nun gut, irgendwann während seiner Litanei der Beglückwünschungen (»schon zweites Mal in Budapest? Gratuliere! ... Gratuliere ... Wunderbar ... wunderbarer Mann«) ließ er dann mal los. Doch was hörte ich da? »Wunderbarer Mann?« oh Hilfe, denn schon hatte sich seine Hand an meinen geschockten Hintern verirrt, denselben zu tätscheln. Bin ja nur froh, dass ich meine Badehose auch im Thermalbereich angelassen hatte.
Also raus aus dem »warmen Wasser«, kurz noch ins Kaltbecken gehüpft, abgeekelt und rüber ins Hallenbad geflohen, wo mich meine Frau ein paar Minuten später noch völlig konsterniert tröstete. Den Rest des Aufenthaltes haben wir uns dann nur noch fürs Umziehen voneinander getrennt und werden unseren nächsten Saunabesuch garantiert wieder in einer gemischten Sauna verbringen.