Kanton ist mit über 10 Millionen Einwohnern eine der größeren Städte in China. Für andere Städte wie die Kaiserstadt Xian, Hongkong oder das sehr viel kleinere Guilin eine Wettervorhersage zu bekommen, ist im Internet einfach. Als wir vor unserer Rundreise durch China wissen wollten, was für ein Wetter für Kanton vorhergesagt wird, hatten wir indes Pech, weil:
Kanton gibt es nicht!
Wer auf dem Flughafen von Guilin einen Flug nach Kanton sucht, der wird ebenfalls Pech haben, weil: (siehe oben) Kanton gibt es nicht! Wer dies nicht glauben mag und eine chinesische Landkarte zu Rate zieht, kann nur eines feststellen: Eine Stadt namens Kanton gibt es in China tatsächlich gar nicht.
Warum aber ist Kanton nirgends zu finden?
Das liegt zum einen an den Franzosen, welche der Stadt zur Kolonialzeit den Namen Kanton gaben, und zum anderen an den Kantonesen, die es besser wussten und gar nicht daran dachten, den Namen ihrer Stadt Guangzhou wegzutauschen.
Wer also wissen möchte, ob in Kanton die Sonne scheint, muss sich lediglich die Vorhersage von Guangzhou beschaffen.
Sollten wir irgendwann eine zweite Reise nach China, bzw. in die Metropole am Perlfluss planen, werden wir diesen Fehler hoffentlich nicht noch einmal machen ...
Diese Karte wurde mit MapQuest erstellt.
Ein kleines Erlebnis für sich ist übrigens der Anflug auf Guangzhou. Sicher, mit dem alten Flughafen von Hongkong kann Guangzhou nicht konkurrieren, doch seit Öffnung des neuen Flughafens der ehemaligen Kronkolonie besitzt Kanton nunmehr den einzigen Flughafen mitten in der Stadt, was heißt: Häuser, Häuser, Häuser ... Autobahn, Landebahn und ... Vollbremsung!!!
Der schönste Tempel, den wir auf der Rundreise bestaunen durften, ließ sich die Familie Chen in den Jahren 1890 - 1894 errichten, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Zwar waren die als Kaufleute tätigen Chen bis dahin bereits zu großem Reichtum gekommen, der gesellschaftliche Rang eines Händlers jedoch war so gering, dass die Nachkommen die Beamtenlaufbahn einschlagen sollten.
Damit die Kinder alle notwendigen Prüfungen bestanden, richteten die Chen´s den Tempel lernoptimal ein. Daher z.B. bestanden die Kopfkissen aus ca. 20 cm hohen, super unbequemen Porzellanblöcken, damit nicht zuviel Zeit beim Schlafen verloren ging.
Bei den Mädchen hatte diese Maßnahme zudem den Vorteil, dass die sehr aufwendigen Frisuren länger hielten.
Wer durch den Tempel schlendert, wird sich vielleicht über den sehr guten Zustand der Anlage wundern. Dies liegt nicht an dem noch relativ jungen Alter des Tempels, sondern an seiner Wiedererbauung nach der Kulturrevolution, die auch an dieser Stelle alles den Erdboden gleichgemacht hatte.
Zum Schutz vor den heftigen Niederschlägen während der Sommermonate dient außerdem ein Dach, welches bei Bedarf über die komplette Anlage gezogen wird, und gegen die in dieser Region häufigen Überschwemmungen schützen die kleinen Drachen, welche die als Steinkugel symbolisierten Wellen in ihren Mäulern fangen.
Unser vorletztes Ziel in Kanton bzw. Guangzhou war die Blumenpagode Huata, die mit 17 Stockwerken und 57 Metern zugleich höchste Pagode der Stadt.
Hier fallen neben echten Mönchen v.a. Gläubige auf, die in den Rauchkessel unter diesem Text Geldstücke hineinwerfen. Bei Treffer: Wunsch frei!
Grund genug, für unsere Reiseleiterin ihr Glück zu versuchen. Kann ein durchschnittlich großer Deutscher nämlich das Geld direkt in die oberen Öffnungen hineinlegen, braucht ein Chinese doch einiges Zielvermögen.
Dieses Zielvermögen stellte dann auch unsere »Kleine Blüte« unter Beweis; und zwar genau in ihrem sechsten Treffversuch, als die Münze auf der einen Seite reinflog, um auf der hinteren Seite sofort wieder herauszufliegen ...
Über den vielen Rauch darf man sich übrigens nicht wundern, weil die Buddhisten genau wie wir gerne Räucherstäbchen anzünden, allerdings mit dem Unterschied, dass sie statt einem gleich zehn bis zwanzig Stäbchen nehmen.
Eine besondere Ehre finden Buddhisten schließlich in dem Tempel, in welchem kleine Namensschildchen in der Größe von Bücherzeichen angebracht sind. Gelbe Schilder (die deutliche Überzahl) sind dabei bereits Verstorbene und rote Schilder dienen der Reservierung von Plätzen für noch Lebende.
Schilder, die sowohl gelb als auch rot sind, bedeuten übrigens nicht, dass sich die betreffenden Personen bereits auf der Schwelle des buddhistischen Paradieses befinden, sondern hierbei handelt es (wie bei übrigens fast allen) um Ehepaare mit schon einem Verstorbenen.
White Swan! Adresse Nr. 1 in Guangzhou. Adresse Nr. 1 in China! Und auch auf der Welt eines der besten Hotels. Nicht nur weit bekannt, sondern am Perlfluss außerdem weithin sichtbar, gibt es beinahe nichts, was dieses Hotel mit seinen fünf fetten Sternen nicht zu bieten hat.
Außer ... ja außer vielleicht einen kleinen Plan, mit welchem man ohne Auto, Taxi oder Bus auf direktem Weg aus dem Hotel auch wieder herauskommt.
Nicht, dass uns ein Plan davor bewahrt hätte, uns erst einmal auf dem Parkdeck zu verlaufen, aber darum geht es ja nicht.
Nach drei Hinweisschildern, dass ab hier keine Fußgänger mehr weiter gehen dürfen, fanden wir dann schließlich doch irgendwie aus dem Hotel heraus.
Während die anderen unserer Gruppe zum Essen bereits in der Stadt waren, mussten wir als nächstes leider feststellen, dass es in unmittelbarer Nähe des Hotels nicht so einfach ist, ein passendes Restaurant zu finden, wenn man auf eine Kleinigkeit Appetit hat. Denn erst sahen die wenigen überhaupt zu findenden Restaurants ein wenig gediegen aus, dann waren einige Meter gar keine mehr zu sehen und auf dem Rückweg entlang des Perlflusses hieß es zwar einmal »Welcome«, doch nachdem das kantonesische Fräulein darüber hinaus nicht ein Wort Englisch verstand, hieß es unsererseits »dann not Welcome«. Wenig später waren wir wieder im Hotel, beide bedauernd, dass wir keine Möglichkeit hatten, die fünf Sterne des »Superhotels« zu nutzen. Dafür konnte Annette endlich ihre »Guilin-Erkältung« auskurieren ...
Nach einem kurzen Vortrag in der Geschichte zur Entstehung der Volksrepublik China durch Helden wie z.B. Sun-Yat-sen und Mao hieß es dann Abschied nehmen.
Denn auch wenn die ehemalige britische Kolonie Hongkong 1997 an China zurückgegeben wurde, gilt die Abreise aus Kanton immer noch als Ausreise aus China. So standen unserer lieben Frau »gān bēi« gleich mehrmals die Tränen in den Augen, als ihre bis dahin erst zweite Reisegruppe einer nach dem anderen die Passkontrolle am Hafen passierte.
Wir jedenfalls werden unsere »Kleine Blüte« mit ihrem doch sehr jung wirkenden Verhalten in guter Erinnerung behalten. *schnüff*