Der erste Eindruck in Peking

Endlich Urlaub! Und wie komme ich hier über die Straße?

Mit wenig Schlaf einer sehr kurzen Nacht, aber einem Gefühl voller Aufregung und freudiger Erwartung war es am 23. März soweit:
China - Peking - Annette - Lars - Urlaub!!!
Kurz nach der Landung standen wir ohne jeden Zwischenfall mit unseren Koffern vor Frau Zhâng, einer kleinen Chinesin, die uns bis nach Kanton begleiten sollte. Ihr Vorname bedeutet im Deutschen übrigens »Kleine Blüte«, Grund genug für uns, bei ihr besser kein Geld zu wechseln.

Der erste Eindruck vor Ort lässt sich am besten mit der Frage »wie -bitte schön- soll ich heil über diese Straße zum Bus kommen?« beschreiben. Also gut: wer hupt, hat Vorfahrt, vielleicht, weil wer größer ist, der fährt auch ohne hupen vor. Zumindest, wenn genug Platz ist, bzw. sich ausreichend Platz erdrängeln lässt. Und dann gibt es da ja noch die vielen Reiseleiter, die irgendwann ihr Schild heben und einfach über die vielspurige Straße laufen ...

Ausflug zum Sommerpalast von Peking

Wandelgang mit Malereien von mystischen Szenen

Im ersten Hotel der Reise, dem Gloria Plaza, angekommen, lud uns auch schon ein wandfüllendes Plakat zu den »Deutschen Essenswochen« ein. Sauerkraut mit Eisbein? Kein Problem. Statt es uns bei guter Hausmannskost gut gehen zu lassen, zogen wir da doch lieber eine erfrischende Dusche vor, bevor wir zum ersten Programmpunkt aufbrachen.

Im Garten der Harmonischen Einheit (Yihe Yuan), besser bekannt als Sommerpalast, mussten wir leider erfahren, was in Peking Smog bedeutet. Tatsächlich atmen Pekinger an nur einem Wintertag soviel Dreck wie von 40 Zigaretten ein.

Bereits im Jahr 1153 begonnen, arbeiteten nicht weniger als die Kaiser vierer Dynastien an dem Bau, der 1764 zur Zeit der Qing-Dynastie fertig gestellt wurde.

Keine hundert Jahre nach seiner Fertigstellung wurde die Anlage 1860 von Engländern und Franzosen schon wieder zerstört, um den Kaiserhof zu demütigen. Der Wiederaufbau des Sommerpalastes schließlich begann 28 Jahre später,

als der Prinz Xi Xuan zum Marinechef ernannt wurde und aus Dankbarkeit Gelder für den Wiederaufbau der kaiserlichen Flotte in den Garten umleitete. Das bekannteste Bauwerk dieser Zeit ist das Marmorschiff (Qingyan Fang).

Als letzte Herrscherin in der Geschichte der chinesischen Dynastien, verbrachte die ehemalige Konkubine dritten Ranges, spätere Kaiserin-Witwe und Despotin Cixi, die heißen Sommermonate in den weitläufigen Anlagen rund um den Kunming-See.

Heute besticht der Sommerpalast vor allem mit seinem 728 m langen Wandelgang mit Malereien von über 2.000 mystischen Szenen, seinen vielen Tempeln sowie der sehr gut erhaltenen Gartenanlage.

Tian´anmen

Platz zum Tor des himmlischen Friedens

Die erste Nacht in Peking begann mit einer Zeitumstellungspanne. Warum auch stehe ich nach nur einer Stunde Schlaf schon auf? Warum auch stellt Annette ihre Armbanduhr nicht auf Ortszeit um? Warum auch brauche ich dann anderthalb Stunden, um zu registrieren, dass es nicht 6 Uhr morgens, sondern 12 Uhr in der Nacht war???
Die verheerende Kombination dieser Fragen raubte mir gleich mal vier Stunden Schlaf, was mich außerdem beinahe um den Verstand gebracht hätte )-:

Etwas müde, dennoch gut gelaunt, fuhren wir nach ca. drei Stunden Schlaf zum Platz des Tores zum Himmlischen Frieden (Tian´an Men). Auf diesem mit 500 m Breite und 880 m Länge größten Platz der Welt beendete Puyis Abdankung am 25. Dezember 1911 die Qing-Dynastie und damit das Kaiserreich. Vier Jahre später protestierten hier 3000 Studenten gegen die Versailler Verträge, durch welche die ehemaligen deutschen Konzessionsgebiete an Japan fielen.

Nach japanischer Besetzung und Bürgerkrieg zwischen den Republikanern und Kommunisten verkündete Mao Zedong am 1. Oktober 1949 an diesem Tor die Volksrepublik China.
Außerdem startete Mao 1966 an diesem Ort die blutige Kulturrevolution und wurden ab April 1976 tausende von Menschen, welche dem verstorbenen Zhou Enlai gedachten, verhaftet oder erschossen.

Wer nach dem Ende der Kulturrevolution dachte, der Platz könne seinem Namen endlich gerecht werden, wurde 1989 eines besseren belehrt, als die chinesische Regierung in einem Amoklauf mit Panzern und Gewehren gegen friedlich demonstrierende Studenten vorging.

Mit Öffnung der Volksrepublik bestimmen nunmehr Touristen das Bild des großen Platzes.
Dementsprechend dienen die verbliebenen und sehr jung wirkenden Polizisten mehr der Sicherheit als der Überwachung demokratischer Energien. Fotografieren? Kein Problem, zumal die »Kinder in Uniform« wissen, wie lächerlich sie in ihren viel zu großen Mänteln und Hosen wirken.

Neben Arbeiterdenkmälern, roten Fahnen und dem »Maosoleum« trafen wir hier den ersten »Ekelfratz« der Reise. Ekelfratz deshalb, weil chinesische Kinder, kaum dass sie laufen können, statt Windeln eine Hose mit Schlitz vom Bauchnabel bis zum Steißbein tragen.

Dadurch können sich die Kinder je nach Bedürfnis niederhocken, auch wenn es mitten in einem Zug sein sollte ...
Als Ergebnis dieser Mode sieht man nun kleine Jungs, die sich beim Autole-Spielen hinknien und ihren Schniepel samt »Eiswürfele« dem kalten Nordwind aussetzen.

Spaziergang durch die Verbotene Stadt

Nördlich des Tores zum Himmlischen Frieden schließt sich die Verbotene Stadt (Gugong) an.
Durch das Mittagstor (Wu Men) gelangten wir in die kaiserliche Anlage, die von 1420 bis 1911 den Ming- und Qing-Kaisern als Sitz diente.
Im Innern des Palastes wird den Besuchern die Wichtigkeit des »Strebens nach Harmonie« deutlich vor Augen geführt.

So durchquerten wir erst das Tor der höchsten Harmonie (Taihe Men), um anschließend die Halle der höchsten Harmonie (Taihe Dian), die Halle der Vollkommenen Harmonie (Zhonghe Dian) sowie die Halle zur Erhaltung der Harmonie (Baohe Dian) kennenzulernen.

Hinter dem Tor sowie dem Palast der Himmlischen Reinheit (Qianqing Men) befindet sich die Halle der Berührung von Himmel und Erde (Jiaotai Dian), in welcher die Kaiserinnen gekrönt wurden. Neben dieser Zeremonie diente das Gebäude ausschließlich zur Geburtstagsfeier der Kaiserin.

Ein paar Meter weiter auf der Achse der Hallen erhebt sich der Palast der Irdischen Ruhe (Kunning Gong), in welchem das kaiserliche Paar die Hochzeitsnacht verbrachte. Mit anderen Worten befand sich in dieser Halle die hochkaiserliche Spielwiese.

Nach der Vielzahl der Tore, Hallen und Paläste sowie einem vor Information überquellenden Kopf gelangten wir schließlich in den kaiserlichen Garten. Hier wurden wir von ineinander verschlungenen »Liebesbäumen« zum Fototermin eingeladen, bevor der erst zweite Foto-Film mit der tatsächlich letzten »Verbotenen-Stadt-Aufnahme« voll war und sich (aus was für Gründen auch immer) nicht mehr zurückspulen ließ. Ein Schreck, den ich so schnell nicht vergessen werde.

Der Nachmittag am Himmelstempel

Mit Annettes sowie meiner kleinen Kamera gerüstet, erreichen wir am Nachmittag den Himmelstempel (Tiantan), einen Sakralbau aus dem Jahre 1420.

Der symbolträchtigste Bau des Tempels ist der Altar des Himmelrunds (Huanqiutan), auf welchem der Kaiser am Tag der Wintersonnenwende nach drei Tagen des Fastens um eine reiche Ernte bat.

Der Altar selbst besteht aus drei Terrassen, welche die Erde, die Welt der Sterblichen sowie den Himmel symbolisieren.

Neun Stufen trennen dabei jeweils die Terrassen voneinander, welche wiederum von neun Balustraden umringt werden. Dabei kommt der Zahl neun eine ganz besondere Bedeutung zu, da neun Ebenen in den Himmel führen sollen. Kein Wunder also, dass die Zahl neun gleichzeitig als Zahl des Kaisers galt.

Im Anschluss an den Himmelstempel durften wir an einer  Teezeremonie teilnehmen. Nach Vorstellung verschiedener Teesorten, wie z.B. dem Drachentee, wurden Teekanne und Deckel etliche Male mit dem heißen Wasser übergossen, bis endlich der erste Tee aufgesetzt wurde. Diesen jedoch galt es nicht zu trinken, denn erst der mildere zweite Aufguss der Kräutermischung ist zum Genuss geeignet.

Wer denkt, Chinesen wären durch und durch verstockt, wurde dann eines besseren belehrt. Ich hatte mich ja schon gewundert, als ich in einer der größeren Tassen ein »Ständermännle« aus Terrakotta erblickte. Dieses wurde nämlich mit dem heißen Wasser übergossen, um im nächsten Moment einen halben Meter weit zu pinkeln. Dies bedeutete, dass das Wasser die richtige Temperatur hatte und außerdem, dass ich meine nunmehr nasse Kamera besser woanders hingestellt hätte ... *grr*

Mit der Rikscha durch den Hutong

Unsere erste und bislang einzige Rikscha-Fahrt brachte uns in das chinesische Viertel von Peking. Chinesisch deshalb, weil sich in den Hutongs (zu deutsch: Durchlass) das Leben der Einheimischen am besten nachvollziehen lässt. Wer denkt, sich in diesem Gassengewirr alleine zurechtfinden zu können, kann sich schließlich glücklich schätzen, einen Taxifahrer zu finden, der sich zumindest zum nächsten Boulevard durchfragen kann.

Erst tat uns ja unser Fahrer leid, der mit seinen 67 Jahren und magerer Statur nicht allzu kräftig erschien, dann dachten wir »welch Glück für ihn, uns zu haben«, da wir zumindest die leichtesten unserer Reisegruppe waren. Letztendlich taten wir uns selber leid, da unser Fahrer den anderen Rikschas vorweg fuhr, um klingelnd, rufend und vorfahrtnehmend einen Weg durch den Verkehr zu bahnen ...

»liang zhi lao hu, liang zhi lao hu
pao de kuai pao de kuai
yi zhi mei you er duo, yi zhi mei you wei ba
hen qi guai, hen qi guai«
das war: Bruder Jakob auf Chinesisch-Mandarin.

Aus diesem Kindergarten (zu deutsch: Seuchenschleuder), dem ersten Halt dieser Rundfahrt, habe ich mir ein ganz besonderes Andenken mitgebracht: Röteln!!!
Zum Glück ist diese Kinderkrankheit jedoch völlig ungefährlich und brach auch erst einen Tag nach dem Urlaub aus.

Der nächste Halt brachte uns zu einem der vielen Märkte innerhalb der Hutongs, in welchem wir kaum von den Händlern zum Warenkauf aufgefordert wurden, was das Durchschlendern sehr viel angenehmer machte als bei den Souvenirständen.

Unterwegs kamen wir bei einem der vielen öffentlichen Toiletten vorbei, aber Achtung: diese Toiletten widersprechen uns nicht nur mit ihrer mangelnden Hygiene, sondern sind zudem alles andere als intim. Mein Fotografierversuch habe ich dann auch abgebrochen, nachdem ich da schon jemanden hocken sah.

Das Hofhaus und der nötige Schlaf in der Pekingoper

Der letzte Halt, die Besichtigung eines Hofhauses, hat für uns keinen großen Sinn ergeben. Zur Vorführung steht nämlich lediglich die Wohnung eines sehr Begünstigten, der dann statt Trinkgeld gleich mal ein »Austrittsgeld« verlangte.

Zum Abschluss des Abends stand die weltberühmte Pekingoper auf dem Programm. Ich hatte da ja so meine Zweifel, ob das wirklich lohnt, eine Stunde (es gibt auch welche mit sechs Stunden) war ja aber nicht zu lang und ... naja, dann saßen wir halt in einer Pekingoper.

Zur Information: Oper ist eigentlich der falsche Begriff, weil es sich um eine Art Theater handelt. Anbei sehr symbolisch, sodass z.B. ein einzelnes Paddel für ein Fischerboot stehen kann oder drei Soldaten eine ganze Armee darstellen. Anbei, neben einem Quietsche-Kammerorchester zu Beginn, ein hauptsächlich von einer Trommel und einen Schepperbecken begleitetes Spektakel.

Zu dem uns gebotenem Jaul(schau)spiel soviel: ich habe Annette geweckt, kurz bevor sie vom Platz gefallen wäre. Sie war später die erste von dreien, die ihr Einschlafen zugaben. 15 Minuten reichen damit im Allgemeinen, um zu wissen, dass man das kein zweites Mal sehen muss.

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VG Wort