Eine Fahrt über das Bergland der Cordillera de Tilarán und durch die Kaffeeplantagen klingt an sich verlockend. Zunächst aber ist sie vor allem holprig. Nächstes Ziel unserer Rundreise ist das idyllisch gelegene Bergdorf Santa Elena mit den Nebelwäldern von Monteverde. Luftlinie sind es zwar nur wenige Kilometer von La Fortuna bis nach Santa Elena. Eine direkte Verbindung aber fehlt. Wohl oder übel müssen wir also um den Arenal-See herumfahren. Erst auf der anderen Seite kommen wir nach Tilarán und ab dort hoch in die Berge zu den Kaffeeplantagen geht.
An unserem letzten Morgen in der Oasis Eco Lodge sind wir früh auf den Beinen, freuen uns ein zweites Mal über die vielen Vögel beim Frühstück und checken aus. Binnen weniger Sekunden ist Letzteres erledigt, da wir das Abendessen in bar zahlen mussten und weil wir für das Zimmer einen Voucher hatten. Ansonsten ist nichts zu begleichen. Über die Holperzufahrt zurück auf der Hauptstraße dauert es anschließend nicht lange, bis wir zum Nasenbär-Tummelplatz kommen. Das Bild ist hier wahrscheinlich jeden Morgen das gleiche. Eine Gruppe Nasenbären hoppelt zur Straße, das erste Auto hält, der Verkehr kommt zum Erliegen. Und auch wir stehen einmal mehr mittendrin.
Danach ist der Weg das Ziel. Die Landschaft am Fuße des Vulkans ist wunderschön anzusehen, während hohe Bäume der Straße Schatten spenden. Auch einen einzelnen Nasenbär finden wir. Erst scheint ihn unsere Anwesenheit nicht zu jucken. Erst als Annette mit ihrer Kamera startklar ist, nimmt er reiß aus. Oder, wie Annette es kommentiert: »So ein Blöder!«. Dann jedoch kommen wir an das Ende eines Staus. Oder parken die Fahrzeuge nur? Es ist nicht so leicht zu sehen, da zwischen den Fahrzeugen große Lücken klaffen. Erst als ich vorfahre, bemerken wir, dass ein Teil der anderen Straßenseite fehlt. Unsere Seite ist derweil von Baufahrzeugen versperrt. Später erfahren wir, dass hier tags zuvor ein Jeep samt Straße 20 Meter in die Tiefe gestürzt ist. Gut, dass das daheim niemand mitbekommen hat.
Woran man am ehesten erkennt, wo es Faultiere gibt? Daran, dass bereits ein anderes Fahrzeug an der Straßenseite steht und alle gebannt nach oben in die Bäume schauen. Tatsächlich haben wir uns kaum zu den anderen gesellt, als wir weit über uns ein Dreizehen-Faultier entdecken. Hals über Kopf lässt es sich hängen, um sich mit beiden Händen genüsslich am Kopf zu kratzen. Mit Begeisterung nehmen wir dieses tolle Erlebnis mit auf die Fahrt.
Die Strecke über das Gebirge lohnt. So windet sich die wenig befahrene Seestraße auf den ersten Kilometern wunderschön durch den tropischen Wald, bis sie dann direkt entlang des Sees verläuft. Auf den letzten 15 Kilometern eröffnet sie einem einige schöne Ausblicke über den See. Ein 88 Meter langer und 56 Meter hoher Staudamm der staatlichen Energiebehörde ICE staut hier das Flusswasser des Río Arenal. So entstand aus der einstigen kleinen Laguna der Lago Arenal. Es ist der größte See Costa Ricas und erstreckt sich von der Cordillera Guanacaste bis hin zur Cordillera Tilarán.
Eine leckere Überraschung ist übrigens Tom's Pan German Bakery in Nuevo Arenal. Neben einigen Brot- und Brötchensorten sowie Croissants und Kuchen umfasst das Sortiment auch gefüllte Blätterteigvariationen. Wer die Sachen nicht mit ins Auto nehmen will, kann sich in der Cafeteria ein zweites Frühstück gönnen. Nicht empfehlen können wir hingegen, eine Tafel Schokolade mit ins Auto zu nehmen. Die nämlich wird selbst bei eingeschalteter Klimaanlage bald flüssig.
Bis Tilarán befindet sich die Straße in einem guten Zustand. Das nächste kurze Stück nach Dos de Tilaran ist eher schlecht zu fahren. Im weiteren Verlauf bis nach Santa Elena besitzt die Fahrbahn dann einen sehr schlechten Zustand. So heißt es in unserem Reiseführer: bei trockenem Wetter ist es möglich, die Strecke ohne Allrad zu fahren. Die Landschaft jedoch ist einfach nur herrlich und entschädigt uns für die vielen Ruckler. »Das ist doch wie das Teletubby-Land«, stellt Annette fest. Nach einem fragenden Seitenblick schiebt sie aber sogleich nach: »Nein, natürlich habe ich die Sendung nie angeschaut.«
Allerdings ist der richtige Weg nie so schlecht wie die Zufahrt zur Oasis Eco Lodge. Sollte es dennoch so sein, hat man sicher eine Abzweigung verpasst. Zum Glück eilt uns beim ersten Mal eine Oma entgegen, die uns mit einem winkenden »No no no!« zu verstehen gibt, dass wir auf dem Weg zu ihrem Acker sind. Beim zweiten Mal hilft uns der Verkäufer eines winzigen Ladens zurück auf den richtigen Weg. Bis zum Ende unserer Reise werden es die einzigen zwei Male bleiben, dass wir uns verfahren. Bei unserer zweiten Reise nach Costa Rica nutzen wir dann auch ein Navi. Die Tücken sind dann technischer Natur.
Unbedingt einen Stopp wert sind die Kaffeeplantagen im Hochland. Mit den einzeln stehenden, hohen Schattenbäumen, der Hanglage und den umliegenden Bergen bilden sie eine traumhafte Kulisse. Und sollte die Beifahrerin plötzlich eine Teepflückerin mimen, um ein Trinkgeld einzuheimsen, so soll sie es gerne haben. Spätestens, wenn sie zurück bzw. wieder hoch auf die Straße will, wird sie es zurückgeben... (-:
Einige Tage später heißt es Abschied nehmen vom Nebelwald. Zur Weiterfahrt durch die Cordillera de Tilarán heißt es in unserer Reisebeschreibung: Die Straße ist schlecht wie immer. Wie wahr, wie wahr. Kaum haben wir den Nebelwald bei Santa Elena verlassen, als wir schon wieder über eine Dirtroad fahren müssen. Wenigstens aber sind die Steine nicht ganz so groß wie bei der Hinfahrt, sodass wir zügig vorankommen. Beziehungsweise so schnell, dass wir genug Zeit für mehrere Stopps haben, um die atemberaubend schöne Landschaft (und den starken Wind) zu genießen.
So wie wir weiter bergab kommen, wird es spürbar wärmer. Zugleich verschwinden die Wolken, sodass wir nicht nur eine tolle Bergwelt vor uns haben, sondern uns zudem ein tolles Licht- und Schattenspiel in der frühen Morgensonne erwartet. Allein die Farben der Wälder und Wiesen sind fantastisch! Fast schon bedauern wir es, als die Dirtroad vor Las Juntas in die Ebene führt und wir uns wieder auf einer richtigen Straße befinden.