Schwefelgeruch, Schlamm spuckende Erdlöcher und rauchende Geysire machen den Nationalpark Rincón de la Vieja zum Publikumsmagneten. Es ist ein einmaliger Ort, um Vulkanismus bei leichten Wanderungen hautnah zu erleben. Wir besuchen den Nationalpark auf beiden unserer Costa Rica-Reisen. Dadurch erleben wir den gewaltigen Kontrast zwischen der Regen- und der Trockenzeit.
Nachmittags brechen wir bei Sonnenschein, einem lauen Lüftchen und angenehmen Temperaturen in den Nationalpark Rincón de la Vieja auf. Zurück auf der Straße zum Park müssen wir nach anderthalb Kilometern Maut zahlen. Ob die Einnahmen in die Verbesserung der Straße fließen? Ein Blick auf die goldene Armbanduhr des Schrankners lässt anderes vermuten. Aber gut, das macht uns nicht arm. So kommen wir nach 20 Minuten oben beim Nationalpark, Posten Sektor Las Pailas, an.
Soweit so schlecht. Denn mit dem Wind, der uns hier oben empfängt, hatten wir nicht gerechnet. Tatsächlich aber schwanken die parkenden Autos alle hin und her. Dem nicht genug, peitscht uns der Wind Regentropfen entgegen. Aber wie hieß es in unserem Reiseführer? »Da es jederzeit zu heftigen Regenschauern kommen kann, sollte man einen guten Regenschutz dabei haben.« Wer liest, ist im Vorteil. Allerdings auch erst dann, wenn er entsprechend handelt.
Nach einer Dreiviertelstunde und einem Abstecher zurück ins sonnig-warme Tal kommen wir also das zweite Mal beim Eingang an. Diesmal bestens mit Regenjacken ausgerüstet. Immer noch bläst uns ein kräftiger Wind ins Gesicht, fliegen Regentropfen waagerecht durch die Luft. Doch es ist warm genug für kurze Hosen. Und so wie wir den Posten hinter uns lassen und in den Wald kommen, kann uns der Wind nichts mehr anhaben. Dass es über uns in den Baumkronen heftig rauscht, stört uns nur wenig. Schließlich denken wir, dass die Bäume den Wind hier gewohnt sind.
Als erste Wanderung im Nationalpark Rincón de la Vieja wählen wir den drei Kilometer langen Rundgang »Sendero Las Pailas«. Bald überqueren wir den Río Colorado über eine schaurig-rostige Hängebrücke. Der Weg zum Wasserfall der Quebrada Pailas führt an einigen Baumriesen vorbei. Es sind Feigen, die andere Bäume dazu nutzen, schnell ans Licht zu wachsen. Sowie anschließend der innere Baum abstirbt, bleiben hohle Röhren in den riesigen Feigen zurück. Als ich durch einen von hinten durchsteige, wird es Annette mulmig. Ich bleibe jedoch von Spinnen, Schlangen und anderem Getier unbehelligt.
Glück haben wir anschließend mit dem Wasserfall. Denn eigentlich herrscht in dieser Gegend im Winter Trockenzeit. Für gewöhnlich führt die Schlucht Las Pailas dann nur wenig Wasser, wenn überhaupt. Tatsächlich rauscht jedoch soviel Wasser über die Felsen in die Tiefe, dass wir unsere Sandalen ausziehen, um besser durchs Bachbett stapfen zu können. Denn für den Bau einer Brücke lohnt der meist kleine Bach nicht. Will man ohne Umweg zu den Fumarolen und Schlammlöchern gehen, muss man wohl oder übel den Bach durchqueren.
Es stinkt. Es stinkt gewaltig. Warmfeuchte Luft schlägt uns ins Gesicht und beleidigt unsere Nase. Als Nächstes kommen wir zu einer Absperrung. Dahinter sehen wir den Grund für die schlechte Luft. Aus einem Loch steigen schweflige Dämpfe auf. Das heißt für mich, flugs die Absperrung überwunden und entgegen Annettes sachlich vorgebrachten Einwänden näher heran an die Quelle des Übels. Oder, wie es richtig heißt, an die Fumarole. Mehrmals muss ich den Atem anhalten, als mir der Dampf direkt ins Gesicht bläst. Dann aber komme ich endlich, am Rande des Abgrunds, zu meinem heiß ersehnten Fumarolenbild. Hurra!
Wobei, der Aufwand lohnt nicht wirklich. Denn schon eine Wegbiegung weiter erreichen wir die berühmten Schlammlöcher der Volcancitos, in denen es unaufhörlich blubbert. Es sind Dampf speiende Geysire, die den umliegenden Boden rot gefärbt haben. Ein selbst in Costa Rica seltenes Schauspiel, das alleine den Weg in den Nordwesten des Landes lohnt. In einer Therme nahe dem Nationalpark wird der Schlamm als Schönheitspackung verwendet. Früher haben sich die Leute direkt im Nationalpark damit eingeschmiert. Das ist inzwischen natürlich verboten, zumal die Dämpfe mit einer Temperatur von bis zu 106 Grad Celsius aufsteigen.
Der nächste Geysir ist ein sprudelnder Schwefelsee. Das Zusammenspiel der Nachmittagssonne mit den umstehenden Bäumen und den schwefeligen Nebelschwaden ist beeindruckend. Gleiches gilt für die dicken Wurzeln der umstehenden Feigen. Sie kriechen über den Weg und bilden dabei so etwas wie Stufen. Zuletzt begeistern uns die Aloen, die teils so dicht aneinander stehen, dass sie Teppiche bilden. Alles in allem spazieren wir durch eine Landschaft wie im Bilderbuch.
Nach dem Sprudelgeysir überqueren wir erneut die Quebrada Pailas. Diesmal gibt es zumindest einen zur Brücke umfunktionierten Baumstamm. Beim Balanceakt hilft ein Drahtseil, trocken auf die andere Seite zu kommen. Ein paar hundert Meter weiter befinden sich die nächsten Schlammlöcher, die Pailas de Barro. Diese sind grau und nehmen eine größere Fläche als der Vulcancito ein. Weite Bereiche sind ausgetrocknet. Für ein Schlammloch mit Schwefelgas ist das normal. Sobald die Hitze an einer Stelle alles Wasser verdampft hat, suchen sich die Abgase einen anderen Weg.
Sowie wir wieder auf freies Gelände kommen, stehen wir erneut im Sturm. Regentropfen treiben zwar keine mehr durch die Luft. Der Wind allein aber ist so kräftig, dass wir uns fast hineinlegen können. Die Aussicht zu den Bergen, den Krater des Rincón (1.806 m) und den etwas höheren Von Seebach (1.898 m) entschädigt uns. Alles zusammen befinden wir uns schon wieder in einer völlig anderen Landschaft. Nicht wissen wollen wir hingegen, mit welcher Wucht die Böen über die Berggipfel streifen.
Zuletzt kommen wir zu den Pailas de Agua und der Laguna Fumarólica, dem größten Schwefelsee am Fuße des Rincón Vulkans. Tief beeindruckt, durch und durch begeistert von der Abwechslung dieser Landschaft, kämpfen wir uns schließlich zurück in den Wald. Noch einmal überqueren wir die Brücke über den Río Colorado, dann verlassen wir den Nationalpark. Und das mit einer Fülle an Eindrücken, die wir auf einem so kurzen Rundgang nicht für möglich gehalten hätten.
Laguna Fumarólica im Nationalpark Rincón de la Vieja
Vierzehn Jahre später wandern wir wieder durch den Nationalpark Rincón de la Vieja. Nach einer aussichtsreichen Wanderung zu den Cataratas Escondidas beschließen wir, die Tour zu den heißen Pfannen anzuschließen. Auch auf dem Sendero Las Pailas hat sich seit unserem ersten Besuch einiges verändert. Anstelle des Pfads von damals finden wir eine fast rollstuhltaugliche Betonbahn vor. Die Hütte des Ranger-Postens steht nur noch als Zierde am Startpunkt des Las Pailas. Die schaurige Hängebrücke über den Río Colorado hat ebenfalls ausgedient. Das alte Stahlgerippe ist noch vorhanden, wird aber von Schlingpflanzen eingenommen. Einige Meter daneben quert jetzt eine stabile Betonbrücke den Bach.
Die Runde laufen wir diesmal entgegen dem Uhrzeigersinn. Von oben brennt die Sonne auf uns herab. Die Betonplatten des Weges strahlen dazu von unten eine gewaltige Wärme ab. Wie die Landschaft um uns herum trocknen auch wir langsam aus. Die Vegetation wirkt grau und verbrannt. Lediglich die roten Pinguin-Bromelien zaubern rote Farbtupfer in die sonst blasse Natur. Sie scheinen die pralle Sonne zu vertragen, während das Buschwerk längst alle Blätter fallen gelassen hat.
Schließlich geht der barrierefreie Weg in Betontreppen über und wird kurz darauf zu einem doch wieder schönen Naturpfad. Dieser führt durch einen Tunnel von blattlosen Büschen, bevor wir die Laguna Fumarólica erreichen. Die Schwefellagune ist deutlich geschrumpft. Aber sie hat noch Wasser. Die nächste Station mit den Wassertöpfen liegt hingegen im Trockenen. Hier hatten wir uns vor vierzehn Jahren durch den Sturm gequält. Heute weht kaum ein Lüftchen. Das damals grüne Grasland ist braun und dürr. Aber wir haben wieder eine schöne Sicht auf den Krater Von Seebach des Rincón de la Vieja. Der Hauptkrater hingegen sitzt abermals fest in den Wolken.
Die Schlammlöcher sind unser letztes Ziel in der offenen Graslandschaft. Angesichts der sengenden Hitze überlegen wir, diesen Abstecher auszulassen. Es wäre schade darum. Denn die Blubberlöcher beim Sendero Las Pailas sind doch sehr unterschiedlich. Hier hüpfen lustige Schlammspritzer nach oben, nachdem sich graue Blubberblasen gebildet haben. Ein Braunschopftyrann sitzt im trockenen Geäst und beobachtet uns. Hier ist es für den kleinen Sperlingsvogel leichter, Fliegen zu fangen, als im nahen Wald.
Über den dürren Grasweg geht es schließlich in den Wald. Durch die Quebrada Pailas fließt noch ausreichend Wasser, um den Urwald grün zu halten. Wir überqueren den Bach bei einer Betonbrücke und stehen einmal mehr in einer völlig anderen, diesmal grünen Welt. Wir erinnern uns allerdings auch an unsere erste Tour. Damals querten wir den Bach über einen beachtlichen Baumstamm. Diese wurde inzwischen durch einen schnöden Betonübergang ersetzt, leider.
Vorbei an den gewaltigen Feigenbäumen erreichen wir den Volcancito. Fast schon spannender als das rauchende Kraterloch ist das Schwarzleguan-Weibchen, das sich die Aussichtsplattform mit den Touristen teilt. Hier scheint ein typischer Pausenplatz zu sein. Der ein oder andere Besucher wird sicher ein paar Kekskrümel liegen lassen.
Einige Schritte weiter sind wir dann bei den sehr beeindruckenden Fumarolen. Lars kann sich diesmal den Sprung über die Absperrung sparen. Hier wurde einiges abgeholzt. Somit ist der Blick ist frei auf die blubbernden, dampfenden und stinkenden Fumarolen. Dann aber wird es Zeit für den Rückweg zur Station Las Pailas. Zum Abschluss unseres Ausflugs begegnen wir einigen Tuberkelhokkos. Nach unserer Tour beim Vulkan Arenal ist es das zweite Mal, dass wir die großen Hühnervögel in freier Wildbahn sehen.
Der Nationalpark Rincón de la Vieja ist auch den zweiten Besuch wert. Es war eine gute Idee, die damals abgebrochene Wanderung zu den versteckten Wasserfällen nachzuholen. Und auch der Sendero Las Pailas hat uns beim zweiten Besuch einige neue Eindrücke beschert. Der Unterschied zwischen einem extrem nassen Dezember und dem staubtrockenen März ist enorm. Auch wenn immer ein schwefliger Geruch über die Landschaft zieht, sind die blubbernden Erdlöcher ein wahres Genusserlebnis.
Ausgangspunkt | Info-Center Rincón de la Vieja |
Koordinaten | N 10.7734, W 85.3498 |
Gehzeit | 3 Stunden |
Distanz | 3,9 km |
An-/Abstiege | ca. 170 HM |
Grad | T 2 |
Einkehr | keine |
Beschilderung | Sehr gute Beschilderung durch Nationalpark-Verwaltung |
GPS-Daten | Wandertrail Rincon de la Vieja gpx |
KML-Daten | Wandertrail Rincon de la Vieja kml |