Unser nächstes Ziel in Costa Rica ist Ojochal, ein malerischer Küstenabschnitt nördlich der Península de Osa. Mit den Playas Tortuga, Ventana und der Piñuela bilden Strände die Hauptattraktionen von Ojochal. Das Whale’s Tale, ein natürlich geformtes Sand- und Felsenriff an der Playa Uvita, zieht bei Ebbe scharenweise Leute an. Tatsächlich gibt es nur wenige Besucher, die es nicht an zumindest einen der Strände schaffen. So zum Beispiel wir. Unser Hauptaugenmerk bei Ojochal liegt auf den wunderschönen Wasserfällen, die zum Baden einladen.
Nach unserer wunderbaren Zeit beim Nationalpark Corcovado nehmen wir eines der Nachmittagsboote von der Bahía Drake nach Sierpe. Unser Mietwagen steht noch unversehrt und mit komplettem Reifensatz auf dem Parkplatz. So sind wir bald unterwegs nach Ojochal. Mit im Schlepptau ein Paar aus Norddeutschland. Dank einer schlechten Beratung musste es seinen Mietwagen an der Grenze zu Panama zurücklassen. Bis auf Weiteres reisen sie mitsamt zwei großen Koffern ohne Auto durch Costa Rica. Wir sind einmal mehr froh, uns nur auf dieses eine Land konzentriert zu haben. Dafür aber nehmen wir die beiden mit, zumindest bis nach Ojochal.
Über Palmar Norte fahren wir wieder in Richtung Norden von Costa Rica. Nach 40 unterhaltsamen Minuten erreichen wir die Zufahrt nach Ojochal. An der Plaza Tangara werden die beiden sicher ein Taxi finden, das sie zu ihrem Endziel bringt. Wir indes machen uns auf die Suche nach der Yaba Chigui Lodge. Gleich fällt auf, das Ojochal kein so richtiger Ort ist und man einen Ortskern vergebens sucht. Es ist eher eine Streusiedlung, für die man dringend ein Auto benötigt. Durch die Entfernungen und das ständige Auf und Ab hat man zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad verloren.
Die Zufahrtsstraße ist extrem holprig. Bei manch einer Kuppe ist fraglich, ob die Straße dahinter wirklich noch weiter führt. Plötzlich aber zweigt rechts die Einfahrt zum wunderschönen Garten der Lodge ab. Wir zirkeln unser Auto in einen winzigen Parkplatz und machen uns auf die Suche nach dem Besitzer der Yabá Chiguí Lodge. Das offen gehaltene Haupthaus ist im Rundbau-Stil der Boruca Indianer, den Ureinwohnern der Region, errichtet worden. Mit seinem üppigen Garten fügt es sich perfekt in die grüne Landschaft ein. Im Innern zieren bunte Masken der Burocas die Wände. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der jährlichen Danza de los Diablitos-Zeremonie, dem Tanz der Teufelchen.
Das costa-ricanische Ehepaar Ana und Juan haben die Lodge im Jahr 2016 eröffnet. Mit ihrem Konzept bieten die beiden ihren Kunden eine nachhaltige Atmosphäre unter Einbeziehung der soziokulturellen Entwicklung der Region. In der Sprache der Borucas bedeutet der Name Yabá Chiguí »Berg«. Durch die Hanglage steht das Haupthaus etwas erhöht. Insgesamt vier Bungalows für Gäste verteilen sich wunderschön um den Pool. Unser Häuschen ist geräumig. Ein großes Panoramafenster verleiht uns das Gefühl, direkt im Dschungel zu schlafen. Der Balkon ragt sogar in diesen weit hinein. Nach den einfachen Unterkünften der zurückliegenden Ziele haben wir hier ein luxuriöses, sehr gemütliches Bett.
»Ich war's nicht!« ruft Lars. Er kommt gerade von der traumhaften Außendusche herein, als es hinter ihm rumpelt. Wir schauen, was passiert ist. Ein großer Helmbasilisk klammert sich an einem Palmblatt fest, das in unsere Dusche hinein hängt. Lang kann sich das Tier nicht halten und hockt plötzlich vor uns auf dem Boden. Wir sind wohl alle drei verdutzt. Aber so ist das nun mal in den Tropen. Es schauen hin und wieder unerwartete Gäste vorbei. Nach einer Weile findet die Echse einen Ausgang und können wir uns alle wieder entspannen.
Im wunderschönen tropischen Garten lädt der Pool zum Baden ein. Und auch der Blick vom Frühstückstisch hinaus ist ein Traum. Mit leckeren Gerichten wissen Ana und Juan ihre Gäste zu verwöhnen. Für den Abschluss unserer Reise ist die Yabá Chiguí Lodge ein wahrer Glücksgriff. Insbesondere mein Mann freut sich über die endlich wieder artgerechte Haltung. Er ist und bleibt ein leidenschaftlicher Hängematten-Journalist.
Wie oben erwähnt, gehören die Strände der Umgebung zu den Highlights von Ojochal. Nach den Tagen auf der Halbinsel Osa haben wir jedoch genug schöne Strände gesehen und widmen uns hier lieber dem Hinterland. Knapp eine Viertelstunde von der Yabá Chiguí Lodge entfernt befindet sich die Cascada de Ojochal. Was uns dort genau erwartet, wissen wir nicht. Wir fahren einfach mal hin. Als erste Überraschung stellen wir fest, dass Ojochal eine richtig gut ausgebaute Hauptstraße besitzt. Kaum verlassen wir diese auf die Calle Cascada, stellt sich das gewohnte Holpern ein.
Nach gut zwei Kilometern stehen wir vor dem Eingangstor zur Cascada de Ojochal. Eigentlich ist es der Eingang zu einem kleinen Resort. Bei einem Pavillon steht ein Bienvenidos-Schild mit der Bitte um 5 Dollar oder 3000 Colon. Vorbei schleichen funktioniert nicht. Man hat uns sofort entdeckt. Dafür spazieren wir kurz darauf durch einen adrett angelegten und üppigen Tropengarten.
Der Weg ist nicht zu verfehlen, immer die Treppen hinunter. Bei Regen können diese glitschig sein. Aber es lohnt sich. Unten erwartet uns ein idyllischer kleiner Fluss samt Naturpool. Das Wasser wird durch einen künstlich angelegten Steinwall angestaut. Der Pool wirkt jedoch einladend. Also Klamotten aus und hinein ins kühle Nass. An der tiefsten Stelle ist dieser vielleicht 1,50 Meter tief. Die Strömung ist sanft und das Wasser sehr erfrischend. Ein Traum, dazu der hübsche Wasserfall, der über zwei Kaskaden in den Pool hinein rauscht. Alles in allem finden wir hier den perfekten Prinzessinnen-Wasserfall, wie wir später feststellen werden.
Luftlinie kaum zwei Kilometer weiter, mit dem Auto aber fast eine halbe Stunde Fahrt, finden wir die Cascada El Pavón. Denn für die Anfahrt müssen wir zunächst wieder zur Küstenstraße fahren, wo wir nach Palmar Norte abbiegen. Das Tilapias El Pavon Restaurant ist an der Straße angeschrieben. Die knapp vier Kilometer Zufahrt ist nichts für schwache Nerven. Beim Eingang zur Cascada El Pavón stehen dennoch einige Autos, die weit weniger offroad-tauglich sind als unseres. Dieser Wasserfall ist nämlich sehr beliebt bei den Einheimischen. Das liegt mit daran, dass er keinen Eintritt kostet. Bereits beim Hinweg strömt uns ein Grillgeruch entgegen. Mit Kühltaschen und Campingstühlen ausgestattet genießen die Ticos am Flussufer ihr Pura Vida.
Bei der Cascada de Ojochal bin nur ich ins Wasser gehüpft. Hier scheuche ich nun Lars in den Pool hinein. Das Schwimmbecken des El Pavón ist recht groß und nahe dem Wasserfall tief genug, dass man wirklich schwimmen muss. Zwischen den Felswänden der Kaskade hängt ein gewaltiger Steinbrocken fest. In der Regenzeit schwillt der Fluss so sehr an, dass der Wasserfall diesen umschlingt. Während der Trockenheit im April rauscht das Wasser lediglich hinter dem Stein durch. Zu dieser Zeit ist es einiges ungefährlicher, hier zu schwimmen.
Die Cascada El Pavón ist recht schön. Doch die Cascada de Ojochal finden wir einiges idyllischer und romantischer. Passend dazu Lars' Kommentar: »Mal wieder typisch: Du badest in einem zehn Dollar teuren Prinzessinen-Wasserfall und mich schickst du in den schnöden Umsonst-Pott.« Das nennt man wohl Künstlerpech. Von mir aus hätte er ebenfalls in den El Pavón hüpfen dürfen.
Ojochal gilt auch als die Region der Gourmets von Costa Rica. Hier haben sich einige der teuersten und exklusivsten Restaurants des Landes angesiedelt. Die Hoteliers übernehmen gerne die Reservierung. Unsere hungrige Erfahrung haben wir jedoch bereits im El Sapo von Santa Elena gemacht. Wir mögen es lieber etwas lockerer und nehmen mit dem Pancito Café, gleich am Ortseingang vorlieb. Aufgemacht wie eine französische Confiserie und Boulangerie stehen hausgemachtes Baguette-Brot, Quiches und hübsch hergerichtete Törtchen zur Auswahl. Kurz gesagt, hier gibt es Essen, das schmeckt und satt macht.
In Ojochal verbringen wir die letzten Tage unserer großen und bunten Costa Rica-Reise. Wir erleben noch einmal den wunderbaren Regenwald und haben eine traumhafte Unterkunft. Hier wird der Traum wahr, im Becken eines Wasserfalls zu baden und das Pura Vida zu leben. Somit sind wir uns auch hier wieder einig, alles richtig gemacht zu haben.