Die ehemalige Quäkersiedlung Santa Elena ist das Paradebeispiel für die Schotterpisten Costa Ricas. Dabei verhindern weder Geiz noch Armut den Straßenbau. Nervenaufreibende und von Schlaglöchern übersäte Pisten sollen den stetig ansteigenden Touristenstrom dämpfen. Die Wege sind für Ochsen- und Pferdekarren gemacht. Da haben die Blechkarren, egal ob mit oder ohne Allradantrieb, das Nachsehen. Trotzdem zieht es täglich etliche Busse und Mietwagen in die hügeligen Wälder, die Elfen- und Feenlandschaften gleichen. Santa Elena ist das Zentrum Monteverdes. Und wer die Nebelwälder besuchen will, muss sich mit den ausgewaschenen Lehmpisten anfreunden.
»Guck! Da vorne gibt es wieder eine Straße!« Das glaube ich ja nicht. Aber doch, sowie wir bei Santa Elena in den Nebelwald hineinfahren, kommen wir wieder auf Asphalt. Noch kurz zuvor hatte es unterm Blech gerüttelt, gewackelt und gescheppert. Urplötzlich ist es so ruhig, dass man fast meint, über Watte zu fahren. Natürlich sind die Straßen in Santa Elena ganz normale Straßen wie sie jeder von daheim kennt. Nach der ewig langen Schotterpiste aber ist es einfach ein herrliches Gefühl!!! Trotz aller Nostalgie wollen wir bei unserer zweiten Reise durch Costa Rica eben diesem Gefühl ausweichen. Deshalb führt unsere zweite Reiseroute zunächst über die Nationalparks Tenorio und Rincón de la Vieja an die Pazifikküste. Erst dann nehmen wir die Panamaricana nach Santa Elena. Ab dem Dorf Las Juntas fahren wir zwar auch bei dieser Strecke über eine Holperpiste. Verglichen mit der ersten Fahrt aber ist das ein Klacks.
Aguti, Pizote und Skorpion bei Santa Elena
Innerhalb der Ortschaft sind die meisten Straßen perfekt ausgebaut. So sind die Hotels generell auch ohne Allradwagen gut anzufahren. Wir entscheiden uns für das wohl höchstgelegene Hotel im Ort, das Flor de Bromelia. Dort erfolgt die Zufahrt natürlich über eine holprige Zufahrt. Dafür haben wir einen traumhaften Blick über Santa Elena und die umliegenden Nebelwälder. Einziges Manko: das Zimmer Aguti ist winzig klein. Egal, dafür werden wir mit einem tollen Frühstück verwöhnt. Am Morgen bekommen wir Besuch von Nasenbären und Agutis. Und den Skorpion, der sich in meiner Tasche versteckt, bringt David nach draußen.
Sophia vom Hotel Flor de Bromelia empfiehlt uns einen Pizzaservice. Neben Pizza können so auch andere nationale und internationale Speisen direkt ins Hotel bestellt werden. Denn bei dieser Lage braucht man fast schon ein Auto oder muss wirklich gut zu Fuß sein. Als Wanderbuchautoren lassen wir das Auto natürlich möglichst oft stehen. Allerdings kommen auch wir bei der Steigung der Straße und Zufahrt bald ins Schwitzen. Trotzdem unternehmen wir Rundgänge zu Fuß durch Santa Elena. Und wir müssen feststellen: trotz der Lehmpisten herrscht in Santa Elena inzwischen einiges mehr Betrieb als bei unserem ersten Besuch. Jedoch nicht so, dass wir uns wie in einem Touristengetto fühlen.
Markt und Restaurant Treehouse in Santa Elena
Vor Jahren sind wir zum Abendessen ins Tree House von Santa Elena gegangen. Ganz idyllisch hat man das Restaurant um einen Baum gebaut. Es gab damals Fisch und Mangosaft, dazu klimperten Musiker auf ihren Xylophonen. Bei unserer jetzigen Dorfrunde schlendern wir erneut durch die Straße des Baumhauses. Leider stören die lärmenden Autos und Lieferwägen das Idyll. Zum Abendessen wollen wir eh nicht mehr ganz so weit laufen. So landen wir im Restaurant El Sapo at Senda, nahe unserem Hotel. In gediegener Atmosphäre bekommen wir hier ein leckeres Essen, das gewiss nicht dick macht. So wundert sich Lars über vier dünne Bohnenstangen, die ihm als Gemüse der Saison offeriert wurden. Deutlich mehr hat unser Reisebudget an dem Abendessen zu knabbern. Wir kehren also hungrig zum Hotel zurück und freuen uns umso mehr auf das deftige Frühstück.
Am nächsten Tag gehen wir ins Choco Café, gegenüber dem Einkaufszentrum von Santa Elena. Verwöhnt mit einem großen Cappuccino, einer leckeren Minzlimonade und einem üppigen Salat lachen wir über die karge Kost vom Vorabend. Santa Elena hat wohl für jeden etwas zu bieten. Vor allem aber ist Santa Elena ein Ort für Naturliebhaber. Während wir uns die Wälder lieber in Ruhe anschauen, hat es das Gros der Urlauber auf die Action-Sachen abgesehen. Die Nebelwälder Monteverdes sind der Geburtsort der Canopy-Touren. Gut gesichert und Füße voraus schwingt man damit wie Tarzan und Jane durch den Urwald. Wem das zu schnell geht, der läuft auf den schwindelerregenden Hängebrücken des Selvatura Parks über die Baumkronen hinweg. Vor allem sollte man sich hier zumindest eine geführte Tour durch den Nebelwald gönnen. Immerhin leben hier der seltene Paradiesvogel Quetzal, wie auch der Kleinbär Olingo.
Um es vorweg zu nehmen: die Finca Valverde, heute die Jaguarundi Lodge, ist das am wenigsten schöne Hotel, welches wir bei unserer ersten Rundreise in Costa Rica kennenlernen. So gibt es beim Hotel zwar recht neue Bungalows mit einer hübschen Lage. Wir aber werden in einer gealterten Holzbaracke inmitten des Waldes untergebracht. Auch andere deutsche Gäste, die wir treffen, sind hier einquartiert. Wir gehen somit davon aus, dass die neueren Zimmer vornehmlich den Gästen anderer Nationen vorbehalten sind. Aber gut, zwei Nächte lässt es sich auch in der Finca Valverde gut aushalten. Mal abgesehen davon, dass man ohnehin die meiste Zeit außerhalb des Hotels verbringt.
Nachdem wir den Bogen am unteren Ende der Auffahrt passiert haben, erreichen wir hundert Meter weiter den Parkplatz der Finca Valverde. Der Zugang zur Rezeption erfolgt über eine Brücke. Das Einchecken verläuft zügig und die Wertsachen und Dokumente lassen sich sicher im Hotelsafe einschließen. Weil wir an Silvester ankommen, fragt uns der Angestellte, ob wir abends im Hotel essen möchten? Denn weil das Hotel gut belegt sei, sollten wir besser reservieren. Nach einem Blick auf die ausgestellte Karte nehmen wir an. Was wir nicht wissen: später wird die Karte ausgewechselt und erhalten wir statt à la carte eine Menükarte ohne Wahlmöglichkeit. Dafür ist der Preis etwa vier Mal so hoch wie bei den normalen Gerichten. Immerhin aber lässt uns das Personal klaglos ziehen, als wir erklären, dass da ein Missverständnis vorliege. Als Alternative finden wir eine Pizzeria. Diese ist dann so günstig, dass wir versehentlich zwei Familienpizzen bestellen, an denen wir dann auch am nächsten Tag noch gut zu knabbern haben.
Der Weg zu unserem Zimmer führt über eine Hängebrücke. »Keine Angst«, meint der Kofferjunge, »die Brücke ist stabil und kippt nur selten zur Seite.« Gut zu wissen. Dahinter schließt sich ein Holzbau an. Die Zimmer befinden sich auf beiden Seiten und sind von einer durchgehenden Veranda umgeben. Entsprechend düster ist es im Innern der Räume. Leider sind die Lampen rar gesät, sodass wir etwas im Dunkeln tappen. Steckdosen gibt es dafür reichlich und das Duschwasser ist bald warm. Auch die Decken sind einiges wärmer als im Hotel bei Tortuguero. Schließlich befinden wir uns in den Bergen und wird es nachts empfindlich kühl in Santa Elena.
Wie im Gran Hotel von San José ist das Frühstück auch hier übersichtlich. Dafür aber werden wir freundlich bedient. Dann gibt es eine Überraschung: eine Horde Kapuzineraffen lebt in der Nähe des Hotels und holt sich morgens seine Ration Bananen ab. Richtig zutraulich sind sie zwar nicht. Verhält man sich ruhig, kann man sie aber doch gut beobachten. Nach dem Erlebnis mit dem Vogelfrühstück im Oasis bei La Fortuna bekommen wir dadurch ein weiteres tierisches Spektakel frei Haus. Auch das macht eine Rundreise durch Costa Rica so einzigartig.