Bezaubernde Faultiere, bunte Pfeilgiftfrösche und schrullige Tukane. Sie alle stehen Pate für die vielfältige Tierwelt Costa Ricas. Tatsächlich ziert diese kleine Auswahl zahlreiche Reiseführer und Prospekte über das Land. Als Folge ist jeder Besucher darauf erpicht, eben diese zu Gesicht, besser noch vor die Kamera zu bekommen. Dabei ist das Faultier eine häufige Art im Regenwald. Für das ungeschulte Auge ist es jedoch schwierig, dieses im Dschungel zu erkennen. Deutlich einfacher gestaltet sich die Suche nach Faultieren im Sloth Park von La Fortuna. Auch hier empfehlen wir, einen geschulten Guide mit auf die Tour zu nehmen.
Rundgang durch den Sloth Park von La Fortuna. Aufnahmen von Faultieren und Pfeilgiftfröschen. Tierwelt von Costa Rica.
Wann immer wir eine unnatürlich dunkle Kugel hoch oben im Baum entdecken, erhöht sich der Puls. Die Ernüchterung folgt auf den Fuß. Denn so wie wir genauer hinschauen, entpuppt sich manch eine Kugel als ein Kartonnest. Bauherren sind auf dem Baum lebende Termiten. Auch große Vogelnester führen uns in die Irre. Plötzlich aber bemerken wir eine langsame Bewegung. Bei dieser Reise ist es unser erstes Faultier. Bei unserer ersten Costa Rica-Reise hatten wir einige Male das Glück, Faultiere in freier Wildbahn zu finden. Und das direkt vom Auto aus. Damals war La Fortuna eine gute Faultier-Gegend. Auch wenn in den umliegenden Wäldern viele dieser Tiere leben, entdecken wir sie fünfzehn Jahre später nur noch im Sloth Park.
Der Sloth Park steht lediglich auf unserer Vielleicht-Liste der Sehenswürdigkeiten. Die Wasserfälle und der Vulkan bei La Fortuna sind uns wichtiger. Doch wir kommen zeitig im Hotel Roca Negra an. Nach einem Cappuccino spazieren wir hinunter zum Park. Er befindet sich direkt an der Hauptstraße, knapp 20 Minuten Fußmarsch von unserem Hotel entfernt. Das Eingangshäuschen ist durch seine auffällige Plakatierung kaum zu übersehen. Schlucken müssen wir jedoch, als wir den Eintrittspreis erfahren. Lars glaubt sich verhört zu haben. Aber es stimmt: zwei Erwachsene mit einem Guide macht summa summarum 100 US-Dollar. Günstig war gestern.
Wenig später steht der nächste Guide mit seinem Spektiv bereit. Er verspricht, dass wir auf der Tour einige Faultiere sehen werden. Bei dem Preis wäre auch alles andere ein Nepp. Was sollen wir sagen? Schon wenige Schritte vom Eingang entfernt erwartet uns die erste Überraschung. Es fiept verdächtig aus einer großen Bromelie. Beim genauen Durchsuchen des Gewächses entdecken wir einen winzigen, türkis-schwarzen Frosch. Es ist ein Pfeilgiftfrosch, auch Baumsteiger- oder Farbfrosch genannt. Während der Trockenzeit sind diese nur schwer in der freien Wildbahn zu finden. Wir hatten aber auch vor 15 Jahren bei heftigen Regengüssen kaum Erfolg. Mit den extra angepflanzten Bromelien hat man den Pfeilgiftfröschen im Sloth Park ein günstiges Zuhause geschaffen. Mit Erfolg, denn auch in den Nachbarpflanzen fiept es.
Auch wenn der Frosch nicht gerade golden glänzt, sehen wir einen türkisfarbenen Goldbaumsteiger. Normalerweise lebt dieser in den zwei, drei Meter über dem Boden höher gelegenen Bromelien. Dort betreiben die winzigen Tiere für gerademal vier bis sechs Eier Brutpflege. Ist eine Kaulquappe geschlüpft, schleppt sie das Männchen in eine wassergefüllte Blattachsel der Bromelie. Übrigens: das bunte, familiäre Fröschlein als »Pfeilgiftfrosch« zu schimpfen ist leicht übertrieben. Baumsteigerfrösche sondern nur über ihre Haut Gifte ab, welche sich auf das Nervensystem auswirken. Der Kontakt mit einem Goldbaumsteiger kann eine mehrere Tage andauernde Erblindung bedeuten. Aber zum Tode führt es nicht. Und wer denkt, man könne solch Tierchen im Terrarium halten, um sich der Schwiegermutter zu entledigen, hat Pech gehabt. Das Gift stammt von Ameisen, die auf dem Speiseplan der Frösche stehen. Solche Insekten schaffen es selten in Terrarien.
Nach der ersten Aufregung widmen wir uns dem Bromelienbeet nebenan. Das Fiepen dort klingt ganz anders. Dort versteckt sich ein Erdbeerfröschchen. Wegen seiner blauen Beinchen wird es auch Blue-Jeans-Frosch genannt. Es unterscheidet sich sowohl in der Farbgebung vom Goldbaumsteiger als auch durch die Brutpflege. Während das Männchen die Eier lediglich bewacht und befeuchtet, schleppt das Weibchen die geschlüpften Kaulquappen zu verschiedenen Bromelien. Dort sucht sie ihre Brut alle paar Tage zum Füttern auf. Es sind sich ihren Jungen gegenüber speziell aufopfernde Amphibien.
Unsere Begeisterung für die liebevollen Fröschlein ist ungebrochen. Aber eigentlich besuchen wir Sloth Park ja wegen der Faultiere. Das rund 30 Hektar große Waldgrundstück wird auf dreieinhalb bis vier Kilometer von Wanderwegen durchzogen. Unser Guide hat bereits während seiner Morgentouren die meisten Faultiere ausfindig gemacht. So führt er uns gleich in die richtige Richtung. Der Sloth Park bietet auch Kaffeetouren auf dem Nachbargrundstück an. Dort in der Nähe vermutet er das erste Tier. So ist es. Nach zehn Minuten Spazieren deutet er nach oben in die Bäume. Wo genau meint er? Die meiste Zeit vom Tag hängen Faultiere regungslos und unauffällig im Geäst. Doch dieses über uns reckt sich gerade und kratzt sich am Bauch. Prima!
Leicht verlegen entschuldigt sich unser Guide, dass die Tiere so weit weg sind. Erst später erfahren wir, dass der Park immer wieder Probleme mit amerikanischen Touristen bekommt. Viele von denen waren bereits bei Mexiko auf Kreuzfahrt. Die im Schiff angebotenen Ausflüge landen oft in Zoos, bei denen die Touristen Faultiere auf den Arm nehmen können. Faultiere schlafen bis zu 20 Stunden am Tag. Sämtliche Touristengruppen zu bedienen, ist für die Tiere harte Arbeit. Und das auch dafür, dass sie sich das Futter nicht selbst suchen müssen. In Costa Rica gibt es so etwas nicht. »Wir lieben unsere Natur und unsere Tiere!« erklärt der junge Mann und freut sich mit uns über das glückliche Faultier hoch oben im Baum.
Bei einer Tour von anderthalb Stunden finden wir auf relativ kleinem Gebiet einige Faultiere. Laut dem Guide kommen diese von alleine in den Park. Ob das so stimmt, sei mal dahingestellt. Der Park ist von weiten Landwirtschaftsflächen umgeben. Hinzu kommen der Ort La Fortuna und die stark befahrene Hauptstraße. Wie soll ein Faultier ohne fremde Hilfe in den Sloth Park gelangen? Für den Fall, dass sie hierher versetzt werden, haben sie dafür ein natürliches und relativ sicheres Zuhause.
Auch wenn die Tour relativ teuer ist, lohnt sich der Ausflug für uns. Neben Faultieren und Fröschen bekommen wir jede Menge Vögel, eine Eule und Schmetterlinge zu Gesicht. Nach der Führung ziehen wir nochmals auf eigene Faust los. Dadurch erwischen wir ein weiteres Faultier, das sich von einem Baum zum nächsten hangelt. Zuletzt erleben wir eine weitere Überraschung. Diesmal ist es ein grüner Basilisk, der plötzlich über den Weg huscht. Er verharrt zwar kurz, ist dann aber doch zu schnell wieder im Dickicht verschwunden. Lars wird später Gelegenheit finden, solch Echsen zu fotografieren.