Hoch über dem Rio Chavón staunen wir über alte Häuser, einer Kirche und Straßen mit Kopfsteinpflaster. Verwinkelte Gassen laden zum Flanieren ein und ziegelbedeckte Dächer lassen uns glauben, durch einen italienischen Ort zu laufen. Doch auch wenn es scheint, als sei der gesamte Ort dem mediterranen 16. Jahrhundert entflohen, um auf Hispaniola zu neuem Leben zu erwachen, ist Altos de Chavón erst in der Zeit zwischen 1976 und 1982 entstanden.
Zu verdanken haben wir den in der Karibik wohl einzigartigen Ort drei Männern: dem Filmarchitekten Roberto Copa, dem dominikanischen Baumeister Tony Caro, vor allem aber Charles Bluhdorn. Er hatte vom Bau selbst zwar keine sonderlichen Kenntnisse, als Präsident von Gulf & Western, einer amerikanischen Zuckergesellschaft, jedoch genug Geld, um einen Großteil des 40 Millionen Dollar teuren Projektes zu finanzieren.
Zur Umsetzung seines Traums ließ Bluhdorn auf der ehemals dschungelbewachsenen Anhöhe Originalpläne einer andalusischen Siedlung umsetzen.
Als Baumaterial der Häuser, Werkstätten Plätze, Brunnen und Restaurants verwendeten die Arbeiter dabei, soweit ihnen dies möglich was, Holz, Natur- und Korallensteine und Ziegel. Allein deshalb lohnt sich ein Ausflug nach Altos de Chavon.
In der kleinen Kirche San Estanislao befindet sich heute das Grab mit der Asche des polnischen Heiligen Stanislaus. Diese hatte kein geringerer als Papst Johannes Paul II. zur Einweihung im Jahr 1979 zusammen mit einer Skulptur des Nationalheiligen nach Altos de Chavón geschickt.
Vom Kirchplatz sowie der darunter liegenden Terrasse eröffnet sich einem übrigens ein herrlicher Ausblick über das Tal des Rio Chavón.
Nicht andalusisch, dafür aber griechischen Vorbildern nachempfunden ist das Amphitheater von Altos de Chavón. Mit 5000 Plätzen zählt es zu den angesagtesten kulturellen Bühnen der Dominikanischen Republik. Nach der Eröffnung mit Frank Sinatra traten hier unter anderem Julio Iglesias, Luís Guerra und Gloria Estefan auf. Vorwiegend spielen hier jedoch die heimischen Bands ihre Merengue-Musik.
Auch wer sich inmitten des Dorfes an Vietnam erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Denn das Künstlerdorf Altos de Chavón ist nicht nur ein andalusisches Dorf auf den Großen Antillen, sondern auch Drehort einiger Kampf- und Hubschrauberaufnahmen aus dem Film Apocalypse Now.
Heute leben in dem Dorf - zumindest in dem ruhigeren, weniger von Touristen durchströmten Teil - überwiegend Künstler, die von verschiedenen dominikanischen und nordamerikanischen Stiftungen unterstützt werden. In ihren Ateliers stellen sie Bildern und Schmuck auch Teppiche und Stoffe aus,
die sie in ihren Werkstätten auf altertümliche Weise knüpfen beziehungsweise weben. Aber auch eine moderne Disco gehört mittlerweile zu Altos de Chavón, die vor allem an den Wochenenden stark besucht wird. Wer es ein bisschen ruhiger und edler mag, kommt in der Zanzi Bar in zweifacher Hinsicht voll auf seine Kosten.