Viel versprochen hatten wir uns vom Ausflug zur Isla Saona mit ihren Traumstränden. Die (Ganztages-) Tour wird in der Riu Anlage zwar alles andere als günstig angeboten. Zwei Wochen nur in der All-inclusive-Anlage der Riu-Hotels auf der Dom Rep rumhängen ist aber auch nicht unbedingt das, was wir uns unter Urlaub vorstellen. So also ging es früh morgens mit dem Bus ein weiteres Mal durch den Wallfahrtsort Higüey und von dort Richtung Süden zum etwas stark verbauten Playa Bayahibe.
Schon im voll besetzten, großen Reisebus hatte der dominikanische Ausflugsleiter gezielt gefragt, ob auch Bayern an Bord seien. Bei 40 bis 50 Leuten - hm wer hätte das gedacht? In Bayahibe angekommen, ging es mit kleinen Motorbooten zum Katamaran. Trotz des immer noch frühen Morgens bekamen wir zuallererst einmal »Vitamina« aus »Apotheka« angeboten. Sprich: Rum mit einem Schuss Cola aus der Bar. Dass mich der Leiter dumm angeschaut hat, weil ich nur Cola ohne Rum wollte, ist seine Sache.
Immerhin war die Cola kein schwarzes Billigwasser (wie wir es auch schon mal auf einem Bootsausflug zu Trinken bekamen), sondern echte Coke, welche großzügig verteilt wurde, und der Katamaran recht geräumig. An Bord lief schöne karibische Musik und die Bordbesatzung tanzte unter dem großen Sonnensegel Merengue.
Irgendwann aber fragten wir uns, warum das Boot nicht ablegt? Erst später sahen wir, welch Glück wir hatten, mit der ersten Gruppe an Bord gegangen zu sein. Denn so hatten wir uns zumindest einen schönen Schattenplatz aussuchen können, während sich einige andere auf dem vorderen Teil des Katamarans und damit in der prallen Sonne drängen mussten.
Schön war, dass die Besatzung die Segel des Katamarans hisste. Trotz Aufforderung, kräftig mitzuziehen, haben wir zwar lieber den Fahrtwind genossen. War aber auch nicht so schlimm, waren doch genügend gestandene Mannsbilder (ja, auch aus Bayern) an Bord, die sich - zwischen dem vierten und fünften Becher Rum - einfach nur mit ihren ganzen Gewicht an das Seil hängen mussten. Was ich allerdings hasse: wenn mir beim Fotografieren ein Spritzer Cola-Rum aufs T-Shirt und sogar ins Auge fliegt ... grrr. Dann aber war auch schon die Insel in Sicht und sollte mit einem Schlag alles besser werden.
Denn, so stellen wir beim Verlassen des Bootes fest: die Isla Saona ist eine wunderschöne Karibikinsel. Nur wenige Meter vom Anleger entfernt befinden sich die Strandgrille, Verpflegungsstationen (oder wie man das nennen mag) und natürlich auch die »Apotheka«.
Zum Glück für uns, denn während wir uns zwei Liegen aussuchen und unsere Sachen unter einem der Sonnenschirme verstauen, zieht es die allermeisten Ausflügler wie magisch zur Tränke. Dabei spielt es offensichtlich keine Rolle, ob sie aus Bayern oder einem der 15 anderen Bundesländer stammen.
Schnell machen wir uns auf den Weg, um den Strand ein paar Momente in Ruhe zu genießen und ein paar Fotos ohne andere Touristen im Bild aufnehmen zu können. Schon ein paar Meter weiter aber wundern wir uns, dass uns so gut wie keiner folgt. Die Leute sitzen nur da, ziehen an ihrer Zigarette, hängen oder trinken Rum und sind ansonsten nur damit beschäftigt, aufs Mittagessen zu warten.
So also gehen wir (fast) alleine am Strand der Isla Saona spazieren, laufen über ein weiches Geschwemmsel aus getrockneten Seegräsern und Holzstücken sowie über das frühere Korallenriff, das schon vor langer Zeit abgestorben ist und dessen Kanten das Meer längst abgerundet hat.
Unter den Palmen bieten sich uns immer wieder schöne Perspektiven und an einem alten, angeschwemmten Baumstumpf verharrt eine Eidechse solange, bis ich sie endlich ganz aus der Nähe fotografiere.
Bald schon haben wir die Ballermann-Stimmung hinter uns vergessen, liegt vor uns nur noch die Stille des Strandes. Leise plätschern kleine Wellen an den menschenleeren Strand und hier und da machen Ibisse und Palmenspechte mit ihren Rufen auf sich aufmerksam.
Andere Boote, die ebenfalls auf die Isla Saona zusteuern, können uns nicht stören, da sie ihre laute Ausflugsfracht an einem entfernten Anleger auf die Insel lassen. Positiv bemerken wir dabei, dass ausgerechnet die Trägheit der meisten Ausflügler dazu beiträgt, dass die 110 Quadratkilometer große Insel mit ihren vielen Mangrovenwäldern und ihrer einzigartigen Tierwelt größtenteils von den Auswirkungen des Tourismus verschont bleibt.
Neben vielen kleinen Bruchstücken finden wir am Strand der Isla Saona den Zweig von einer Fächerkoralle. Leider dürfen wir ihn zum Schutz der Art nicht mit nach Hause nehmen, aber immerhin ein Foto kann uns keiner verwehren.
Nach dem Mittagessen mit Fisch, gegrilltem Fleisch, Gemüse und Reis gehen wir ein wenig Schnorcheln.
Intakte Korallen gibt es in der Nähe des Ufers zwar keine, eine größere Ansammlung an Schutt, Betonklötzen, verrosteten Eisenstangen und sonstigem Müll aber bietet zahlreichen Fischen Unterschlupf.
Begeistert folgen wir einem Schwarm Karibik-Doktorfische auf seinem Weg über das Beton- und Rostriff, entdecken einen einzelnen Kofferfisch und viele andere, teils winzig kleine Arten, die im Schatten der Betonklötze Schutz suchen.
Dann aber wechselt die Stimmung. Denn zwischen all dem anderen Gerümpel bemerke ich drei schlauchartige Gebilde, die sich bei genauerem Hinsehen als das unbrauchbare Innere von Schildkröten herausstellen. Nun also wissen wir, wie die Tiere enden, deren Panzer zum Beispiel auch bei den Ständen am Strand von Punta Cana zum Kauf angeboten werden.
Zurück geht es mit dem Schnellboot. Sicherheit ist hier natürlich oberste Priorität. Das heißt, auch die vielen, mittlerweile recht gut angetrunkenen Ballermannausflügler müssen die obligatorische Schwimmweste tragen. Leider steigen wir etwas zu früh in das Boot ein. Denn so sitzen wir recht weit hinten - dort wo Leute mit Rückenproblemen sitzen sollten - und heben wir mit dem Boot nicht ganz so oft und vor allem nicht so hoch ab wie die Personen ganz vorne.
Nach rasanter Fahrt stoppen wir vor der Küste des »Parque Nacional del Este«. Obwohl wir noch wenigsten 200 Meter von der Küste entfernt sind, ist das Wasser nur hüfttief und warm wie in der Badewanne.
Warum das Wasser hier so warm ist, verrät lautstark unser Ausflugsführer: »Weil die vielen Urlauber hier Pipi machen.« Ahja, das ist genau das, was wir hören wollten. Möglicherweise hat er sogar recht, denn außer uns halten noch circa 20 weitere Schnellboote auf der Sandbank. Laut Ausflugsbeschreibung sollen wir hier jede Menge Seesterne beobachten können. Seeigel haben wir zwar gesehen, Seesterne jedoch nur einen toten, den ein paar Franzosen immer wieder aus dem Wasser hoben.
Dann aber sollen wir schon wieder zum Boot zurückkehren, denn nachdem jeder Ausflügler einen Becher Cola-Rum oder Rum-Cola (in unserem Fall nur Cola) bekommen hat, läuft unser Ausflugsleiter zur Hochform auf. Breitbeinig steht er oben auf dem Boot und verkündet mit geschwellter Brust (und gehobenem Becher): »Von der Mitte zur Titte, zum Sack zackzack!«, »Hau wech die Kacke!«, um anschließend eine ganze Litanei wenig erquickender Promillesprüche zum besten zu geben.
Als wir am Abend der Tui-Reiseleitung enttäuscht vom Ablauf des Ausflugs berichten, ist die Tui-Tante sichtlich entsetzt. Nein, eine Ballermannfahrt hätte das nicht sein sollen. Auch kannte sie den Leiter des Ausflugs bisher noch gar nicht so. Natürlich fragt auch sie, ob denn Leute aus Bayern dabei waren. Anscheinend begeben sich nur Bayern in die Karibik, die mit ihrem Auftreten die Oktoberfestmentalität perfekt verkörpern. Immerhin entschuldigt sich sie sich bei uns für das Auftreten des Ausflugsleiters und bietet uns einen Abend später eine kleine Entschädigung in Höhe von zwanzig Prozent des Ausflugspreises an.