Als wir einen Fluss überqueren, lässt Hennie den Busfahrer anhalten. Denn so schön das Urlaubsparadies für uns Europäer auch sein mag, längst nicht jeder profitiert davon. Und so entstehen entlang der Flussufer einfache Siedlungen aus Wellblech und allem möglichen anderem Material, um mit dem nächsten Hurrikan wieder weggerissen zu werden und Platz für die nächste ärmliche Hütte zu schaffen.
Die Landschaft Samanas aber ist herrlich: saftig grüne Hügelkuppen wechseln sich ab mit Palmen- und Farnwäldern, die im Wettstreit mit den wuchernden Schling- und Kletterpflanzen wachsen.
Bis auf die Innenbereiche der wenigen größeren Siedlungen fließt der Verkehr hier nur spärlich und sind die Straßen weitestgehend intakt, sodass es auch Urlaubern gut möglich ist, hier mit dem Leihwagen zu fahren.
Bei unserer Rundfahrt über Samana gab es noch keine großen Hotelressorts. Dennoch hatte die Tourismusbranche die Halbinsel bereits in ihr Visier genommen, und hat sich nach unserer Reise hier einiges getan. Zwar ist der Weg Richtung Süden durch den Nationalpark Los Haitises versperrt.
Auch für die Anreise über den Badeort Puerto Plata muss man nach wie vor einige Stunden Fahrt einplanen. Seit der Öffnung des großen Flughafens El Catay am 1. November 2006 wird Samana jedoch von einigen europäischen Flughäfen direkt angeflogen. Seitdem sind die Hotels wie die Pilze aus dem Boden geschossen.
Schon kurz nach Erreichen der Halbinsel halten wir an einen der vielen unbebauten Strände Samanas. Den Abstieg über einen schmalen und etwas rutschigen Pfad wagen zwar nur wenige aus unserer Gruppe.
Dafür aber erwartet uns unten ein herrlich feiner Sandstrand, auf dem das Wasser in kleinen Wellen sanft aufläuft, während sich von der Hangseite ein paar Palmen dem Atlantik entgegen neigen, immer in der Hoffnung, auch der nächsten Windböe noch trotzen zu können.
Eine Kulisse, der wir uns nicht entziehen können, ohne ein paar Bilder von der Bucht, einem kleinen Hügel, der an ihrem einen Ende entspringt, sowie von uns selbst auf dem Stamm einer der am Hang wachsenden Kokospalmen - und damit mit einem mehrere Meter tiefen Abgrund unter uns - aufzunehmen.
Samana ist mit seinen vielen bunten Holzhäusern noch ursprünglicher geblieben als die Orte bei den großen Touristenzentren. Mitsamt der langen Traumstrände und den vielen Palmen treten sie beim Interesse jedoch in den Hintergrund, sobald die Brunftzeit der Buckelwale beginnt. Denn jedes Jahr, von Mitte Januar bis Mitte März, kommen die großen Meeressäuger aus den arktischen Gewässern rund um Island und Grönland, um sich im warmen Wasser der geschütztem Bucht von Samana zu paaren.
Ein Ereignis, was natürlich auch zahlreiche Schaulustige anlockt, was bis vor ein paar Jahren dazu geführt hatte, dass selbst kleine Fischerboote waghalsige Manöver fuhren, um die Touristen möglichst nahe an die Wale zu bringen. Mittlerweile kümmert sich eine lokale Organisation darum, dass nur noch gelernte Skipper während des Schauspiels in die Bucht fahren dürfen und sich an bestimmte Spielregeln halten müssen. So dürfen die Boote nicht länger als 30 Minuten bei einer Wal-Gruppe aufhalten und sollen außerdem nicht mehr als zwei Boote gleichzeitig eine Gruppe begleiten.
Ein Stacheldrahtzaun dient als Wäscheleine, eine Waschmaschine - auch ohne Strom - als Waschbottich. Und überall, wo wir hinblicken, sehen wir Dutzende Kinder, die uns trotz der armen Lebensverhältnisse (oder auch genau deswegen) zulachen. Bonbons sollen wir hier keine verteilen, denn »hier gibt es so viele Kinder, soviel könnt ihr gar nicht verteilen, dass jeder was abbekommt. Das gibt dann nur Streit«, wie unser Reiseleiter erklärt. Außerdem könne sich das Dorf mit dem, was in der Umgebung alles wächst, gut versorgen.
Der Spielplatz der Kinder ist dafür um so beachtlicher. Denn der kilometerlange Strand direkt vor der Haus- beziehungsweise Hüttentür ist nicht nur sehr feinsandig, sondern außerdem frei von jedem menschlichen Unrat. Ein Umstand, der in vielen anderen Ländern (leider) nicht gegeben ist, ganz gleich wie vermögend und unvermögend die Leute dort sind.
Auch hier lassen sich alle Kinder gerne fotografieren. Für helle Aufregung jedoch sorgt Annette, als sie den einzigen richtigen Macho des Dorfes filmt. Schnell scharen sich ein gutes Dutzend Kinder um sie herum, um wenigstens einen kurzen Blick auf den Monitor zu erhaschen. Natürlich will dies auch der neue Filmstar des Dorfes. Leider ist es aber nicht so einfach, jemanden live zu zeigen, wie er gefilmt wird. Aber zum Glück gibt es ja noch den Foti ...
Was aber machen mit den paar Bonbons, die wir schon eingesteckt hatten, bevor Hennie uns das Verteilen verbot? Streit wollten wir ja keinen verursachen, aber am Schluss der Reise noch einen halben Beutel Süßigkeiten übrig zu haben, wäre ja auch doof gewesen.
Als Lösung gaben wir es einer der Mütter sowie einer alten Oma, damit sie es später möglichst gerecht verteilen. Kaum geschehen, konnte sich vor allem die Oma darüber freuen, da die Kinder das irgendwie doch gesehen hatten und im nächsten Moment alle ihrer (?) Mutter nachrannten ...
Wunderschön eingebettet in einer blühenden Gartenanlage empfängt uns am Nachmittag das Hotel Palococo. Statt einer Klimaanlage gibt es in den Zimmern einen Deckenventilator. Alles andere wäre auch unnütz. Denn die Fenster der Bungalows sind mit nur einem Insektennetz sowie hölzernen (verstellbaren) Lamellenflügeln ausgestattet.
Diese luftige Bauweise reicht jedoch völlig aus, um das Zimmer in der Nacht auf eine angenehme Temperatur zu kühlen. Gleichzeitig ist es aber ein wenig hellhörig, sodass man den Schnarcher vom benachbarten Bungalow genauso wie die leisen Gespräche über die anderen Reiseteilnehmer gut hören kann ...
Nur wenige Schritte von unserer Zimmertür entfernt, kommen wir zum Palococo-Pool. Für uns genau das richtige nach der Hitze des Tages. Hier treffen wir dann auch bald die anderen Teilnehmer unserer Gruppe, die - mehr oder weniger motiviert - ein paar Runden im Wasser schwimmen. Oder, wie wir einfach ein wenig am Beckenrand entspannen und im etwas tiefer gelegenen Jacuzzi neue Energie für den nächsten Tag sammeln.
Das Essen ist diesmal nicht im Reisepreis enthalten. Das ist aber auch nicht weiter tragisch, da die Preise in dem familiär gehaltenen Hotel und Restaurant human gehalten sind und die Karte jedem etwas Schmackhaftes bietet.
So zum Beispiel Doradofilets mit reichlich frischem Gemüse und lecker gegrillten Bananen als Nachtisch. Gegen Ende des Essens kommt ein Musiker an unseren Tisch und verschönert uns den Abend mit mehreren dominikanischen Liedern sowie dem kubanischen Guantanamera.