Die größte Stadt im Cibaotal ist Santiago mit knapp 400.000 Einwohnern. Anders als die Hauptstadt Santo Domingo ist diese Stadt jedoch nur langsam gewachsen, hat dafür als Zentrum der fruchtbaren Ebene aber auch kaum Probleme mit der Arbeitslosigkeit und ist dementsprechend wohlhabender als die Hauptstadt.
Der vollständige Name Santiago de los Cabelleros (Santiago der Ritter) ist sicher hilfreich, um Verwechslungen mit gleichnamigen Städten anderer Karibik- und Lateinamerikanischer Staaten zu vermeiden. Keine andere Stadt aber hätte mehr Recht, sich einfach nur »Santiago« zu nennen, wurde diese Stadt doch bereits 1498, und damit vor den anderen »Santiagos« gegründet.
Anlaufpunkt einer jeder Rundreise ist das weithin sichtbare Heldendenkmal »Monumento de los Héroes de la Restauracíon«. Trujillo ließ das Wahrzeichen mit seiner 67 Meter hohen Säule 1940 bauen, um an die Wiederherstellung der Dominikanischen Republik (1865) zu erinnern.
Santiago hat der Diktator zurecht ausgewählt, denn Santiago war nicht nur lange Zeit die Hauptstadt der Republik, sondern hier formierte sich auch zuallererst der Widerstand gegen die haitianische Besetzung.
Am Denkmal angekommen, erwartet uns neben dem Ausblick über die Stadt und das im dunstigen Licht getauchte Cibao-Tal auch schon ein CD-Händler. Während die Kopien vieler anderer Verkäufer jedoch mit Vorsicht zu genießen sind, kann uns Hennie hier versichern, dass die Ware eine gute Qualität hat. Herunterhandeln sollte dafür zwar nicht möglich sein, als uns ein ganz paar Pesos für die drei Merengue-CD´s fehlten, stellte dies aber auch kein Problem dar.
Aber warum fehlten uns die paar Pesos? Natürlich sind wir nicht vor dem Denkmal stehen geblieben, sondern haben uns auch im Innern ein wenig angeschaut. Dabei haben wir uns leider von einem Einheimischen bedrängen lassen, der uns(auf Deutsch) ein wenig was über das Denkmal erklärte, um dann nach einer Spende für die Kinder am Fluss (?) zu fragen. Geglaubt haben wir ihm dies zwar nicht. Um problemlos wieder rauszukommen, hat er aber dennoch mit seiner Masche Erfolg gehabt. Ein Fehler unsererseits.
Schon beim Betreten des Raumes strömt uns der aromatische Duft getrockneter Tabakblätter entgegen. In zwei Reihen sitzen die Arbeiter und lauschen dem Vorleser, während sie mit flinken Fingern einzelne Blätter auf der Fläche vor ihnen ausbreiten, prüfen und glätten. Schnell wird klar, dass hier nur beste Ware verarbeitet wird. Was beim Rollen nicht der Vorstellung einer perfekten »Aurora-Zigarre« entspricht, wird mit einem Rundmesser abgeschnitten und verschwindet durch ein Loch in der Arbeitsplatte.
Diese Abfälle, so erzählt uns der Vorarbeiter, werden gesammelt und zur Herstellung von Marlboro-Zigaretten verwendet.
Doch nicht nur die Zigarren sind von feinster Qualität. Auch wer in diesem Raum arbeiten darf, genießt ein Privileg. Denn erst im Jahre 2003, zum 100jährigen Firmenjubiläum des Zigarrenherstellers León Jimenez, wurde das kleine Schaugebäude nach Plänen des ersten Firmenbaus rekonstruiert. Mit anderen Worten arbeiten die Zigarrendreher hier im Museum der größten Zigarrenfabrik der dominikanischen Republik.
Die Arbeiter stammen dabei alle von umliegenden, kleinen Zigarrenfabriken. Denn auch wenn die Firma León Jimenez vergleichsweise gute Löhne für die Akkordarbeit zahlt, ausgebildet wird hier nicht.
Dafür bekommt jeder Besucher einen Gutschein für ein Glas Bier. Schließlich ist die Firma León Jimenez nicht nur der bedeutendste Zigarrenhersteller, sondern zugleich die größte Brauerei des Landes und der Ausschank mit kleinem Bistro nur wenige Meter vom Schauraum entfernt.
Das Bistro allerdings ist mit Vorsicht zu genießen. Ist es nämlich im Verkaufsraum des »lebendigen Museums« schon recht kühl, läuft einem spätestens im stark klimatisierten Bistro ein kalter Schauer über den Rücken. Aber wer will schon drinnen sitzen, wenn es auch draußen genügend Platz und Stühle gibt, von denen man außerdem einen schönen Blick auf die gepflegte Gartenanlage der Firma mit mehreren Kalebassen-Bäumen hat?