Der Mattstock ist trotz seiner Höhe von 1.936 Metern oft schon nach den ersten warmen Tagen im Frühjahr gut zu bewandern. Denn anders als etwa beim Leistchamm oder den Churfirsten erfolgt der Aufstieg ab Amden auf der sonnigen Südseite. Tatsächlich finden wir es sogar die beste Zeit für eine Tour auf den Aussichtsberg zwischen den Churfirsten und Speer. Denn durch die Lage und Ausrichtung zur Sonne und dem Walensee wirkt die Wasseroberfläche wie ein Spiegel. Was zunächst reizvoll klingt, verwandelt die Südflanke des Mattstocks während der Sommermonate in einen Brutofen. Ausreichend zu Trinken sollte bei dieser Tour also immer dabei sei. Dann aber können wir uns auf eine Bilderbuchwanderung freuen, die mit reichlich schönen Momenten in den Bergen einhergeht.
Aufnahmen zu unseren schönsten Wandertouren in der Schweiz
Um 9 Uhr starten wir unsere Mattstock-Wanderung auf dem Parkplatz zwischen Dorfstrasse und Alte Poststrasse bei der Bushaltestelle »Amden, Post«. Ein paar Meter weiter befindet sich die Talstation der Sesselbahn von Amden nach Niderschlag. Wir jedoch wählen die andere Richtung, verlassen den Parkplatz auf der Talseite und folgen den gelben Wegweisern und Markierungen. Dabei kreuzen wir entlang eines Bachs zweimal die Hinterbergstrasse, eh wir Amden hinter uns lassen und über offene Almen hoch zur Bergstation der Sesselbahn steigen.
Nach etwa 40 Minuten erreichen wir Niederschlag (1211 m). Von hier sind es noch zehn Minuten bis zum oberen Ende der Sesselbahn von Amden (1292 m). Mit dem herrlichen Panorama des blau leuchtenden Walensees und den gegenüberliegenden Bergen im Rücken haben wir den Anstieg zur Bergstation bald geschafft. Die ersten gut 350 Höhenmeter sind damit bereits bewältigt. Im Gegensatz zur Beschreibung in unserem Rother-Wanderführer gibt es bei der Bergstation eine erste Möglichkeit zur Einkehr. Es ist zugleich die letzte Möglichkeit während der gesamten Tour. Neben unserer Tour auf den Mattstock ist die Bergstation außerdem ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen auf den Speer sowie über Letzbüel und Schwisolen nach Arvenbüel.
Von der Bergstation folgen wir den Wegweisern zur Alp Walau. Dabei durchqueren wir einen lichten Nadelwald, bevor wir das untere Ende der Alp erreichen. Allein die Vegetation zeigt, dass wir schon ein gutes Stück weiter oben sind. So entdecken wir etwas abseits vom Weg den ersten Clusius-Enzian (auch Echter Alpenenzian oder Kalk-Glockenenzian genannt).
Als nächste Besonderheit sehen wir Frühlings-Enziane (Schusternagerl, Himmelsbläueli oder Himmelsstengel), welche die gesamte Alp Walau und auch den Südhang des Mattstocks säumen. Die Lichtnelken, die wir auf den Almen bei Amden zuhauf gesehen haben, fehlen dafür genauso wie die Maikäfer, die uns weiter unten um die Ohren geflogen sind.
Beim Wegweiser der Alp Walau (1420 m) angekommen, legen wir eine erste kurze Pause ein und genießen bei herrlichem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen die Aussicht hinab zum Walensee und zu den umliegenden Bergen. Danach ändert sich der Charakter der Tour, wechseln wir vom gelb ausgeschilderten Wanderweg auf den weiß-rot-weiß markierten Bergweg.
Nach der Alp Walau gewinnen wir rasch an Höhe. Mit anderen Worten: auf dem steilen Bergweg zum Mattstock kommen wir sehr bald ins Schwitzen. Daran können auch die ersten Schneeflecken nichts ändern, die wir zwei Stunden nach Aufbruch in Amden erst passieren, dann überqueren müssen. Zugleich erfordert der Aufstieg Trittsicherheit, da der Weg über Geröllhalden verläuft, in denen die Lücken zwischen den Felsbrocken stellenweise noch vom Schnee verdeckt sind.
Nachdem wir einen schmalen Waldstreifen mit ersten kleineren Verbauungen durchquert haben, kommen wir in einen Bereich mit schweren Verbauungen. Zig Tonnen Stahl wurden unterhalb des Bergrückens installiert, um den Abgang von Schneelawinen zu verhindern. Ein Blick hinab ins Tal genügt, um zu wissen, wie wichtig die gewaltigen Schutzmaßnahmen für die Menschen hier oben sind. Denn bis zum fast 1000 Meter tiefer gelegenen Amden gibt es kaum Bäume, die eine größere Lawine bremsen oder gar stoppen könnten.
Die Arbeit am Berg kann für die Männer nur eine Plackerei sein. Denn außer einem Drahtseil, über das die schweren Stützen, Träger und Planken sowie der Beton für die Fundamente bis zu einer Schutzhütte hinauf gezogen werden kann, gibt es am Mattstock keine erkennbaren Hilfsmittel. Dabei ist der Aufstieg auch ohne Material oder Werkzeuge anstrengend genug. Wir zumindest suchen uns schon unterhalb des Gipfels eine windgeschützte Stelle für unsere erste richtige Rast.
Im oberen Bereich des Mattstocks wird der Aufstieg etwas knifflig. Es ist eine kurze Passage über steile Felsen mit hohen Tritten. Mit ein paar Minuten Anstrengung und Dank der im Fels fest verankerten Drahtseile lässt sich der Gipfel des Mattstocks aber ohne all zu große Mühe sicher erreichen. Da dieses letzte Stück nahe am Grat verläuft, ziehen wir erstmals während der Wanderung unsere Jacken an, eh uns der Wind um die Ohren bläst.
Oben auf dem Mattstock angekommen, erwartet uns neben der herrlichen Sicht auf den über 1500 Meter tiefer gelegenen Walensee eine schöne Aussicht zur benachbarten Aussichtskanzel Speer und, weiter rechts davon, zum Alpsteingebirge mit dem im Dunst kaum auszumachenden Säntis. Weitaus imposanter ist jedoch die Sicht auf die Südwestflanke des Mattstocks, eine stellenweise senkrecht abfallende Felswand, an der sich gerne Kletterer versuchen.
Das Gipfelbuch beweist schließlich, wie beliebt der Mattstock ist. Denn bei unserem Besuch sind beide in der Box enthaltenen Bücher bis auf wenige Seiten voll von Grüßen und Eindrücken der Wanderfreunde, die den Berg vor uns bestiegen haben. Ebenfalls oft genutzt wird sicherlich das Bänkle, das beim Gipfelkreuz zum Verweilen einlädt und auf dem auch wir pünktlich zur Mittagszeit eine Vesperpause mit selbst gebackenem Brot, lecker Landjägern und Schoki (unser Standardproviant) einlegen.
Gut gestärkt und mit der Ahnung, dass wir mehr zu Trinken hätten mitnehmen sollen, verlassen wir den Mattstock 25 Minuten später und steigen zur Alp Walau ab. Auf dem Weg dorthin fällt uns in dem Arvenwald, durch den der Bergweg einen Schlenker macht, ein Wirtschaftsweg auf. Leider sind wir uns nicht sicher, wo er genau hin führt, sodass wir die Abkürzung nach Ober Furgglen auslassen und stattdessen bis ganz zur Alp Walau hinabsteigen.
Als Konsequenz müssen wir von der Alp Walau ein ganzes Stück wieder nach oben laufen, bis wir zu der Stelle kommen, wo die nur 330 Meter lange Verbindung in den offiziellen Wanderweg nach Ober Furgglen mündet. Zum Vergleich: Der Umweg über den Wegweiser Alp Walau ist doppelt so lang und außerdem mit 80 zusätzlichen Höhenmetern verbunden. Mal ab gesehen davon, dass die Zeitangaben auf dem Wegweiser sehr optimistisch und damit deutlich unter der tatsächlichen Wanderzeit angegeben sind.
Der Abstieg über Ober Furgglen aber lohnt sich. Wobei Abstieg die Sache nicht so richtig trifft, da es von der Alp Walau wieder bis auf 1576 Meter hinauf geht. Gleiches gilt ab dem unteren Ende der Abkürzung. Wobei wir einen ganzen Teil der Strecke über eine geschlossene Schneedecke laufen müssen. Denn der Bergweg ist durch eine Kuppe zwischen dem Walensee und dem Mattstock deutlich weniger sonnenexponiert.
Dafür aber geht es hier deutlich ruhiger zu und bekommen wir hier das Gefühl, dass gleich nach der nächsten Kuppe die Hütte von Heidis Alpöhi (auch Almöhi) auf uns wartet. Auch ändert sich hier die Vegetation abermals. So stehen noch die weißen Frühlings-Krokusse in voller Blüte und entdecken wir in einer Felsspalte Primeln, die von der Blüte der Schlüsselblume ähneln. Es sind Aurikel, krautige Pflanzen mit fleischigen Blättern, die auf den kalkhaltigen Matten der nördlichen Kalkalpen und - wie in den Bestimmungsbüchern beschrieben - in Felsspalten wächst.
Vom Wegweiser Ober Furgglen führt der Weg hinab über eine abschüssige Alp in den Wald. Dort angekommen, verlassen wir die Bilderbuchlandschaft und kommen zu der Überzeugung, dass wir tatsächlich ein oder zwei Halbliterflaschen mehr hätten mitnehmen sollen. Denn nach den gut 1200 Höhenmetern Aufstieg kostet nun auch der Abstieg seinen Tribut und werden weder die Hütte bei Ober Furgglen, noch die Hütte bei Unter Furgglen bewirtschaftet.
Immerhin sind wir bei Unter Furgglen schon sechs Stunden (inklusive Pausen) unterwegs und ist das Ziel in Amden noch immer eine Stunde entfernt. Also eine Stunde, wenn wir dem Schild an der Hütte von Unten Furgglen glauben. Andererseits könnten wir hier eine zweite Verlängerung der Tour einbauen. Ein Weg oder Pfad ist so früh im Jahr auf der Alp zwar nicht zu erkennen, der Wegweiser zeigt von der Hütte aber eindeutig auf eine Stelle im Wald, wo es über Hasenboden nach Durschlegi und weiter nach Amden gehen soll. Wir bleiben auf dem Hauptweg.
Nach Unter Furgglen entdecken wir direkt am Wegrand mit der Buchsblättrigen Kreuzblume (Polygala chamaebuxus) eine weitere Pflanze, die wir noch nicht kannten. Dann mündet der Bergweg in einen Wirtschaftsweg und führt nach rechts durch den Bergwald steil hinab nach Durschlegi. Es ist ein langweiliger Weg ohne Ausblicke, der einem außerdem das Gefühl gibt, dass man in die falsche Richtung läuft. Schließlich befindet sich Amden links und nichts rechts von uns. Die einzige Abwechslung bieten hier Fieder-Zahnwurze, die sich in den schattigen Lagen unter den Bäumen behaupten können.
Nach gut einem Kilometern erreichen wir am unteren Ende des Wirtschaftswegs Durschlegi. Von hier bietet sich uns ein schönes Panorama über weite Teile des Walensees. Mehrere Bänke, Parkplätze und sogar eine rege genutzte Liegewiese zeigen, wie beliebt dieser Aussichtspunkt ist. So verweilen auch wir ein paar Minuten und lassen unsere Blicke über die herrliche Landschaft rund um den Walensee schweifen, eh wir über Brändi (1100 m), Mittenwald (1080 m) und Roma (960 m) wieder nach Amden hinunter spazieren. In dem beliebten Ferienort endet an späten Nachmittag diese anstrengende, aber auch richtig schöne Wanderung.
Die Anfahrt zur Wanderung auf den Mattstock erfolgt über die A3 Zürich - Chur. Bei Weesen bzw. Ausfahrt 45 abfahren. Nach der Ausfahrt den Schildern über die Bergstraße bis Amden folgen. Entlang der Hauptstraße gibt es kleine Parkplätze. Diese sind gebührenpflichtig, aber dafür mit sanitären Anlagen ausgestattet. Parkmöglichkeiten bestehen ferner gegenüber der Haltestelle Amden-Post.
Ausgangspunkt | Amden Pst (909 m) |
Koordinaten | N 47.1493, E 9.1412 |
Gehzeit | 6.30 Stunden |
Distanz | 13,2 km |
An-/Abstiege | knapp 1200 m |
Grad | T2, im oberen Bereich T3, gute Kondition erforderlich |
Einkehr | Bergrestaurant Walau, auf weiten Teilen der Strecke keine |
Beschilderung | Ab Amden Post einfach den Schildern Richtung Mattstock folgen. Der Rückweg erfolgt über Durschlegi, dann Richtung Amden bzw. Amden Post. |
GPS-Daten | Wanderung Mattstock gpx |
KML-Daten | Wanderung Mattstock kml |