Der Mürtschenstock bildet mit seinen bis zu 2.441 Meter hohen Gipfeln und den nach Osten und Westen steil abfallenden Rippen und Rinnen einen optisch eigenständigen Gebirgszug. Südlich des Walensees gelegen ist das Massiv von einer gleichermaßen ruhigen wie traumhaft schönen Landschaft umgeben. Da die Wanderung um den Mürtschenstock herum führt, eignet sich diese Tour auch an Tagen mit etwas unsicherer Witterung bzw. nicht allzu guter Fernsicht. Denn selbst wenn der Ruchen, Fulen und Stock sowie die Gipfel der umliegenden Berge von Wolken verhangen sind, genießt man in den Tälern westlich und östlich des Murtschenstocks immer noch eine schöne Sicht in die Bergwelt.
Fahrt mit den Sportbahnen Kerenzerberg von Filzbach nach Habergschwänd und Eindrücke einer Rundwanderung um den Mürtschenstock mit dem Meerenboden.
Nach der Anreise über Filzbach parken wir bei den Sportbahnen Kerenzerberg. Von dort fahren wir mit dem Sessellift bequem den Kerenzerberg bis zur Bergstation Habergschwänd hinauf und können unterwegs die ersten schönen Eindrücke sammeln. Gleichzeitig sollte man sich spätestens jetzt gut überlegen, ob man die rund 18 km Wegstrecke und knapp 1.200 Höhenmeter bis zur letzten Abfahrt des Sessellifts schafft. Oder ob man nicht lieber im Bergrestaurant Habergschwänd übernachten und am nächsten Tag noch eine zweite, kürzere Wanderung anhängen möchte. Andernfalls kann es leicht passieren, dass man an die Tour um den Mürtschenstock noch den Abstieg zur Talstation in Filzbach anhängen muss.
Noch bevor wir uns auf die Strecke begeben, lernen wir im Bergrestaurant Habergschwänd Nicole kennen. Zusammen mit Sonja und Ruedi Pfiffner-Eberhard, die das Restaurant seit Januar 2013 leiten, bietet sie den Gästen vom Habergschwänd neben einfachen Menüs und bequemen Sitzmöglichkeiten eine herrliche Aussicht über den Walensee zu den Churfirsten und, westlich davon, zum Leistchamm und Mattstock.
Wer sich für eine Übernachtung im Bergrestaurant Habergschwänd entscheidet, hat die Wahl: entweder im Massenlager über dem Restaurant oder auf dem urigen Dachboden des benachbarten Stalls. Je nach Geschmack kann man sein Lager auf einer Schicht Heu, im Strohbett oder auch auf einer ganz normalen Matratze aufschlagen. Platz gibt es reichlich. Was allerdings nicht unbedingt heißt, dass man hier nur als große Gruppe reinkommt. So hat am Tag vor unserer Wanderung eine Familie mit zwei Kindern hier oben im Heu geschlafen.
Beliebt ist Habergschwänd auch bei Vereinen und Firmen. Als Gründe hierfür nennt uns Nicole den nahen Hochseilgarten und die »ultimative Älplerolympiade«. Bei dieser versprechen Disziplinen wie Kuhfladengolfen, Bauernkegeln und Kuhmelken einen Heidenspaß. Zudem können die Teilnehmer ihr Geschick und musikalisches Können beim Armbrustschießen und Alphorn dudeln beweisen. Wir aber sind zum Wandern da, womit wir es bei ein paar schönen Augenblicken von der Terrasse des Restaurants belassen, eh wir dem Wegweiser »Habergschwänd« Richtung Hüttenberge bergab in den Wald folgen.
Nach 600 Meter ab der Bergstation verlassen wir das aussichtsreiche Habergschwänd und folgen der Straße hinab durch einen Mischwald. An einigen Stellen blühen Nesselblättrige Glockenblumen. Aber auch Blauer und Gelber Eisenhut, Zaun-Wicke und der Rote Fingerhut geben am Wegrand einen ersten Vorgeschmack auf die Artenvielfalt in der Ostschweiz.
Wenige Meter oberhalb einer Alp wechseln wir links auf einen Pfad. Im Vergleich zur Straße kürzen wir damit ein paar Meter ab. Offenbar sind wir nicht die einzigen, die sich heute die Tour um den Mürtschenstock vorgenommen haben. So stehen bereits einige Fahrzeuge auf dem Parkplatz »Vorder Tal«. Die Mehrzahl der Fahrer wird später einen Strafzettel am Wagen vorfinden, nur weil sie den mehrere Kilometer (!) entfernten Ticketautomaten übersehen haben.
Von der Alp bzw. dem Wegweiser Scheidweg laufen wir geradeaus weiter, sodass wir auf der Rückseite der Gebäude durch eine kleine Senke kommen. Nach einem kurzen Zwischenanstieg geht es dann über einen mit Geröll befestigten Weg hinab zur Zufahrtsstraße nach Hüttenberge. Der Weg dorthin wird nicht nur von Wanderern, sondern auch von Radfahrern genutzt, sodass wir uns auch an den Schildern des Radwegs 301 orientieren können. Andersherum sollten Radfahrer bei der bis zu 40 Prozent steilen Abfahrt aufpassen, da sich Teile des Wegs innerhalb einer Viehweide befinden. So können wir eine Gruppe Mountainbiker gerade noch rechtzeitig warnen, eh diese in einen quer über den Weg gespannten Draht hinein rasselt.
Am Ende des Geröllwegs biegen wir rechts ab und spazieren über eine sanft ansteigende Straße nach Hüttenberge. Wer will, findet hier die erste Einkehrmöglichkeit auf der Strecke. Da wir erst eine Stunde unterwegs sind, laufen wir jedoch weiter. Bei der nächsten Weggabelung halten wir uns links, sodass wir direkt auf den nächsten Wald zulaufen und schließlich beim Wegweiser »Tritt« den Meerenbach überqueren.
Beim Wegweiser Tritt zweigt auf der rechten Seite des Wegs der Bergwanderweg nach Mürtschen ab. Wir jedoch laufen noch ein Stück weiter geradeaus, bis wir zu einer Bank kommen, von der sich eine weitere schöne Aussicht über den Walensee zum Mattstock und zur Aussichtskanzel Speer eröffnet. Für uns ist dies der perfekte Platz für eine erste kurze Pause.
Direkt nach der Bank biegen wir scharf rechts ab, sodass der Mürtschenstock wieder vor uns liegt, bis wir schließlich rechts von uns den Bergweg sehen, dessen Markierung wir weiter bergauf folgen. Im Vergleich zum direkten Weg ab »Tritt« haben wir damit zwar einen circa 1000 Meter langen Umweg gemacht. Dies ist aber nicht weiter schlimm, da die Steigung auch nur rund ein Drittel so groß ist. Das auch vor dem Hintergrund, dass der weitere Aufstieg oberhalb des Meerenbachs noch einige Steilpassagen für uns bereit hält. Eine zweite Möglichkeit, die Höhenmeter zu strecken, ergibt sich bei der Alp Alt Stafel. Viel falsch machen kann man auf diesem Stück nicht, solange man sich nur immer bergauf und in der Nähe des Meerenbachs hält.
Oben angekommen, eröffnet sich uns schließlich eine beeindruckende Sicht über den Meerenboden zur Ostseite des Mürtschenstocks. Immer noch rechts von uns schlängelt sich der Meerenbach durch die steinige Ebene. Auch wenn wir keine Pause brauchen, verweilen wir ein paar Minuten auf einer Brücke und lassen die traumhafte Landschaft auf uns wirken. Allzu viel Zeit dürfen wir jedoch nicht vertrödeln, da die Sonne bereits hoch am Himmel steht, während wir noch nicht einmal die Hälfte der gesamten Strecke bewältigt haben.
Was sollen wir sagen? Am oberen Ende vom Meerenboden wartet mit dem Aufstieg zum Robmen die nächste steile Passage auf uns. Bei einer Steigung von bis 27 Prozent kommen wir nur langsam voran. Die Mittagshitze tut das ihre, sodass unser Wasservorrat rasch schwindet. Zum Glück haben wir die Ostseite des Mürtschenstocks mit seinen Hauptgipfeln Ruchen, Fulen und Stock (von links nach rechts) bereits ausgiebig angeschaut. Denn nun brauchen wir unsere Kraft für andere Dinge.
Um so schöner ist das Gefühl, endlich oben angekommen zu sein. Wenn auch der höchste Punkt der Wanderung noch vor uns liegt, haben wir die meisten Höhenmeter und steilsten Abschnitte der Tour geschafft. Ein am Wegweiser »Robmen« angebrachtes Schild verspricht uns zudem, wenige Schritte abseits des Wegs einen Kaffee zu bekommen. Leider bleibt es beim Versprechen, da die Hütte bei unserer Ankunft geschlossen ist. Dafür aber erreichen wir nach einem kurzen Stück Richtung Spanegg-Talalpsee einen Brunnen mit frischem Wasser.
Beruhigt, dass unsere Wasservorräte jetzt trotz der zunehmenden Wärme reichen werden, kommen wir ein kurzes Stück weiter zu einer Badewanne. Aber was heißt hier Badewanne? Es ist eine einfache Variante eines Kneipp-Beckens. Oder besser gesagt: eine kältere Variante. Denn bei dem Wasser, das der Wanne zugeführt wird, handelt es sich um Schmelzwasser der auch im August noch existenten Schneefelder des Mürtschenstocks.
Eine Stunde nach der alpinen Kneipp-Wanne und der wohlverdienten Mittagspause auf einem Felsen nahe einer Pfeifengraswiese (mit Schnittlauch) passieren wir Ober Mürtschen, den südlichsten Punkt der Wanderung. Wer Glück hat, findet in der Alp eine weitere Möglichkeit zur Einkehr. Leider drängt uns nach den vielen kleinen Pausen die Zeit, sodass wir ohne zu Verweilen den Mürtschenfurggel in Angriff nehmen müssen.
Nach einem abermals schweißtreibenden Aufstieg eröffnet sich uns auf dem Mürtschenfurggel eine schöne Sicht auf den Schilt, (Glarner) Fronalpstock, Schijenstock und Nürenchamm. Währenddessen erfreuen uns am Wegrand Bärtige Glockenblumen, der dem Gelben Enzian ähnelnde Weiße Germer und größere Fluren mit Grauen Alpendost. Zugleich wird deutlich, dass dem Wetter hier oben nicht mehr zu trauen ist. Denn trotz des Sonnenscheins wirkt die Luft inzwischen deutlich feuchter als noch am Morgen.
Tatsächlich dauert es nur eine gute halbe Stunde, bis sich das Wetter komplett ändert. Waren erst nur vereinzelte Wölkchen am Himmel zu sehen, waren die Gipfel des Mürtschenstocks von den Wolken verdeckt. Noch eh wir den Spaneggsee, einen Karstsee ohne oberirdischen Abfluss, passieren bzw. die Moräne eines bis auf ein geschütztes Schneefeld abgeschmolzenen Gletschers überqueren, ist der Himmel komplett zugezogen.
Bei nun deutlich kühleren Temperaturen steigen wir über einen teilweise neu angelegten Pfad durch das Iwäldli hinab nach Talgäden. Hätten wir nicht über 1.000 Höhenmeter in den Beinen, wäre es ein leichter Abstieg. So aber sind wir froh, als wir nach einem Links- und einem Rechtsbogen endlich in ebenes Terrain und schließlich zum Talalpsee gelangen.
Auf dem Weg dorthin treffen wir auf drei Kletterer. Im Gegensatz zu uns sind sie schon um 5 Uhr in der Früh aufgebrochen und nicht um den Mürtschenstock herum gewandert, sondern irgendwie darüber hinweg gestiegen. Dies allein hätte gereicht, um uns zu beeindrucken. Doch die zwei Jungs und ein Mädel gehen noch weiter und nutzen den Talalpsee für einen erfrischenden Abschluss ihrer Tour. Erst später erfahren wir, dass der Talalpsee trotz seiner Lage inmitten hoch aufragender Berge gar nicht so kalt, sondern im Sommer um die 23 Grad warm ist.
Von Blitzen und Donnern begleitet erreichen wir schließlich das Bergrestaurant Talalpsee. Und damit gerade rechtzeitig, um vor dem folgenden Gewitterschauer ins Trockene zu flüchten. Zu unserem Glück haben die anderen drei bei »Vorder Tal« geparkt und genug Platz, um uns mitzunehmen. So können wir uns den 35-minütigen Aufstieg nach Habergschwänd bzw. den Abstieg zur Talstation sparen und diese wunderschöne, wenn auch anstrengende Tour in geselliger Runde abschließen.
Die Anfahrt zum Ausgangspunkt erfolgt über die A3, Ausfahrt 47 Kerenzerberg. Weiter bergauf über die Kerenzerbergstrasse bis Filzbach, dort links in die Obermatt abbiegen und den Schildern zur Talstation der Sportbahnen Kerenzerberg folgen.
Alternativ kann man die Bergstraße bis 500 Meter vorm Talalpsee fahren. Das Ticket für die oben gebührenpflichtigen Stellplätze gibt es unten am Automaten, den man nach den gebührenfreien Parkplätzen der Sportbahnen passiert. Es wird streng kontrolliert!
Ausgangspunkt | Berggasthof Habergschwänd |
Koordinaten | N 47.1178, E 9.1275 (Talstation) |
Gehzeit | 7 bis 8 Stunden |
Distanz | 18,5 km |
An-/Abstiege | knapp 1200 m |
Grad | T2, sehr gute Kondition erforderlich |
Einkehr | Einkehrmöglichkeiten bestehen beim Ausgangspunkt mit dem Berggasthaus Habergschwänd, in Hüttenberge und am Talalpsee. |
Beschilderung | ab Habergschwänd Richtung Hüttenberge, nach Überqueren des Meerenbachs beim Wegweiser Tritt entweder gleich rechts ab oder erst nach Erreichen einer Bank mit Sicht auf den Walensee (dort ohne Beschilderung). Weiter über Robmen, Mürtschenalp und Mürtschenfurggel (sowie Richtung Filzbach) zum Talalpsee. |
GPS-Daten | Wanderung Mürtschenstock gpx |
KML-Daten | Wanderung Mürtschenstock kml |