Wanderung auf den Tanzboden

Von Üetliburg nach Rieden

Der Tanzboden ist für seine tolle Rundumsicht zum Alpstein und Speer sowie nach Untertoggenburg und den Zürichsee bekannt. Etwas unterhalb des Gipfels wird das urige Gasthaus als Geheimtipp gehandelt. Während des Sommers treffen sich Biker und Wanderer. Im Winter führen dann Schneeschuhtrails und Winterwanderwege auf den technisch eher anspruchslosen Berg. So können wir selbst dank eines milden Winters bereits Mitte Februar den Aufstieg von Üetliburg aus wagen. Bei einer vorgegebenen Dauer von sieben Stunden und einer angegebenen Höhendifferenz von circa 900 Metern ist jedoch klar, dass sie uns konditionell einiges abverlangen wird. Immerhin befindet sich ein großer Abschnitt der Wanderung in Höhenlagen über 1.000 Meter. Damit wird sicher noch das ein oder andere Schneefeld auf uns warten.

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Erste Etappe von Üetliburg zum Berggasthaus Rämel

Nachdem wir in Üetliburg die Zufahrt zum Großparkplatz gefunden haben, laufen wir zunächst zur Talstation vom Sessellift Gommiswald. Von hier führen zwei Wege hinauf nach Rämel. Normal wählt man die Variante links vom Sessellift. Da wir noch nicht ganz wach sind, biegen wir jedoch nach rechts ab und laufen eine Runde durch Üetliburg, bevor wir einem idyllisch plätschernden Bach durch ein steiles Waldstück hinauf zum Berggasthaus Rämel folgen.

Dort angekommen haben wir die ersten 200 Höhenmeter der Wanderung geschafft und können erstmals auf den diesigen Zürichsee hinab schauen. Obwohl es ein sonniger Morgen ist, wirkt der Berggasthof Rämel verlassen. Vor Ort machen wir den fehlenden Schnee des tiefer gelegenen Skigebietes dafür verantwortlich. Erst später erfahren wir, dass die Lifte beim Rämel seit Jahren still stehen. Aufgrund von gravierenden Sicherheitsmängeln wurde die Betriebserlaubnis im Jahr 2005 entzogen. Seitdem liegt auch das gesamte Skigebiet brach und können Naturschützer hoffen, dass die Anlagen zugunsten von Bergwiesen irgendwann komplett zurückgebaut werden.

Aufstieg zum Berggasthaus Egg

Bei Rämel haben wir erneut zwei Möglichkeiten für den weiteren Aufstieg bis nach Egg. Führt der linke Weg mehr durch den Wald, wählen wir wieder die rechte Seite und kommen dadurch auf offenes Weidegelände. Im Sommer wird dies für Mutterkuhhaltung genutzt. Für den Wanderer heißt das dann, einen möglichst großen Abstand halten, denn wenn die Kühe ihre Kälber in Gefahr sehen, werden sie ungemütlich.

Nachdem wir einen Bachlauf überquert haben, stehen wir hingegen vor einem anderen Problem: Wo bitte schön geht der Weg weiter? Auf den Grasmatten verliert sich der Trampelpfad, sodass uns nur gelbe Markierungen an entfernten Bäumen bleiben. Hier ist es wohl am besten, immer nur schräg nach oben zu laufen. Auf keinen Fall aber bergab, will man nicht unnötige Höhenmeter auf sich nehmen.

Auch wenn der Aufstieg über die Grasmatte und dem oben angrenzenden Waldstück anstrengend ist, so dauert es doch nur 30 Minuten ab Rämel, bis wir diesen Abschnitt hinter uns haben und die Geländeschulter Obere Bärüti (1.051 m) erreichen. Anstelle des Zürichsees sind es nun die vom Wald umschlossenen Bergwiesen, die unsere Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Doch das ist längst nicht alles. Auf einmal sehen wir einen jungen Steinadler, der bei seiner Jagd hoch über uns seine Kreise zieht, am Boden nach unvorsichtigen Kleinsäugern sucht und sich gleichzeitig einer Krähe erwehren muss. Wow, mit einem Adler hatten wir in dieser Gegend nicht gerechnet.

Schneefelder bei der Oberen Bärüti

Bei der Oberen Bärüti müssen wir erstmals ein geschlossenes Schneefeld überqueren. Zum Glück ist der Schnee griffig, sodass wir auch ohne unsere (im Kofferraum gelassenen) Wanderstöcke gut voran kommen. Etwa 1:45 Stunden nach dem Aufbruch in Üetliburg erreichen wir das Berggasthaus Egg. Damit haben wir rund 530 Höhenmeter bewältigt und allen Grund für eine erste Pause. Das Wetter ist wirklich toll. Also dafür, dass wir uns auf 1.200 Meter befinden und eigentlich noch tiefer Winter herrschen sollte, sind wir doch angenehm überrascht, dass wir mit offener Jacke und ganz ohne zu frieren auf der Terrasse sitzen und die herrliche Bergluft genießen können.

Aufstieg vom Berggasthaus Egg zum Regelstein

Im Sommer ist es vom Berggasthof Eck nur ein lockerer Spaziergang von etwa 30 Minuten bis zum Regelstein. Ganz anders sieht die Sache bei Schnee aus: Schritt für Schritt knirscht es kräftezehrend unter unseren Füßen. Die geringe Steigung zwischen Egg und dem Regelstein reicht aus, dass die Wanderschuhe trotz ihres griffigen Profils jedes Mal ein winziges Stückchen zurück rutschen. Für Annette entpuppt sich der Weg als Plackerei. Denn nicht genug, dass sie prinzipiell nicht so gerne über Schnee läuft, hat sie ihre Fitness im Berggasthaus vergessen.

Regelstein der Heiligen Regula

Dennoch schaffen wir es in der vorgegebenen Zeit hinauf zum Regelstein oder auch Regulastein. Benannt ist der Findling nach dem Heiligen Regula, der mit seinem Bruder Felix beim Martyrium der thebäischen Legion floh und Anfang des 4. Jahrhunderts als Christ hingerichtet wurde. Beide Heilige sind heute Patrone der Stadt Zürich. Bei dem Findling handelt es sich um einen aus der Bergwiese ragenden Kalkblock. Vor Ort lesen wir, dass er wahrscheinlich während der Risseiszeit auf dem Rücken eines mächtigen Gletschers an seinen heutigen Standort getragen wurde. Zu jener Zeitepoche war die Eisschicht 300 Meter mächtiger als in der letzten Eiszeit. Dadurch ragten nur die obersten Gipfel und Gräte der Speer-Hörnli-Kette aus der Inlandvereisung, deren Zeuge bis heute der Regulastein ist.

Vom Regulastein sind es noch 15 Höhenmeter bis zum ersten Gipfel der Wanderung. Danach soll es laut der Grafik unseres Wanderführers bis Stotzweid stetig bergab gehen. Doch weit gefehlt. Es folgt zwar zunächst ein steiler, bei Schnee unbequemer Abstieg bis Spitzmoos. Nachdem wir eine sonnige Lichtung für eine erste längere Pause genutzt haben, führt der Wanderweg jedoch wieder 70 Höhenmeter nach oben, bevor wir auf der anderen Seite Breitenau erreichen. Erst ab da geht es, abgesehen von kleineren Buckeln, bergab bis zur Sommerwirtschaft Oberbächen.

Wanderweg zum Tanzboden

Bei Oberbächen zweigt der Wanderweg zum Tanzboden nach rechts in den Wald ab. Die vielen Spuren auf der platt getretenen Schneedecke zeigen, dass die Wanderung auch im Winter beliebt ist. Da es auf diesem Abschnitt zum Naturfreundehaus Stotzweid nur sachte bergauf und bergab geht, können wir wieder Kraft sammeln, bevor wir die letzten 250 Höhenmeter der Tour in Angriff nehmen.

Schade übrigens, dass wir die Wanderstöcke im Auto gelassen haben. Denn schon der Anstieg von Stotzweid zur nächsten Geländekante hat es durch den Schnee in sich. Hier gilt es, bloß nicht zu schnell nach oben laufen, sondern behutsam einen Schritt nach den anderen zu setzen, bis die Kante erreicht ist. Zugleich müssen wir einerseits aufpassen, auf dem festgetrampelten Pfad nicht wegzurutschen, und andererseits nicht in den Tiefschnee direkt daneben zu treten. So beweisen ein paar Trittlöcher direkt neben dem Pfad, dass man hier schnell mal versacken kann.

Alpwirtschaft Tanzboden

Nach der Geländekante folgt der nächste Hang. Da wir uns inzwischen an das gemächliche Tempo bergauf gewöhnt haben und sich Annette vom Anstieg auf den Regelstein erholt hat, kann uns dieser aber nicht mehr schrecken. Im Gegenteil: da wir das Dach der Alpwirtschaft Tanzboden sehen, geht es bald wie von alleine über den Toggenburger Höhenweg hinauf bis zur Abzweigung Tschochen. Von dort ist es schließlich eine leichte Gratwanderung bis zur wohl verdienten Einkehr direkt unterhalb des Gipfels.

Im Gegensatz zum Restaurant Oberbächen ist die Alpwirtschaft Tanzboden das ganze Jahr über geöffnet. Lediglich in der Übergangszeit wird nur eingeschränkt bewirtet. Was uns nicht wundern muss. Denn neben der langen Wanderung von Üetliburg führt vom Wanderparkplatz Müselen ein hübscher, auch im Winter gut präparierter Weg hinauf auf den Tanzboden. Von hier oben hat man eine gute Sicht auf die Bergkette Speer-Hörnli. Auch die Churfirsten (die Nordseite der Gipfelkette) und der Säntis sind in der Ferne zu sehen. Damit eröffnet sich uns ein Panorama, das die Mühe sicher wert war. Bevor wir hinauf zum Gipfel des Tanzbodens steigen, gönnen wir uns jedoch erstmal eine köstliche Fleischsuppe - mitsamt einem Liter Rivella...

Abstieg nach Müselen

Nach 40 Minuten verlassen wir den Tanzboden und laufen über den bekannten Grad zurück zur Abzweigung Tschochen. Trotz des Schnees fühlt sich die Luft hier oben wärmer an als bei einigen anderen Wanderungen, die wir im späten Frühling oder Sommer absolviert haben. Es ist einfach herrlich, die frische Luft zu atmen und die Stille zu genießen, während die Februarsonne auf einen herab scheint. Zugleich werden wir Zeuge über die vielen Möglichkeiten, die der Tanzboden in dieser Jahreszeit bietet. Zwei junge Frauen rodeln auf Schlitten ins Tal hinab, ein Ehepaar kommt uns mit Tourenskiern entgegen und selbst Schneeschuhwanderer sind auf dem präparierten Weg unterwegs. Die meisten aber tragen Wanderschuhe - die auf dem griffigen Untergrund auch völlig ausreichen.

Abstieg über Müselen

Von Tschochen folgen wir den Schildern Richtung Alp Stock und dann hinunter nach Müselen. Bis zur nächsten Bergwirtschaft ist das Gefälle gering, dann aber erwarten uns steile Passagen, die uns rasch bis auf 960 Meter bei Müselen herab führen. Unten angekommen, erreichen wir einen Wanderparkplatz. Mittlerweil sind wir 6:30 Stunden (inklusive Pausen) unterwegs. Hinzu kommt, dass das Laufen über Schnee sowie die Anstiege mit insgesamt rund 1.000 Höhenmeter einiges an Kraft gekostet haben. Kurzum, wir würden die Wanderung gerne hier beenden. Zu dumm nur, dass unser Auto in Üetliburg steht.

Wohl oder übel müssen wir über die Bergstraße bis nach Rieden laufen, was nochmals 40 Minuten Fußmarsch bedeutet. Wie im Wanderführer vorgeschlagen, wollen wir dort den Postbus bis nach Üetliburg nehmen. Da es nur noch leicht bergab geht, sollte dies auch kein Problem sein. Doch wir haben Glück: Bevor wir Rieden erreichen, hält ein älterer Wanderer seinen Wagen und fragt, ob wir ein Stück mitfahren möchten. Weil er nicht weiß, wann der nächste Postbus fährt, nimmt er sogar einen Umweg in Kauf und bringt uns bis zum Großparkplatz in Üetliburg zurück, wo eine teils anstrengende, insgesamt aber überraschend schöne Tour endet.

Wanderkarte zur Tour von Üetliburg nach Rieden

Von der A3 Zürich - Chur bei Reichenburg bzw. Ausfahrt 42 auf die A53 abfahren, eine oder zwei Ausfahrten weiter (16 oder 15) von der A53 nach Uznach abfahren und der Beschilderung über die 9/17 und Rickenstrasse durch Uznach und Gommiswald bis Üetligburg folgen. Der Parkplatz befindet sich in der Ottenhofenstrasse.

AusgangspunktÜetliburg (680 m)
KoordinatenN 47.2396, E 9.0273
Gehzeit5 bis 6 Stunden bis Rieden, bei Schnee erheblich mehr
Distanz16,4 km
An-/Abstiegeca. 950 m
GradT2, bei Schnee gut Kondition erforderlich
EinkehrEinkehrmöglichkeiten bestehen in Rämel, Egg, auf dem Tanzboden sowie auf dem Weg nach Müselen und in Rieden. Zusätzlich ist im Sommer auch in Oberbächen eine Einkehr möglich.
BeschilderungRämel (876 m), Egg (1.204 m), Regelstein (1.315 m), Tanzboden (1.443), Müselen (960), Rieden (717)
GPS-DatenWanderung Tanzboden gpx
KML-DatenWanderung Tanzboden kml

Wanderkarte Tanzboden

Höhenprofil

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