Die Athabasca Falls zählen zu den mächtigsten und atemberaubendsten Wasserfällen in den Rocky Mountains. Der Athabasca River donnert hier an einer Engstelle 23 Meter tief in eine darunter liegende Klamm. An mehreren Stellen strudelt das Wasser durch tiefe Löcher im Fels. Es sind Gletschermühlen. Diese geologischen Besonderheiten können entstehen, wenn Steine in einer Vertiefung hängenbleiben und vom Wasser immerzu im Kreis bewegt werden. Dieser Vorgang kann sich teils über mehrere Jahrhunderte erstrecken. Zurück bleiben runde Ausbuchtungen im Fels. Ähnliches kennen wir vom Krai-Woog-Gumpen, einer kleineren Gletschermühle im Hotzenwald, und der Breitachklamm bei Oberstdorf.
Eindrücke vom Columbia Icefield in British Columbiaund den schmelzenden Gletschern von Kanada.
Das Wasser selbst ändert im Jahreslauf seine Farbe. Wie wir werden die meisten Besucher den Athabasca River im Sommer milchig weiß erleben. Grund für die weiße Trübung ist das Schmelzwasser der Gletscher auf dem Columbia Icefield. Dieses ist reich an Gesteinspartikeln. Der als Gesteinsmehl bekannte Schlamm bleibt als Schwebstoff in dem rauschenden Wasser gelöst. Bei größeren Partikeln wechselt die Farbe ins Graue. Dies ändert sich, wenn in der kalten Jahreszeit die Gletscher nicht weiter abschmelzen. Der Athabasca River wir dann vor allem von Regenwasser und geschmolzenem Schnee gespeist. Es verbleiben dann einzig mikroskopisch kleine Partikelchen im Wasser. Weil diese nur die grünen und blauen Teile des Lichtspektrums reflektieren, erscheint der Fluss dann eisblau.
Unser Spaziergang durch den Athabasca Canyon gleicht einer Zeitreise. Auf dem gut gesicherten Trail können wir an den Ausbuchtungen an den Felswänden ablesen, wo sich früher einst Gletschermühlen befunden haben. Auch die Gletschermühlen, die heute im eingeengten Fluss aktiv sind, werden sich irgendwann als weitere Ausbuchtungen in der Wand abzeichnen. Der Canyon wird dann nochmals ein Stück tiefer sein.
Eine Besonderheit ist der »Time Tunnel«. Wie bei einem Altarm eines Flusses handelt es sich um einen Kanal, durch den einst ein Teil des Flusses polterte. Weil sich dieser Arm weniger schnell vertiefte als ein anderer, fiel er trocken. Dadurch können wir trockenen Fußes die Schöpfungskraft des Wassers bewundern. Oder, wie es vor Ort heißt: »Hier hat der Fels die Jahrhunderte andauernde Schlacht gewonnen. Aber die Narben bleiben.«