Der Lake Louise ist das bekannteste und wichtigste Ausflugsziel im Banff Nationalpark. Das lässt sich allein an der großen Anzahl an Parkplätzen entlang der Straße zum See ablesen. Hinzu kommen etliche Busse, die Lake Louise ansteuern. Beides zusammen sorgt regelmäßig dazu, dass ganze Heerscharen an Ausflugsgästen über die Seepromenade herfallen. So haben wir in einigen Reiseberichten gelesen, dass der Lake Louise »leider völlig überrannt« ist. In gewisser Weise stimmt dies auch. So haben die Streifenhörnchen längst herausgefunden, dass sie im Bereich zwischen der Zufahrt und dem Seeufer nicht lange suchen müssen, um etwas Verwertbares zu finden. Wo sonst kommen die possierlichen Nager in den Genuss von Erdbeeren? Menschen betrachten sie schon lange nicht als bedrohliche Gefahr, sondern als zuverlässige Garanten für einen satten Bauch.
Eindrücke von den Ausflügen und Wanderungen während unserer Rundreise durch Kanada.
Dem aller größten Trubel aus dem Weg gehen, ist jedoch zum Glück denkbar einfach. Es reicht, ein wenig früher als die organisierten Reisegruppen aufzubrechen. So verlassen wir selbst die Deer Lodge bereits um 8 Uhr. Während die ersten Besucher mit dem Pkw eintreffen, können wir uns dadurch in Ruhe auf der Seepromenade umsehen und schon einmal die verschiedenen Hinweisschilder studieren. So lesen wir vor Ort, dass auch im Lake Louise die Färbung des Wassers stark vom Anteil feinster Schwebstoffe abhängt. Diese gelangen mit dem Schmelzwasser von sechs Gletschern in den See. Ebenfalls durch den Einfluss der Gletscher erreicht das bis zu 70 Meter tiefe Wasser selbst im Sommer nur an die 10 Grad Celsius. Von November bis in den Juni hinein kann die Wasseroberfläche zugefroren sein.
Als wir schließlich zu unserer geplanten Wanderung aufbrechen, fällt uns gerade noch rechtzeitig ein weiteres Schild auf. Laut diesem werden in den beiden Teehäusern am Lake Agnes und am Trail zur Plain of Six Glaciers keine Kreditkarten akzeptiert. Trotz unserer bisherigen Erfahrungen in den Kanadischen Rockies können wir nicht wirklich abschätzen, wie viel Geld wir auf der Strecke brauchen werden. Bevor es lange Gesichter bei einer der beiden bewirtschafteten Hütten gibt, wird damit das Fairmont Chateau Lake Louise zu unserem ersten Ziel des Tages .Der heute riesige Komplex geht auf ein zu Beginn einstöckiges Holzhaus zurück. Dieses hatte Cormelius Van Horne als Generalmanager der kanadischen Eisenbahngesellschaft hier 1890 für Abenteurer und Bergsteiger errichten lassen. Neben dem zentralen Bereich, der als Esszimmer, Büro, Bar und Treffpunkt diente, besaß die Hütte damals zwei kleine Schlafzimmer. Allein dadurch gilt der erste Bau als Geburtsort des kanadischen Bergsteigens.
Der Geburtsstunde folgte nur allzu bald der erste Todesfall. Bei einer im August 1896 kleinen, aber stark beworbenen Expedition auf den Mount Lefroy stürzte Phillip Abt ein Stück weit unterhalb des Gipfels. Er ging als der erste Mann in die Geschichte ein, der in den kanadischen Bergen sein Leben ließ. Nach dem ersten Schock beschloss die Canadian Pacific Railway, zwei erfahrene Schweizer Bergführer anzuheuern. Sie sollten »die Gäste sicher zu den Gipfeln ihrer Träume führen«. Danach setzte ein regelrechter Boom am Lake Louise ein. Zu dessen imposanten Ergebnissen zählt der heute weithin sichtbare Komplex des Chateaus, der kaum Wünsche offen lässt. So findet sich neben diversen Geschäften ein großer Spa-Bereich mit daran angeschlossenem Fitnesscenter. Eltern können ihre Babys in Obhut geben und es werden mehrere Serviceleistungen für Geschäftsleute angeboten. Beim Frisör haben wir schließlich erfahren, wo wir den nächsten Geldautomaten finden...