Schon bei der Fahrt in die Innenstadt von Vancouver fällt uns auf, wie sauber die Stadt ist. Zudem sehen wir sehr viele Fahrräder. Diese gibt es in so großer Zahl allerdings erst seit ein paar Jahren. Denn zur Winterolympiade 2010 wurde das Verkehrssystem von Vancouver neu geregelt und deutlich fahrradfreundlicher ausgebaut.
Dadurch ist es heute gut möglich, die teils weiten Strecken zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten bequem auf dem Fahrrad zurückzulegen. Wer, wie die meisten Urlauber aus Europa, kein eigenes Zweirad dabei hat, kann sich eines mieten. Das ist zum Beispiel bei Spokes Bicycle Rentals in der West Georgia Street möglich. Helme sind Pflicht, auf Wunsch gibt es Fahrradschloss und Fahrradkorb dazu.
Bereits vor der Reise waren wir erstaunt über das Klima von Vancouver. Die Stadt befindet sich zwar im äußersten Südwesten von British Columbia, aber doch in Kanada, wo wir eigentlich sehr kalte Temperaturen im Winter erwartet hätten. Durch die geschützte Lage an einem Meeresarm, der Straße von Georgia, ist es dort stattdessen zwischen November und Februar wärmer als bei uns am Hochrhein (südlich vom Schwarzwald). Im Sommer ist es in Vancouver dann zwar nicht so sehr heiß, aber warm genug, dass wir uns beim Packen auf ganz unterschiedliche Bedingungen einstellen mussten.
Das ausgesprochen milde Klima ist sicher auch einer der Gründe, warum sich Vancouver zur größten Stadt im Westen von Kanada entwickelt hat. So leben inzwischen rund zweieinhalb Millionen Menschen im Regionaldistrikt Vancouver. Einen ersten bedeutenden Bevölkerungszuwachs erfuhr die nach Kapitän George Vancouver benannte Hafenstadt während des Fraser-Canyon-Goldrauschs in den 1860er Jahren. Der nur wenige Jahre andauernde Goldrausch hatte überhaupt erst zur Gründung der Kolonie British Columbia geführt.
Nach der offiziellen Stadtgründung am 6. April 1886 vernichtete am 13. Juni desselben Jahres ein verheerendes Feuer über 1000 Holzhäuser. Nur einen Tag nach der Brandkatastrophe begannen die Aufräumarbeiten und der Wiederaufbau. Durch die Entschlossenheit der Bürger, nicht aufzugeben, und dem bereits 1887 erfolgten Anschluss an die transkontinentale Eisenbahn setzte sich der wirtschaftliche Aufschwung bald fort. Begünstigt wurde dies auch durch die reichen natürlichen Ressourcen von British Columbia und die Eröffnung des Panamakanals 1914.
Heute zählt Vancouver regelmäßig zu den fünf Städten mit der höchsten Lebensqualität weltweit. So sind die Arbeitslosenzahlen und Kriminalität relativ niedrig. Nachlässig sollte man deshalb dennoch nicht werden. Denn andererseits wird uns als Touristen empfohlen, nachts nicht allein im Bereich zwischen Gastown und Chinatown zu spazieren. Auch waren wir uns bei einigen Personen im Zentrum nicht sicher, wer da im Einzelnen herumhängt. So ließen sich bei unserem Aufenthalt vermeintlich Obdachlose nur schwer von Rucksacktouristen unterscheiden. Aber so ist das halt. Während sich die einen in einer Notlage befinden, versuchen sich andere darin, die hohen Kosten für die Übernachtung im Hotel zu sparen.
Eine halbe Stunde nach der Ankunft am internationalen Flughafen von Vancouver werden wir im Listel Hotel freundlich empfangen. Schön finden wir, dass das Einchecken relativ schnell und mit nur wenig Bürokratie erledigt ist. So müssen wir nur Annettes Namen und meine Initialen auf dem Vordruck ergänzen. Welch einfache Bürokratie! Für den Fall, dass wir etwas im Zimmer vergessen sollten, werden wir außerdem gebeten, unsere Anschrift daheim anzugeben. Zudem gibt uns der nette Mitarbeiter an der Rezeption ein paar grundlegende Informationen zur Robson Street und der näheren Umgebung sowie einen Stadtplan von Vancouver mit.
Unser Zimmer, ein sogenanntes Museumszimmer, befindet sich im dritten Stock des Hotels. Es besteht aus einem kleinen Wohnzimmer mit zwei bequemen Couches und einem Schlafzimmer mit super bequemen Kingsize-Bett. Dort befindet sich auch der Zugang zum modern eingerichteten Bad mit Dusche und einer tiefer gelegten, geräumigen Badewanne.
Beide Räume verfügen über Klimaanlage, die wir allerdings gleich nach dem Betreten ausschalten. Der Tag unserer Ankunft in Vancouver ist zwar mit 32° Celsius der bisher wärmste in unserem Reisejahr. Da solche Temperaturen die Ausnahme bilden, ist das Zimmer dennoch angenehm kühl. Allein dadurch ist das Hotel eine gute Wahl, um nach dem Flug von Europa neue Kraft zu tanken.
Obwohl sich der Lift praktisch direkt neben unserem Zimmer befindet, ist davon nichts zu hören. Selbst die nahe Robson Street bekommen wir dank der sehr guten Schallisolierung nicht mit. So bleibt es schließlich an den Möwen, uns am nächsten Morgen extrem früh aufzuwecken. Aber wie hatten wir mal gelesen? Wenn die Möwe schreit, ist Sommer. Oder schreien sie nur deshalb so laut, um sich bei Wind und Sturm verständigen zu können? Egal. Dafür sind wir, zusammen mit anderen frisch angereisten Europäern, die ersten Gäste beim Frühstück.
Dieses wird als Büfett angeboten und beinhaltet neben Rührei, Speck und kleinen Würstchen vor allem süße und überbackene Teilchen. Auch sind Toast mit Marmelade und Honig sowie frisches Obst, Trauben und extrem saure Erdbeeren zu finden. Dazu gibt es Tee und Kaffee, heiße, kalte und Soja-Milch, Frühstückskartoffeln, Cerealien und wenigstens drei unverdünnte Säfte. Angesichts dieser Auswahl sind wir froh, mit dem Listel Hotel eine Unterkunft mit Frühstück gewählt zu haben. Andernfalls hätten wir uns zunächst komplett ankleiden und in der Robson Street umschauen müssen.