Wer noch nie einen Reitausflug gemacht hat oder auf einem Pferd durch die Landschaft geritten ist, kann dies auf der Wells Gray Guest Ranch nachholen. Hier ist man es gewohnt, sich mit absoluten Anfängern auf eine zwei- bis dreistündige Tour in den Provinzpark zu begeben. Oder besser gesagt: Hier sind es die Pferde gewohnt, alles und jeden sicher über die steinigen Waldpfade nördlich der Ranch zu tragen. So geben 97 Prozent der Gäste an, noch nie zuvor geritten zu sein.
Ein paar wenige Grundregeln werden einem aber auch hier beigebracht, bevor es losgeht. So bekommen Annette und ich in einer Gruppe von nur drei Leuten gezeigt, wie wir die Zügel halten sollen und was wir machen müssen, damit das Pferd vorwärts läuft, nach links oder rechts abbiegt oder auch stehen bleibt.
Es geht aber auch ganz ohne Anweisungen. Denn die Pferde kennen die Wege rund um der Ranch so gut, dass sie ohnehin so laufen wie sie es gewohnt sind. So bestätigt mir nachher der Anführer unserer Gruppe, dass man die Pferde kaum dazu bringen kann, einen anderen Weg einzuschlagen oder anzuhalten, wenn alle anderen laufen.
Auch wissen die Pferde, dass sie nicht traben oder galoppieren dürfen. So setzt meiner zwar ein paar Mal dazu an (besonders wenn ich ihn dazu animiere), besinnt sich aber sogleich wieder, um sich wieder einzureihen. Wobei ein schnelleres Tempo auf den schmalen Waldpfaden ohnehin nur selten möglich ist. Ein paar Ausnahmen im vorbildlichen Verhalten aber erleben wir doch.
So parkt mein achtjähriger Hengst (Brady), nachdem er erst stur dem vordersten Pferd gefolgt ist, plötzlich rückwärts ins Gebüsch ein und bleibt stehen. Erst, nachdem ich ihn »kicke«, kehrt er auf den Pfad zurück. Dann wechselt er auf die andere Seite, um dort durchs Gebüsch zu laufen. Tja, auch einem Pferd juckt es ab und zu mal. Wie gut, dass ich eine kratzfeste Funktionshose trage.
Annettes Pferd (Brandy) ist hingegen sehr sanftmütig. Kein Wunder, denn während mein Brady noch ein Jungspund ist, lebt ihre Stute schon seit 23 Jahren auf der Ranch. So pflückt Brandy dann auch nur ausgewählte Blümchen auf dem Weg, während meiner versucht, die gesamte Botanik einzusammeln.
Kurz bevor wir zurück bei der Wells Gray Guest Ranch sind, gelingt es mir dann aber doch, Brady zu einer kleinen Extrarunde zu bewegen. Eine klitzekleine. Okay, es sind vielleicht zehn Meter im Kreis herum, eh er sich wieder hinter Brandy einreiht und brav zurück zur Ranch schreitet.
Eindrücke von den Ausflügen und Wanderungen während unserer Rundreise durch Kanada.