Sechs Wanderungen an sechs Tagen, damit kann man sicher gut angeben. Bevor man diese sechste Tour bewältigt hat, freut man sich allerdings einzig auf das Ziel des Tages. Tatsächlich verhält es sich nämlich so, dass wir (also ich zumindest) überlegen, ob wir nicht unser Gepäck zum Badeort Tarrafal begleiten sollen.
Aber wir laufen zum Silberstrand. Und während wir am frühen Morgen von Calheta hoch zur Serra Malagueta gefahren werden, um von dort an die Westküste zu wandern, wird das Gepäck per Chauffeur direkt in die Ferienanlage King Fisher in Tarrafal gebracht.
Eindrücke einer windigen Wanderung durch die Serra Malagueta zum Silberstrand der Insel Santiago.
Andererseits hätten wir dann nicht die wohl vollstmögliche Aluguer-Fahrt erlebt: Nachdem wir zunächst fast alleine von Calheta bis zur Kreuzung nach Assomada fahren, müssen wir dort in einen Kleinbus für 15 Personen einsteigen.
Es passen auch 18 hinein - und zwei Hühner - und ein kompletter Mini-Supermarkt! Die Polizei darf das nicht sehen. Selbst, als wir mit Joe beim Eingang zum Naturpark aussteigen und den Bus um gut 200 kg erleichtern, ist er immer noch völlig überladen.
So sind wir doch froh, als wir auf Höhe des Informationszentrums den Kleinbus verlassen und uns auf dem Weg durch die Berge machen. Es ist zwar bedeckt und es fallen auch vereinzelt ein paar Nieseltropfen, dafür aber ist es nicht so heiß wie bei der letzten Wanderung.
Da der Weg, abgesehen von kurzen Passagen, bergab führt, fällt uns das Laufen durch die herrliche Landschaft leicht an diesem Morgen. Einzig der Wind ist etwas unangenehm.
Nach unserem Start beim Besuchercafé des Naturparks führt uns Joe über einen alten, gut erhaltenen Passweg hinauf zum Gebirgskamm. Dabei laufen wir ein Stück weit über den Curral d’Asno Trail, einen 4 Kilometer langen Wanderweg mit 200 Metern Höhendifferenz und geringen Anforderungen.
Anstelle in einem Bogen zurück an die Straße zwischen dem Bergdorf Assomada und Tarrafal zu wandern, müssen wir allerdings bald in Richtung dem nächsten Bergdorf Figueira das Naus abbiegen und, da es ja auch kleine Passagen bergauf geht, insgesamt rund 1000 Meter bergab laufen.
Die erste Zeit ist dies auch wirklich schön. Immer wieder eröffnen sich uns neue Ausblicke über die Westseite der Serra Malagueta und in die Täler. Ist einer der Berge bewältigt oder umrundet, entdecken wir zugleich immer wieder neue Gipfel in der Ferne.
Genau da liegt das Problem: Da der an sich gut zu laufende Weg aus etlichen Serpentinen und langen geraden Abschnitten besteht, die in der Regel nicht direkt zum Meer führen, kommt das Ziel nur schleppend näher.
Hinzu kommt, dass auch Joe den Weg zuvor noch nie gelaufen ist und nicht weiß, wie lange wir noch brauchen. Das heißt, eigentlich hätte er es wissen müssen, da er Kiki gefragt hatte. Wenn ihn Kiki nur nicht mit zwei Stunden angeschwindelt, sondern mit vier Stunden die tatsächliche Distanz genannt hätte.
Auf der anderen Seite erklärt dies, warum Joe schon des öfteren bei den wenigen Dorfbewohnern der Gegend nach dem Weg erkundigt hatte, als ich ihn nach drei Stunden frage, wie weit es noch ist - also natürlich nur, um einen Anhaltspunkt zu haben.
Bitte nicht missverstehen: der Weg von Posto durch den Naturpark lohnt sich wirklich, vermittelt er dem Wanderer doch schöne Einblicke in die Bergwelt Santiagos. Durch die vielen Kurven und Serpentinen bieten sich unzählige Fotomotive und auch die Abgeschiedenheit der Dörfer ist für den Naturliebhaber reizvoll.
Hat man aber schon zig Wanderkilometer in den Beinen stecken und weiß dann nicht einmal das Ziel vor Augen, kann man sich spätestens in Figueira das Naus gut vorstellen, sich von einem Taxi abholen und ins Hotel fahren zu lassen.
Die letzte Stunde hat es schließlich echt in sich. Landschaftlich ist die Strecke ab Figueira das Naus (680 m) leider nicht besonders attraktiv und teilweise gewinnen wir gar das Gefühl, dass es einzig darum geht, endlich Höhe zu verlieren.
Auch fordert der Wind allmählich seinen Tribut, sodass wir zweimal kurz nacheinander Pause machen, um Kraft für das nächste Wegstück zu sammeln.
Als Trost lassen wir bald nach Figueira Muila die Berge hinter uns zurück und können wir endlich größere Abschnitte der Küste, die Bucht von Tarrafal und Ribeira da Prata überblicken. Was ich auf der Küstenstraße nach Tarrafal hingegen nicht sehe, sind Autos oder Busse.
Beim Abstieg über weitere Serpentinen, die teils mehrere hundert Meter ins Inselinnere führen, behalte ich die Straße eine Viertelstunde im Auge, ohne ein einziges Fahrzeug, geschweige denn einen Aluguer zu sehen - eine Beobachtung, die Annette nicht hören will.
Gegen Ende der Wanderung öffnen sich uns nochmals schöne Einblicke zurück über die Westseite der Serra Malagueta und in die Täler des Rio do Pai und des Rio de Cuba, den wir kurz vor seiner Mündung in den Atlantik überqueren. Gerne würden wir hier auf ein Aluguer klettern. Weil diese aber Mangelware bleiben,
müssen wir noch einen kurzen, steilen Anstieg von gut 30 Metern nach Ribeira da Prata bewältigen. Dort steht dann tatsächlich ein Aluguer-Pick up bereit, der bald nach Tarrafal fahren soll. Leider aber ist der Fahrer nicht zu finden, sodass Annette stattdessen einen Jeep mit offener Ladefläche, ohne Sitzbänke und Dach, dafür aber mit Ziegenbock anhält.
Weil Joe genauso erschöpft ist wie wir, verzichten wir auf den Abstecher zum Silberstrand und klettern auf den Wagen, froh, die sechste Wanderung geschafft und erneut tolle Eindrücke der herrlichen Landschaft gesammelt zu haben.
Denn so schlimm es sich liest, die Wanderung lohnt sich wirklich. Nur sollte man ein wenig ausgeruhter sein, als wir es waren, oder sich auf die kleine Runde auf dem Curral d’Asno Trail oder aber auf die verkürzte Tour ab Fundura beschränken.