Sie spielen mit dem Gedanken, sich eine Katze zuzulegen, weil Ihnen Kinder zu anstrengend sein könnten? Darüber können wir nur herzlich lachen. Nein, wir haben, abgesehen von fünf Nichten und vier Neffen, keine eigenen Kinder. Dafür aber eine kleine Katze. Und die ist wenigstens genauso anstrengend. Zugleich ist sie aber auch ebenso liebenswert und hat eine gute Menschenkenntnis. Denn es waren tatsächlich nicht wir, die sie ausgesucht hatten, sondern es war Minka, die uns Ende September 2006 adoptierte.
Seitdem hat sich bei uns einiges geändert: mein Bürostuhl ist am Tag meistens besetzt, mein Bett am Abend belagert, mein Frühstück belungert ... Nein, es sind die vielen kleinen Eigenschaften und Geschichten, warum wir unsere Minka nicht missen wollen. Und es ist Annette, meine Frau, warum ich mich irgendwann hinsetzen musste, um zumindest ein paar der Vorfälle und Anekdoten aus unserem Leben mit einer Miezekatze aufzuschreiben.
Aber nun genug der Vorworte,
viel Spaß beim Lesen und Schmunzeln über unsere Katzengeschichten wünschen
Annette und Lars.
Wer in ein Tierheim geht, um sich eine Katze auszusuchen, sollte am besten eine nehmen, die auf ihn zuläuft. Mit anderen Worten: oft suchen nicht wir die Katze aus, sondern die Katzen suchen uns aus. Sie wissen oft besser, zu wem sie passen und zu wem sie wollen.
Besser noch als im Tierheim klappt dies natürlich in der freien Wildbahn, also den Wohngebieten am Stadtrand. Hier können sich die Katzen frei bewegen. Bevor wir Minka kennenlernten, lebte sie allerdings schon ein halbes Jahr in unserer Nachbarschaft.
Es war eine Familie weiter oben in der Straße, welche sie aufgelesen und über mehrere Wochen hinweg aufgepäppelt hatte. Wo sie genau herkam, weiß von uns keiner. Nur, dass sie auf einmal da war und sich in einem miserablen Zustand befand: das Fell stumpf, am Bein eine frische Narbe und viel zu klein mit viel zu großen Ohren. Das ist kein Aussehen, mit dem man auf Brautschau - oder eben Wohnungssuche geht. Nein, Minka hat sich ein halbes Jahr vor uns versteckt gehalten, bevor sie auf einmal da saß. Und das mitten auf der Straße direkt vor unserem Haus.
Annette hat sie natürlich genommen und auf den Gehweg in Sicherheit gesetzt. Ich selbst habe das gar nicht groß beachtet (meine Frau bückt sich nach jeder Katze). Am nächsten Tag aber miaute es ganz entsetzlich vor unserer Wohnungstür. Und da saß sie. Minka ist durch das gekippte Fenster im Keller gesprungen und hoch bis ins zweite Obergeschoss gelaufen, um uns zu adoptieren.
Das erste Mal habe ich sie herunter getragen und wieder vor die Tür gesetzt. Etwas später habe ich sie das zweite Mal sachte aus dem Haus geworfen. Beim dritten Mal bin ich Katzenfutter kaufen gegangen. Ihre »Ich-ärmste-bin-halb-verhungert-Masche« kannte ich ja zu dem Zeitpunkt noch nicht. Einen Anruf später wusste dann auch Annette, dass unsere Wohnung eine neue Mitbewohnerin hatte.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Annette von unserem kleinen, halb verhungerten (so hatte sie sich angestellt), zugelaufenen Miezekätzchen berichtet hatte. Bereits nach dem ersten Miau durch das Telefon wusste Annette: das ist eine Minka. So weit, so gut. Schließlich war schon allein am Gesicht klar zu erkennen, dass es eine Katze ist, und kein Kater.
Sollte man zumindest denken. Denn ihrem vielen weiblichen Gehabe (Minka kann enorm rumzicken), halten sie immer noch Nachbarn von uns für einen Kater.
Dem nicht genug, bekommt sie überall einen anderen Namen. Gustav bei unseren Nachbarn der Straße hoch, weil: »Als die zu uns kam, da sah sie aus wie ein Gustav. Total mager, der Kopf so klein, die Ohren dazu viel zu groß...« - wie man sich halt so einen Gustav vorstellt.
Wir hätten uns dem ja auch angeschlossen. Nur: Gustav passt beim besten Willen nicht zu einer kleinen, süßen, schnuckeligen, verspielten, zickigen Minka.
Dadurch, dass Minka morgens die Leute auf dem Weg zur Arbeit und die Kinder auf dem Weg zur Schule, mittags die Einkäufer und nachmittags die Spaziergänger und Rückkehrer abpasst und außerdem eine innere Landkarte sämtlicher Kühlschränke unserer Nachbarschaft besitzt, hat sie mit der Zeit gefühlt 100 weitere Namen bekommen: beim Nachbarn unter uns »Wolfgang« (was ja gar nicht passt), bei den Nachbarn links von uns Darcy, beim Verwalter Felix, beim Papa neben uns Lady und Prinzessin ... und bei Annette dann irgendwann nur noch Mümmel. Es kann uns eins sein. Wenn ich sie rufe, hört sie vor allem auf eines: meine Stimme. Ob sie dann auch angerannt kommt, ist freilich eine andere Frage.
Für Verwirrung sorgt dies beim Postboten. Denn da unsere Katze registriert ist und ab und zu eine Postkarte oder einen Brief von »Tatze« bekommt, steht er vor dem Adressproblem: »An Minka-Gustav Dackau-Freudenthal, Schwarzwaldstr. 6 und 12«. Emanzipation war gestern!