Katzen und Vögel passen nicht wirklich gut zusammen. Deswegen hätten wir uns auch niemals Vögel angeschafft, wenn wir eine Katze gewollt hätten. Als sich Minka in unser Leben miaute und nicht wieder vertreiben ließ, hatten wir jedoch bereits Wellensittiche. Ob das ein Grund ist, warum sie unsere Wohnung bezog, wissen wir nicht. Wohl aber bedeutet dies, dass wir jederzeit höllisch achtgeben müssen, dass Minka unseren Vögeln nicht zu nahe kommt. In der Praxis bedeutet dies: zwischen Katze und Vögel ist immer eine Tür verschlossen. Und zwar richtig verschlossen, da Minka bald gelernt hat, nicht abgeschlossene Türen zu öffnen.
Ein System, das leider nie zu hundert Prozent funktioniert. So hat es Minka, als die Tür nur angelehnt war, einmal geschafft, bis an den Käfig zu kommen. Zum Glück gab es dann so viel Lärm, dass Lars zur Stelle war, noch ehe es um Goldi geschehen war. Allerdings flog in dem allgemeinen Tumult der damals noch kleine Käfig von einem Tisch auf den Boden, verschüttete die Wanne sämtliches Wasser auf den Parkett und waren Minka auf der einen Seite des Gitters und Goldis Flügel auf der anderen Seite nur schwer zu trennen.
Nach dem zum Glück folgenlosen Schrecken für alle (Minka hat dermaßen Schimpfe gekriegt, dass sie Abend noch ganz misstrauisch zu Lars geguckt hat) war klar, dass wir noch aufmerksamer sein mussten. Und für Minka hieß dies: sie musste fortan noch schneller werden, um an den Käfig zu kommen. Sie hat es geschafft, beinahe.
Doch zu ihrem Pech war sie, nachdem sie Tür zur Stube geöffnet hatte, so schnell, dass sie just in dem Moment, als sie hoch zum Käfig springen wollte, unter den kleinen Tisch durchsegelte. Noch eh sie ihr Gleichgewicht wieder hatte, hatten wir sie bereits wieder fest im Griff. Als wir schließlich einen großen Standkäfig hatten, stand dieser etwas abseits mit der Folge, dass sie blindlings an den Käfig vorbei zur Balkontür rannte, wo sie ihre Beute wähnte.
Endlich, nach einem viel zu kühlen und feuchten Frühjahr konnten wir uns zwei Tage vor unserer Reise nach Grenada über eine plötzliche Hitzewelle freuen. Nach 36 Grad am Tag kühlte es nachts bis knapp unter 20 Grad ab. Zeit für Lars, morgens alle Fenster - und auch die Wohnungstür aufzureißen, um mustergültig quer zu lüften. Was sollte auch passieren? Minka war ja froh, dass sie draußen rumrennen bzw. die Nachbarn besuchen konnte. So wie sie es für gewöhnlich jeden Morgen tat.
Wie gesagt, gewöhnlich. Was Lars nicht wusste: Gewöhnlich war gestern. An diesem Tag nutzte Minka jedoch, dass eine Hausbewohnerin unter uns zur Arbeit ging, um geschwind zurück ins Haus zu schleichen.
Bei unserer Wohnung angekommen, konnte sie ihr Glück wohl kaum fassen: nicht nur die Tür zu unserer Wohnung war offen, auch die zum Wohnzimmer und die auf den Balkon. Und eben dort steht an warmen Tagen unser Vogelkäfig mitsamt zwei Wellensittichen.
Ahnungslos fuhr Lars wenige Minuten später zum Friseur. Erst, als er zurück war, wunderte er sich, als ihm Minka entgegenlief. Verwundert, erschrocken lief er auf den Balkon. Die erwartete Tragödie blieb zum Glück aus. Stattdessen folgte ihm Minka, um sich kraulen und streicheln zu lassen. Und die Vögel? Sie zwitscherten munter in ihrem Käfig, als sei nichts geschehen. Minka schien sich nicht einmal für die Vögel zu interessieren. Stattdessen lief sie zum Ende vom Balkon und spähte durch einen Spalt hinab auf die Wiese, wo es scheinbar spannendere Dinge zu sehen gab.
Hatten wir plötzlich eine liebe Katze? Sind Vögel Freunde, kein Futter? Zwei Fragen, die wir unbedingt klären mussten.
Doch als wir am Abend den Weg probehalber erneut offen ließen, folgte die Ernüchterung: Minka flitzte an Annette vorbei auf den Balkon und schlich um den Käfig herum. Während sie auf allen Seiten nach einem Angriffspunkt suchte, ließen auch unsere Sittiche (Grüner III. und Goldi II.) sie nicht aus den Augen. Erst als Minka auf den nahen Balkontisch sprang, wurden sie unruhig. Zeit für uns, das duale System - wenigstens eine geschlossene Tür zwischen Katze und Vögel - wieder in Gang zu setzen.