Bei der Frage, was in Kolumbien alles angebaut wird, kommt gerne als erste Antwort der Cocastrauch. Viel bedeutender für das Land ist jedoch die Kaffeepflanze. So belegt Kolumbien nach Brasilien und Vietnam den dritten Platz bei der Liste der größten Kaffee-Anbauländer.
Und schaut man ausschließlich auf den Fairtrade-Kaffee, so ist Kolumbien sogar der weltweit größte Produzent. Hier sind hauptsächlich Kleinbauern für den Anbau verantwortlich.
Heute besuchen wir die Kaffeefarm El Ocaso, und das auf einer wunderbar nostalgischen Art. Denn typisch für die Zona Cafetera sind alte klapprige Jeeps, die ursprünglich aus dem Zweiten Weltkrieg stammen. Mit den sogenannten Willys-Jeeps wird in dieser Gegend alles mögliche transportiert.
Egal ob Schweine, Bananenstauden oder gar Möbel, überall kommen diese Gefährte zum Einsatz. Und weil die Willys so praktisch und robust sind, wurden einige mit Bänken ausgestattet, sodass sie heute die öffentlichen Verkehrsmittel ergänzen. Sie sind ja auch viel flexibler auf dem holprigem Gelände als ein Bus.
Wir spazieren auf den Dorfplatz von Salento, wo die Willys aufgereiht stehen, und chartern uns gleich drei davon. Damit haben wir noch richtig Glück. Denn bei so manchem Willys-Jeep stopft der Fahrer locker 16 Personen oder auch mehr hinein. Um es zu veranschaulichen: ein so beladenes Fahrzeug würde für unsere komplette Gruppe reichen. Wir haben es also verhältnismäßig bequem;
ganz im Gegensatz zu den Radfahrern, welche dieselbe Strecke zur Kaffeeplantage nehmen. Die Fahrt mit dem Drahtesel wäre die anstrengendere Alternative zu den Willys gewesen. Denn das, was es auf dem Weg zur Farm steil nach unten geht, muss später alles wieder nach oben gefahren werden. Kurzum, so ein Willys ist eine richtig schöne Sache.
Beim hübschen Farmhaus der Finca El Ocaso empfängt uns Sebastian, unser Local Guide. Er stammt aus dem ca. eine Stunde entfernten Dorf Armenia und kennt sich mit Kaffee bestens aus. Dabei ist er eigentlich Architekt. Als Touristen-Guide verdient er sich etwas Geld nebenbei, weil auch er gerne reist.
Nach der Begrüßung verteilt er kleine Körbchen, die wir uns umhängen müssen. Solche Körbe werden zum Kaffee sammeln benutzt. Früher wurden diese noch aus »Bejuco«, den Ästen einer südamerikanischen Kletterpflanze hergestellt. 1973 wurden diese durch Kunststoffkörbe ersetzt. Wir jedoch dürfen die nostalgische oder auch traditionelle Variante benutzen.
Durch die Körbe werden wir zu »Chapoleras«, wie die Kaffeesammler genannt werden. Der Name leitet sich von einem Schmetterling ab, dem »Chapora«, der wie die Sammler ebenfalls zur Erntesaison zu den Kaffeeplantagen wandert. Bevor wir in den Sträuchern verschwinden, gibt uns Sebastian einen Crashkurs zum Kaffeeanbau.
So wird der Kaffee besser und weniger bitter, wenn er weit oben wächst. Ab einer Höhe von 1600 Metern über dem Meer darf die Ernte als Bergkaffee gehandelt werden. Die Farm liegt auf 1850 Meter. Sie ist also perfekt für besten Kaffeegenuss gelegen.
Nach weiteren Infos über verschiedene Kaffeesorten, das Ziehen und Pflanzen der Kaffeesträucher, zur Schädlingsbekämpfung schickt uns Sebastian in die Büsche und dürfen wir die roten, reifen Kaffeebohnen ernten. An den Zweigen befinden sich relativ viele Bohnen. Doch haben sie alle unterschiedliche Reifestadien. So ist es doch etwas mühsam, Kaffee zu ernten, da ja nur die ausgereiften Bohnen vom Ast gepflückt werden dürfen.
Bei der Sorte Robusta braucht es dabei elf Monate von der Blüte bis zur reifen Frucht. Robusta macht knapp 35 Prozent der Produktion aus. Knapp 65 Prozent der Gesamtproduktion stellt aber die Arabica dar. Die weiteren Sorten sind Excelsa mit knapp einem Prozent sowie Liberica, Maragogype und Kopi Luwak, wobei die letzten beiden Kreuzungen aus Arabica und Liberica bzw. Arabica, Liberica und Excelsa sind.
Nachdem jeder ungefähr die Menge an Bohnen für einen Cappuccino gesammelt hat, geht es zur Schälmaschine. Der deutsche Mechaniker Otto Nicklaus Kühl erfand 1891 den ersten Kaffeeschäler. Die Funktionsweise der ersten Schäler wird bis heute verwendet, auch wenn die Maschinen mit der Zeit natürlich größer und schneller wurden. Sobald die Bohnen geschält sind, kommen sie in den Nassaufbereiter.
Dort werden sie vorgereinigt, fermentiert, endgereinigt und getrocknet. Der letzte Prozess der Herstellung ist das Rösten. Hier wird allerdings stets nur die Menge geröstet, die auch gebraucht wird. Gerösteter Kaffee verliert nach zwei bis drei Wochen sein Aroma. Um den vollen Geschmack zu erhalten, werden die Bohnen erst im jeweiligen Importland geröstet.
Mit unserem Besuch der Farm haben wir einiges gelernt. Oder, wie man bei uns sagt: »Wir sind jetzt richtige Käpsele.« Apropos: frisch gemahlener Bohnenkaffee ist trotz aller Werbekampagnen und George Clooneys auch heute noch einiges besser als die Müll produzierenden Pads und Kapseln.
Mit dieser wenig verblüffenden Erkenntnis gehen wir schließlich zum gemütlichen Teil über und werden mit frisch aufgebrühtem Kaffee verwöhnt. Danach bleibt uns noch etwas Zeit, um über das Gelände der Finca zu schlendern und die auch hier schöne Landschaft auf uns wirken zu lassen, eh uns die Willys abholen und es weiter auf Tour geht.