Die Metro und die Metrocabels zählen zu den technischen Innovationen von Medellín. Nach der langen Fahrt von Salento in die Metropole kommt uns dies gelegen. Denn hat unser Fahrer Alexander hat endlich einen freien Tag. Das heißt, nicht ganz. Denn er darf uns beim Stadtrundgang begleiten. Anstatt mit dem Reisebus geht es also mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Stadtzentrum.
Da ist es besser, wenn jemand hinterher läuft, der sich auskennt. Zu Alexanders Aufgaben zählt es, eventuelle Nachzügler einzusammeln und darauf zu achten, dass keiner verschütt geht. Zunächst aber steht ein zwanzigminütiger Spaziergang auf unserem Programm. Dieser führt uns vom Hotel bis zur Metrostation Poblado, wo wir unseren Fahrer treffen.
Vor der Traverse zur Metrostation gibt uns Cilfredo noch einige Infos und Verhaltensregeln mit. Und wie es sich für eine Touristengruppe ziemt, versperren wir den Pendlern einen Teil des Fußwegs. Aber alles halb so wild. Lachend und grüßend wuseln die Kolumbianer um uns herum und überlassen das Motzen einer Berlinerin. »Typisch Touri«, zischt sie gehässig, »in der Berliner U-Bahn würde eine Gruppe wie unsere von mir gleich mal einen Anschiss bekommen!« Ja, so einfach kommen Unterschiede zum Tragen. Die Kolumbianer sind ein ausgesprochen freundliches Volk.
Das gilt auch für Alexander, der uns fröhlich aus dem Fenster der Metrostation zuwinkt. Er ist im Gebäude geblieben, da er sonst ein neues Ticket lösen müsste. Denn Medellín besitzt eine sehr moderne und geordnete Metro. Cilfredo hat ein ganzes Bündel Fahrkarten geholt und löst nun für jeden eine davon beim Drehkreuz.
Das dauert natürlich etwas und verursacht den zweiten kleinen Stau des Tages. Doch nach und nach können wir passieren und uns jenseits der Schranke wieder sammeln. Am Fahr- und Linienplan erfahren wir noch rasch, wie wir wieder zurückfinden, falls alle Stricke reißen und doch einer verloren geht. Genug der Worte, auf geht´s!
Die Metro kommt und ist knallvoll. Erklärt Cilfredo zunächst, dass wir besser die nächste Bahn nehmen, entscheidet er sich plötzlich um. In den vorderen Abteilen wäre ausreichend Platz. Schon laufen wir alle los, drängeln uns flugs in den Wagen und sind heilfroh, dass es auch Lars Fotorucksack geschafft hat, der plötzlich zwischen den sich schließenden und laut pfeifenden Türen hängt. Andere haben weniger Glück und bleiben etwas belämmert guckend außen vor. So kann sich Alexander schon bei der ersten Fahrt als laufender »Besenwagen« für Touristengruppen beweisen. Wir wechseln einmal die Metro und fahren schließlich bis zur Station San Javier, wo wir auf den Rest der Gruppe warten.
Medellíns Metrostationen sind äußerst sauber. Der Stadt ist es gelungen, den Menschen ihre Metro als ihr gemeinsames Eigentum zu übermitteln. Anders als wir es von unserer Städtereise nach Berlin kennen, liegen hier weder Müll noch Zigarettenkippen im Gleisbett.
Nirgends kleben Kaugummi und selbst die Wände sind frei jeglicher Schmiererei. Was wird wohl ein Mensch aus Medellín denken, wenn er mit dem Zug in unserer Hauptstadt ankommt? Kann er dann glauben, dass er sich in einem der zwanzig reichsten Länder der Welt befindet?
Eine weitere Besonderheit von Medellíns Metro sind die Seilbahnen, die im normalen Ticket inkludiert sind. Insgesamt gibt es drei dieser sogenannten Metrocables, welche die Armenviertel der umliegenden Hügel sowie auch das Naherholungsgebiet mit dem Park Arvi verkehrstechnisch an die Innenstadt anschließen. Früher war es mühsam, mit den kleinen Bussen in die Innenstadt zu kurven. Heute ist man auf der längsten Strecke zweieinhalb Stunden unterwegs. Und genauso lange gelten die Metrotickets.
Wir nutzten die Seilbahn, um uns einen ersten Überblick über Medellín zu verschaffen. Es geht bergauf und wieder bergab und dann nochmal weiter bergauf, bis wir die Endstation La Aurora erreichen. Zwischendurch gäbe es zwei weitere Stationen zum Ein- und Aussteigen.
Damit auch bei diesen Zwischenstationen Personen zusteigen können, werden bei den Endstationen immer wieder mal Gondeln leer auf die Reise geschickt. Hier oben stehen Plattenbauten für die unteren Sozialschichten. Die Hänge sind zugebaut mit weitgehend unverputzten Backsteinhäusern der Favelas.
Eines dieser Armenviertel Medellíns steht als Nächstes auf unserem Plan. Mit der Gondel geht es wieder zurück. Wir sind mit Cilfredo die letzten der Gruppe, die einsteigen. So teilen wir eine Kabine mit mehreren Schülerinnen. Wir laden uns bei ihnen zum Abendessen ein und haben nun eine Verabredung in Medellín.
Nein, sie rufen gackernd ihre Eltern an und berichten, mit zwei verrückten Deutschen und ihrem Reiseleiter in der Gondel zu sitzen. Dann werden auch schon ein paar Erinnerungsfotos geschossen. Wir saßen schon in vielen Gondeln dieser Welt, doch selten verlief eine Fahrt so ausgelassen und unterhaltsam wie hier in Medellín.