Bei frischem Fruchtsaft machen wir kurz Mittagspause in San Agustín, bevor wir zurück fahren zu unserer Hacienda Anacaona. Bei unserer Ankunft stehen mehrere Pferde vor dem Tor aufgereiht. Denn jetzt erwartet uns ein besonderer Ausflug.
Wer sich traut, kann hoch zu Pferd zu den Figuren des El Tablón und zum Aussichtspunkt La Chaquira reiten. Nach unseren Reitausflügen im Wells Gray Provincial Park in Kanada und in Viñales in Kuba sind wir natürlich mit von der Partie.
Lars bekommt auch sogleich ein etwas wilderes Pferd, die »Mora«, zugeteilt, während mir der Granjero de caballo, der Pferdewirt, sein ruhigeres Lieblingspferd »Mariposa« anvertraut. Ein ortskundiger Caballero reitet vorne weg und schon kann es los gehen. Bei den bisherigen Reitausflügen hatten unsere Pferde immer stur das gemacht, was der Guide wollte.
Hier indes hätten wir die Tiere genauso gut in eine andere Richtung lenken können, sie wären mit uns davon geritten. So muss man Mora nur etwas mehr Zügel geben, dass sie in den Galopp wechselt, ungeachtet dessen, ob ihr die anderen Pferde folgen oder nicht.
Während Mora beim Reitausflug also am liebsten alleine vornweg rennt, versuche ich mit Mariposa hinterher zu kommen und Schritt zu halten. Mal im Trab, mal im Galopp, hat man sich erst einmal an das Pferd gewöhnt, macht es richtig Spaß. So merken wir kaum, wie die Zeit verfliegt. Und schon kommen wir bei unserem ersten Ziel beim Museo Etnográfico an.
Unter einem großen Erdhügel wurden hier fünf Statuen und drei Grabtempel des El Tablón gefunden. Die größte Statue misst 2,20 Meter. Das kunstvoll bearbeitete Gesicht und die Ornamente des Kopf- und Halsschmucks zeigen, auf welch hohem Niveau die Steinmetze bereits damals arbeiteten.
Wir steigen wieder aufs Pferd und reiten weiter durch die grüne Landschaft bis zum Aussichtspunkt La Chaquira. Dort treffen wir den Rest der Gruppe, der lieber zu Fuß als auf dem Pferd unterwegs ist. Auch wir lassen nun die Tiere stehen und spazieren bergab.
Der Feldweg endet bald bei einem Treppenpfad, der uns weiter hinunter bis zu einem Plateau 200 Meter über dem Rio Magdalena führt. Die Aussicht in die Schlucht auf den Fluss und die Wasserfälle ist toll.
Doch viel bedeutender als der Mirador sind die Felsen von La Chaquira, die bis heute eine der symbolträchtigsten Stätten der San-Agustín-Kultur bilden. In einer Gruppe von Vulkansteinen sind Menschen- und Tiersymbole hinein geschnitzt. Auch sie blicken auf den Magdalenafluss und heben andächtig ihre Arme in den Himmel.
Was die vorchristliche Indianer-Kultur alles geschaffen hat, ist wirklich beeindruckend. Zumal das Gelände hier extrem steil zum Fluss abfällt. Wir haben ja Treppen zur Hilfe, was schon anstrengend genug ist. Die Leute damals mussten klettern.
Schließlich naht der Abend und reiten wir im Galopp zurück zu unserer Hacienda oberhalb San Agustin. Bei Mora und Mariposa ist deutlich zu spüren, dass sie Freude an der Bewegung haben. Und bei der Hacienda ist noch nicht Schluss. So kann, wer will, eine Extrarunde mitreiten. Da wir diese Art von Fortbewegung so gar nicht gewohnt sind, merken wir die Reiterei bereits in den Beinen. Doch wer lässt sich davon abschrecken?
Auch wir galoppieren noch einmal bergauf, vorbei am Klosterhotel San Agustin, wo wir später zu Abend essen werden. Reiten in Kolumbien und gerade bei San Agustín stellt sich damit als ein wirklich besonderes Erlebnis heraus, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte. So nennt es Lars später als das unerwartete Highlight unserer Kolumbien-Rundreise überhaupt.