Ein gewaltiger Wolkenbruch überrascht uns bei der Rückfahrt nach Bogota. Es ist das Ende der kurzen Regenzeit, die nochmals ihre Muskeln spielen lässt und in Windeseile Straßen, Plätze und Bürgersteige unter Wasser setzt. Zum Glück ist ohnehin gerade Pause angesagt, weshalb wir am Mirador del Valle de Samacá anhalten.
Die Aussicht ist bei diesem Wetter natürlich trüb. Dafür gönnen wir uns im Restaurant die Ajiaco santafereño, eine Suppe aus verschiedenen Kartoffelsorten, Mais und Hühnerfleisch. Es gehört noch ein Suppenknochen dazu, der zum Abnagen vom Fleisch auf einem extra Teller gereicht wird. Für eine Suppe ist das Gericht sehr deftig bzw. typisch kolumbianisch halt.
Gut zehn Kilometer vom Mirador entfernt erreichen wir das Dörflein Tunja. Aus einer unauffälligen, niedrigen Halle schallt uns laute Musik entgegen. Es ist Zeit, den kolumbianischen Nationalsport Tejo kennenzulernen. Tejo, das ist ein Geschicklichkeitsspiel, das bereits vor 500 Jahren in den kolumbianischen Departamentos Cundinamarca und Boyacá gespielt wurde. Ähnlich wie beim Bocciaspiel wird mit massiven Metallplatten versucht, das Ziel zu treffen. Nur dass es hier keine kleine Kugel ist, der man so nah wie möglich kommen muss.
Beim Tejo gilt es, innerhalb einer schrägen, sandig-tonigen Fläche einen ca. 15 cm großen Kreis zu treffen, auf dessen Rand dreieckige Schwarzpulvertaschen, die Mechas liegen. Trifft man diese Mechas, explodieren sie mit einem lauten Knall. Für einen Treffer innerhalb des Rings gibt es einen und für einen Treffer der Mechas zwei Punkte. Wer das Kunststück schafft, seine Metallplatte so zu werfen, dass sie einen Mecha zum Explodieren bringt und anschließend im Rings liegen bleibt, erhält er drei Punkte. Das sind auch schon die wichtigsten Regeln.
Spielen die Kolumbianer Tejo, ist es ein wirklich lautes Spektakel. Wir Touristen müssen uns erst einmal an die öligen Metallplatten gewöhnen, die unterschiedlich schwer sind. Unser Spiel poltert mehr, als dass es knallt. Die wenigsten treffen auf Anhieb das sandige Tejo-Tor, geschweige denn den Ring, sodass die Platten polternd über den Steinboden und gegen die Holzwand krachen. Als dann endlich die erste Metallplatte ihr Ziel trifft, erschrecken wir ungläubig. Doch hin und wieder gelingt auch uns ein Treffer. Schließlich legt unser Tejo-Trainer die Metallplatten so eng aneinander, dass Lars zwei oder drei der Mechas gleichzeitig trifft und ein ohrenbetäubender Lärm durch die Halle schallt.
Wieder auf der Autopista Norte No 55 erreichen wir die Puente de Boyacá. Hier besiegten am 7. August 1819 die Truppen von Simón Bolivar das spanische Heer. Somit stehen wir hier auf einem der wichtigsten Schlachtfelder in der Geschichte Kolumbiens. Heute erheben sich hier einige Denkmäler in die Höhe. Am bedeutendsten ist das 18 Meter hohe Monumento a Bolivar. Der kolumbianische Nationalheld ist umgeben von fünf Engeln, welche die países bolivarianos symbolisieren.
Diese sind Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien, also die Länder, die von Bolivar befreit wurden. Ein Engel davor schreibt die Historia in das Buch. Immer wieder schlüpfen schlanke Kolumbianerinnen auf den Schoß hinter das Buch, was es schwierig macht, das Monument ohne Menschen zu fotografieren. Mit etwas Geduld gelingt aber auch das, bevor der nächste Regenschauer niedergeht und wir langsam nach Bogota zurück fahren.