Viehherden geben Guardalavaca seinen Namen, welcher wörtlich bedeutet: bewache die Kuh. Ursprünglich hieß der Ort Guardalabarca, »bewache das Boot«. Schiffe und ihre Besatzungen suchten in den zurückgesetzten Buchten der Gegend Schutz vor Piraten, die bei ihren Übergriffen für einen eher gnadenlosen Umgang mit ihren Opfern bekannt waren. Ein Kodex oder gar das Wort »parlé« war ihnen fremd. Heute bietet Guardalavaca Sonne, Strand und Meer. Und ist von Piraten die Rede, dann geht es eher Richtung Piratenbar, an der Touristen aus Kanada und dem eher deutschsprachigen Europa für einen steten Rum-Umsatz sorgen.
Aber All-inclusive-Resorts gehören zu Kuba wie die Kolonialbauten in den Städten. So wollen auch wir es uns zum Abschluss der Reise ein, zwei Tage an der Nordküste gutgehen lassen. Eine schön ausgebaute Straße führt uns vorbei an einem Aussichtspunkt mit herrlicher Sicht auf das hügelige und grüne Hinterland nordöstlich von Holguín. Kurz darauf passieren wir die ersten Abzweige zu den Stränden und Buchten mit den teils riesigen Hotelanlagen. Ähnlich wie auf der Halbinsel Varadero leben die Leute hier überwiegend vom Tourismus. Das Hüten der Kühe gehört zur Vergangenheit.
Unser Ziel ist die Anlage des Club Amigo Atlantico. Bevor wir aber Strand und Palmen genießen können, müssen wir unseren Geely abgeben. Anders als bei unseren vorigen Mietwagen konnten wir diese chinesische Karre selbst nach 2227 gefahrenen Kilometern irgendwie nicht lieb gewinnen. Das Auto ist immer noch fast neu, macht mit knapp 8000 km aber doch schon recht seltsame Geräusche. Zum Glück ist das alles belanglos. Die Autovermietung hinter der Clubanlage bemängelt lediglich eine fehlende Fußmatte bei der Rückbank. Warum fehlt die und war die von Anfang an dabei? Keine Ahnung. Vielleicht konnte einer unserer vielen Mitfahrer so etwas gut gebrauchen und hat sie mitgenommen. Egal, Lars erklärt dem Mann der Station (alles Ganoven) so gelassen, dass die leider schon bei der Annahme fehlte, dass er es schluckt und wir ohne Zusatzkosten an den Strand gehen können.
Der Club Amigo Atlantico ist eine All-inclusive-Anlage am Strand von Guardalavaca. Laut einem Flyer ist es das freundlichste Hotel in der Karibik. Das weckt hohe Erwartungen. Vielleicht auch zu hohe. Denn tatsächlich können wir beim Einchecken keine Spur von Freundlichkeit entdecken. Kein Hallo, kein Lächeln, nicht einmal einen Ton hören wir von der Rezeptionistin, die unsern Voucher wortlos entgegennimmt und wie am Fließband abarbeitet. Ob es daran liegt, dass Augenblicke zuvor ein Reisebus seine Fracht abgeladen hat? Wir wissen es nicht, hoffen aber auf Besserung und folgen dem Kofferjungen zu unserem Bungalow. Wenigstens das Zimmer ist schon bezugsfertig.
Studio im Club Amigo Atlantico
Die Anlage ist in verschiedene Abschnitte aufgeteilt: Standard Section, Tropical Section, Bungalow Section und Villa Section. Die Zimmer der ersten zwei Kategorien sind in hässlichen Plattenbauten untergebracht, ein Teil davon im Hauptgebäude. Bei den anderen beiden Kategorien wohnen die Gäste in netten zweistöckigen Häusern mit je 8 bis 10 Zimmern. Der Bungalow-Teil befindet sich allerdings hinter der Hotelanlage auf der Landseite, während der Villa-Bereich zum Meer ausgerichtet ist. Die Häuser selbst stehen in einem großzügigen und gepflegten Garten mit vielen Kokospalmen.
Wir haben ein kleines Studio in der Villa Section. Dieses ist mit dem Wohn- und Schlafbereich in zwei recht große Räume unterteilt. Das Bad ist riesig und bietet uns neben der Badewanne auch ausreichend warmes Wasser und Druck auf der Leitung. Das ebenfalls große Waschbacken befindet sich im Durchgang vom Schlafzimmer zum eigentlichen Bad. Zudem haben wir eine schöne Terrasse mit Kokospalmen davor, wenn auch leider nur mit seitlichen Meerblick. Das heißt, wir müssen um die Ecke schauen, um das Meer zu sehen. Aber die Sicht geht über eine große Freifläche zum Nachbarhotel Brisas Guardalavaca, wodurch wir ganz viel Ruhe haben. Insgesamt sind die Zimmer nett eingerichtet und immer sehr sauber. Auch wenn wir es nicht brauchen, haben wir zwei Fernseher. Damit kann man sich in dem Studio schon wohl fühlen. Zumal der Strand nur ein paar Schritte von unserem Haus entfernt ist. Der nächstgelegene Strandabschnitt gehört zwar zum Brisas, aber das haben wir erst am zweiten Tag bemerkt.
Der Strand ist naturbedingt in mehrere Abschnitte aufgeteilt, wobei der Hauptstrand beim Atlantico-Bereich ist. Bis auf Höhe unseres Studios wird zerklüftete Felsküste wird immer wieder durch kleine Sandbuchten unterbrochen, auf denen Liegestühle zur Verfügung stehen. Die Piratenbucht zählt dabei zu den beliebtesten, was wohl auch an der Piratenbar liegt. Wir haben Glück und bekommen dort noch die zwei letzten Liegen und ein schönes Plätzchen im Schatten der Bäume. Leider wird der Ausblick zum Meer arg von schwergewichtigen Kanadiern beeinträchtigt, die sich tagsüber in der prallen Sonne brutzeln lassen, um sich anschließend abends die Kanne zu geben.
Das Hotel hat vier Poolbereiche, in jedem Abschnitt einen. Wir bleiben lieber bei den Villen, wo es keine Animation gibt und allein dadurch einiges ruhiger zugeht. Der Pool ist mit Palmen schön umwachsen und Liegen auch ohne Frühsport zu bekommen. Hier befinden auch zwei der Spezialitätenrestaurants. Der Italiener dient mittags als Snackbar. Leider muss man das Abendessen in den À-la-carte-Restaurants frühzeitig anmelden, was wir aufgrund der sprachlosen Rezeptionistin natürlich versäumt haben. Weil wir neu sind und noch Platz ist, dürfen wir am ersten Abend trotzdem am Lobster-Essen teilnehmen, was normalerweise extra kostet, dafür aber richtig lecker ist.
Leider gilt das nicht für das Büfett, bei dem wir am zweiten Abend speisen. Das Essen ist verkocht, die Auswahl mager und richtig schmecken tut nur der Salat, den ich mir selber zusammenstelle und mit Knorr-Salatsoße würze. Dafür bekommen wir den Rotwein im Glas gereicht und nicht in einem – wie im Amigo Atlantico sonst üblich – Plastikbecher. Auch das Frühstück nimmt man lieber in einem der Spezialitätenrestaurants ein. À la carte ist einiges besser als die furchtbare Auswahl vom Büfett, die Lars am liebsten in einen der Container für organische Abfälle entsorgt hätte.
Auch beim Unterhaltungsprogramm wird gespart. Mittags gibt es Bingo am und Volleyball im Pool, anschließend jeden Tag dieselben (Grund-) Schritte im Salsa sowie der Clubtanz gezeigt. Und am Abend kann in der Piano Bar der Musik lauschen. Das war es dann auch aber schon. Aber ein Gläschen Wein (das Glas muss man vom Essenssaal mit dem Versprechen mitnehmen, es später zurückzubringen) und ein wenig Klaviergeklimper reicht uns ja schon. Ansonsten hängen wir in der Hängematte ab oder machen einen Strandspaziergang. Immerhin kann man die Promenade vom Hotel Brisas mitnutzen, sodass man genügend Bewegung bekommt. Für zwei Nächte ist das Hotel sicherlich in Ordnung. Für einen längeren (Strand-) Urlaub braucht es allerdings schon ein bisschen mehr Auswahl und Qualität.