Zwei volle Tage sind eigentlich zu viel für die kleine Kolonialstadt Bayamo. Aber da die Gebirgskette der Sierra Maestra schon zu sehen ist, bietet sich ein Ausflug dorthin an. Unser Ziel ist die Comandancia de la Plata. Leider konnte uns im Hotel Royalton keiner sagen, ob wir uns zuvor anmelden oder eine Tour buchen müssen. So machen wir uns nach dem Frühstück auf den Weg nach Bartolomé Masó. Nachdem wir schon wieder die falsche Richtung eingeschlagen haben, bringt uns ein junger Kubaner vorher zu einer Tankstelle, bei der wir Especial tanken können. Für seinen Navi-Dienst will er kein Geld, sondern bedankt sich bei uns. Er musste eh dorthin und ist froh, dass wir ihm sicher eine halbe Stunde Fußmarsch erspart haben. Auch solche gibt es.
Aber für die lange Fahrt ins Gebirge wollen wir heute mal unsere Ruhe und lieber auf Mitfahrer verzichten. Strategie ist, einfach nur Radfahrer nach dem Weg fragen. Die wollen doch sicher nicht mit. Beim ersten Radfahrer angehalten, hatte er leider keine Ahnung, wo wir hinwollen. Dafür stand gleich ein Mädchen daneben, die nach Bartolomé Masó wollte. Einen Augenblick später war dann auch ihre Mutter beim Wagen. Wo kommen die immer so schnell her? Und gehört der Mann hinter den beiden auch dazu? Wir wissen es zunächst nicht. Wohl aber haben wir Sekunden später den Kofferraum mit Gepäck befüllt, die Rückbank voller Leute und die Erfolgsquote unserer Strategie ist im Keller. Von Ruhe will ich gar nicht erst reden. Lars weiß von lauter izquierda, derecha und recto recto nicht mehr, wo oben und unten ist. Wie sollte er auch geradeaus fahren, wenn sich die Straße nach links und rechts gabelt? Und als er sich bei einem lindo angesprochen fühlte, haben die Mädels nur noch gegackert.
Anders als erwartet ist die Straße bis Bartolomé Masó inzwischen super ausgebaut. Erst kurz vor dem Ort beginnen die Schlaglöcher. Wir passieren das Gelände einer großen Zuckerfabrik und das Ortszentrum, bevor die steile Straße nach Santo Domingo beginnt. Wir sind im Gebirge der Sierra Maestra und es geht hoch und runter und das so steil, dass wir fürchten, unser Geely könnte schlapp machen. Und dann noch die Brücken, die irgendwie schräg in der Landschaft hängen. Da denkt man lieber nicht weiter drüber nach.
Irgendwo im Nirgendwo erreichen wir aber Santo Domingo. Der kleine Ort besteht aus ein paar Hütten und einem Hotel. Beim großen Nationalpark-Tor endet die Fahrt für unseren Geely. Dort können wir parken und finden auch das Büro. Reservieren ist also nicht nötig, wohl aber werden die Ausweisnummern kontrolliert und eingetragen. Zugleich wird klar, dass man nicht zu spät hierher kommen sollte. Mit noch einem Paar sind wir die letzten, die heute zur Comandancia hoch dürfen. Zunächst aber müssen 27 CUC Eintritt pro Person zahlen. Später werden nochmals 5 CUC fürs Fotografieren folgen.
Ein chinesischer Geländewagen bringt uns bis nach Alto de Naranjo. Wer vor Santo Domingo schon denkt, dass Straßen nicht steiler sein können, wird hier eines Besseren belehrt. Ohne Allradantrieb geht da nichts mehr. Wir sind froh, dass wir den Teil nicht laufen müssen und genießen oben den ersten schönen Ausblick in die Sierra Maestra. Ab Alto de Naranjo geht es nur noch zu Fuß weiter. Unser Guide immer vornweg, laufen wir einen angenehmen Wanderweg, über Stock und Stein und ohne anstrengende Steigungen bis zu einer idyllischen Arbeiterunterkunft. Erst ab hier wird es steiler. Aber wir haben Glück. In der Bergen hat es längere Zeit nicht mehr geregnet, sodass die Wege trocken und fest sind.
Der Pfad ist felsig und wir müssen aufpassen wohin wir treten. Trotzdem kommt uns ein beladenes Pferd entgegen. Auf diese Weise haben damals auch die Rebellen das Lager beliefert. Knapp einen Kilometer nach der Arbeiterunterkunft erreichen wir die ersten Baracken. Hier war die Krankenstation. Die Hütte ist leer und wir gehen weiter. Anders als heute war das gesamte Areal früher stark zugewachsen. Viele der Bäume mussten aber weichen. Zu groß war die Gefahr, dass sie bei Sturm umfallen und die historisch bedeutsamen Baracken zerstören. Neu ist auch die Freifläche mit dem eingezeichneten Hubschrauberlandeplatz. So etwas konnten die Rebellen damals sicher nicht gebrauchen.
Der Dschungel und die Aussichten über die mit Palmen bewachsene Berglandschaft wirken heute eher idyllisch als rebellisch. Trotz Rosen zeigt ein Grab, dass die Idylle trügt. Geonel Rodríguez Cordoví starb 1958 in der Comandancía an seinen Verletzungen durch eine Mörsergranate. Gleich dahinter steht eine Baracke, in der ein kleines Museum eingerichtet ist. Ein Modell zeigt, wo sich die Rebellen damals verbreitet haben. Zudem stehen noch eine Schreibmaschine, Nähmaschine und ein Sauerstoffgerät für Che´s Asthmaanfälle darin. Organisiert und eingerichtet wurde die Comandancía von Celia Sánchez. Sie ist in der Gegend aufgewachsen und kannte sich deshalb bestens in der Sierra Maestra aus. So bereitete sie für die Ankunft der Rebellen mit der Motoryacht Granma am 2. Dezember 1956 alles vor.
Casa de Fidel und Arbeiterunterkunft der Comandancia de la Plata
Heute wachsen viele alte Hibiskussträucher entlang der Wege. Diese hatte Celia Sánchez gepflanzt, weil sie sehr schnell wachsen, sodass sie die Wege und Gebäude in kurzer Zeit mit einem Blätterdach überwucherten. Für Spionageflugzeuge war das Camp somit unsichtbar. Hier konnten sich Fidel Castro, sein Bruder Raúl, Camilo Cienfuegos und Ernesto Che Guevara von den Strapazen erholen. Unmittelbar nach ihrer Landung an der Playa Las Coloradas wurden sie getrennt und mussten vor Batistas Guardia fliehen. Erst zwei bis drei Wochen später haben sie sich eher zufällig bei Cinco Palmas wieder getroffen und sich in den Dschungel zurückgezogen. Mit ihren schweren Waffen war es Batistas Soldaten nicht möglich, den Rebellen in die unwegsame Bergwelt zu folgen.
Auf dem Areal stehen heute noch Baracken für ein Kriegsgericht, eine Kommandostation mit Presseraum, etwas abseits die Radiostation von Radio Rebelde, eine Küche und natürlich das Casa Fidel. Dieses ist herrlich mit zwei Zimmern, einem großen Bett und einem Balkon ausgestattet. Ein Toilettenhäuschen mit Plumpsklo steht dahinter und ganz wichtig: im Haus befindet sich ein Kühlschrank. Nein, Fidel musste damals keinen Rum kühlen. Der wurde für die Medikamente benötigt. Gekocht wurde nur nachts. Der Rauch hätte sie sonst verraten. Auch überlebenswichtig war der kleine Flusslauf hinter Fidels Hütte. So war die Lage trotz des strapaziösen Weges gut durchdacht. Hier, in ihrem Hauptquartier, konnten die Rebellen monatelang Pläne schmieden und den Kampf gegen das Batista-Regime organisieren. Zudem war es ihnen mit dem auf dem Berg stationierten Sender möglich, ihre Propaganda bis in den Norden von Südamerika zu verbreiten.
Fasziniert von diesem besonderen Ort kehren wir von Fidels Casa zurück zur Arbeiterunterkunft, wo Kaffee, Orangen- und Grapefruitschnitze für uns bereitstehen. Im Schaukelstuhl sitzend blicken wir über die majestätische Sierra Maestra, verziehen wegen der Grapefruit das Gesicht und sind doch einfach nur glücklich. Was für ein schöner, besonderer Ausflug. Dem nicht genug, stolpern wir auf dem Weg zum Alto de Naranjo fast über eine Kuba-Schlanknatter (Cubophis cantherigerus), die uns süß anschaut. Dann entfleucht die Schlange auch schon ins Gebüsch. Das entschädigt uns dafür, dass wir bis jetzt keinen einzigen Tocororo, den Nationalvogel, in Kuba gesehen haben.
Essen gehen in einem Paladar in Santo Domingo
Ausflug und Wanderung zur Comandancia im Nationalpark der Sierra Maestra in Kuba. Eindrücke von der Gegend, in der Revolutionäre damals Unterschlupf fanden.
Nach der Rückfahrt nach Santo Domingo bringt uns der Guide zu einer kubanischen Familie. In ihrem Wohnhaus ist für uns vier der Tisch gedeckt. In der einfachen Küche – in der auch lebendige Hühner über den noch warmen Grill hüpfen – dürfen wir uns kurz frisch machen. Dann bekommen wir ein einfaches, aber leckeres Essen serviert. Die Mahlzeit ist bei den Kubanern im Eintrittspreis inbegriffen und ein schöner Abschluss der Tour, die ganz klar zu den Höhepunkten unserer Reise zählt.
Vor der langen Rückfahrt trinken wir noch etwas an der Hotelbar der Villa Santo Domingo. Eigentlich schade, dass wir hier nicht übernachten. Die Anlage ist sehr schön und in dem ruhigen Wald hätten wir uns sicher wohl gefühlt. Zudem habe ich im ganzen Land nirgends so blitzsaubere Gläser gesehen wie an dieser Bar. Was einem mit der Zeit so alles auffällt! Aber wir müssen auf den Rückweg und wollen in Bayamo ankommen, bevor es dunkel wird. Begeistert labernd missachten wir die schlechten Straßen. Sollte man nicht machen. So setzen wir bei einem Straßenwulst leicht auf und ratscht dieser geräuschvoll über den Unterboden. Glück gehabt, nichts passiert! Danach sind die Straßen frei von Tücken und können wir in aller Ruhe zurück nach Bayamo fahren, wo die schon erwähnte Odyssee auf uns wartet.
Die Anfahrt erfolgt ab Bayamo über die Route 4 bis Bartolomé Masó. Direkt nach der Zuckerfabrik links abbiegen und, nach einem kurzen Stück durch den Ortskern, erneut links abbiegen. Zur Orientierung hilft ein Hügel, um dem man praktisch herumfährt. Anschließend der Straße nordöstlich vom See Embalse Paso Malo bis nach Santo Domingo folgen. Bei Bartolomé Masó gibt es auch eine Umgehungsstraße, die uns allerdings nicht aufgefallen ist. Die Comandancia ist im Ort jedem ein Begriff.
Ausgangspunkt | Office beim Ausgang (265 m) Startpunkt Wanderung (940 m) |
Koordinaten | N 20.04220, W 76.90460 |
Gehzeit | 3 bis 3.30 Stunden |
Distanz | 5 km |
Anstiege | ca. 400 HM |
Grad | T2, bei Nässe jedoch sehr rutschig |
Einkehr | Bei der Casa de Medina werden Kaffee/Tee und Früchte gereicht. |
GPS-Daten | Wanderung la Comandancia gpx |
KML-Daten | Wanderung la Comandancia kml |