Viñales gilt als das Tal der Tabakplantagen und der Mogotes. Von Havanna sind wir nun schon einige Zeit unterwegs in Richtung dieser grünen Landschaft. Auf der Fahrt machen wir Abstecher nach Las Terrazas und zu einer Tabakplantage. Bisher lag alles direkt neben der sogenannten Autopista. Nach unserem letzten Stop wieder zurück auf der Hauptstraße, sind wir uns doch bald unsicher, ob wir nach Viñales links oder rechts abbiegen müssen. Noch eh ich den Geely zurücksetzen kann, ist ein junger Mann zur Stelle. In einem gepflegten Englisch erklärt er uns, dass es rechts nach Viñales geht, auch er dort hin will und an dieser Stelle nur wenige Fahrzeuge halten. Willkommen Carlos! Nachdem unser neuer Mitfahrer von seinem Motorrad berichtet, welches sich gerade in Reparatur befindet (es soll mit einem Isetta-Motor wieder fahrtüchtig gemacht werden), erfahren wir, dass wir diesmal den Mitarbeiter eines privaten Restaurants mitgenommen haben. So dauert es dann auch nicht lange, dass uns Carlos zu zwei frisch gepressten Säften einlädt.
Das Restaurant Yuri Y Nino, ein Paladar, befindet sich in einer Seitenstraße von Viñales. Ob wir das zur Straße hin eher unscheinbare Gebäude gefunden hätten, ist auch hier nicht gewiss. Umso überraschter sind wir, als uns Carlos an einem kleinen Pool vorbei auf die überdachte Terrasse führt. Eine freie Sicht über ein Tabakfeld zu den Kalkfelsen der Sierra de los Órganos (dem Orgelpfeifengebirge) hatten wir nicht erwartet. Natürlich nutzt Carlos die Gelegenheit, uns das Paladar auch für das Abendessen schmackhaft zu machen. Den Hinweis, dass das Essen im Hotel Rancho San Vicente weniger gut sei, kann er sich sparen. Das haben längst unsere eigene Recherchen ergeben. Ohne Alternativen zu kennen, sagen wir zu und treffen damit eine gute Wahl. Denn zu der schönen Aussicht erhalten wir am Abend ein Menü, das in der Qualität und Menge spitzenmäßig ist.
Ebenfalls durch Carlos lassen wir uns einen Reitausflug durch das Viñales Tal organisieren. Dieser gilt als die schönste Möglichkeit, das Tal, die Tabakfelder und die Ausläufer der Sierra de los Órganos zu erleben. Die vor rund 170 Millionen Jahren entstandene Landschaft ist als Nationalpark geschützt. 1999 wurde das Tal außerdem von der UNESCO mit dem Titel »Kulturlandschaft der Menschheit« ausgezeichnet. Geformt wurde das Gebirge durch Kalklösung und andere Erosionsprozesse. Nachdem das Wasser in die Kalkfelsen eindringen und dort weichere Zwischenschichten auswaschen konnte, entstand über die Jahre ein weit verzweigtes Höhlensystem. Wenn eine Höhlendecke unter dem Gewicht einstürzte, formte die weitere Erosion die Kegelfelsen, die Mogotes genannt werden. Zunächst aber fahren wir zum Hotel.
Ruhe, absolute Stille – das fällt mir ein, wenn ich an das Resort Rancho San Vicente denke. Es liegt außerhalb vom Ort Viñales, sodass wir mit dem Auto etwa zehn Minuten bis dorthin brauchen. Dafür bietet es einen herrlichen, großen Garten und ringsherum nur Natur. Während die älteren Bungalows noch gemauert sind, strahlen die neuen Räume in zweistöckigen Holzhäusern ein einladendes Ambiente aus. Wir bekommen die Nr. 18. Das ist eines der beiden höchsten Zimmer. Damit müssen wir zwar eine wacklige Holztreppe hinaufsteigen, haben dafür aber einen tollen Ausblick über das gesamte Grün und auf die mit großblättrigen Efeututen bewachsenen Pinien.
Zimmer im Rancho san Vicente
Das Zimmer ist wohnlich eingerichtet und sauber. Obwohl die angrenzenden Zimmer ebenfalls belegt sind, hören wir nachts keinen Piep und können dringend nötigen Schlaf nachholen. Der Wasserdruck in der Dusche ist nicht üppig, aber es geht trotzdem. Hauptsache, das Wasser ist warm. Aber das Schönste ist das große Panoramafenster und der Balkon, welchen wir einfach nur genießen. Als Krönung bekommen wir an Weihnachten noch eine Flasche Rotwein auf das Zimmer gestellt. So etwas ist immer nett.
Auf dem Areal gibt es eine Thermal-Quelle, welche für medizinische Anwendungen genutzt wird. Daneben werden Massagen und, in einem kleinen Laden, manchmal Rum und ein paar Souvenirs angeboten. Für Abkühlung sorgt der hübsch in die Anlage integrierte Pool, welcher allmorgendlich von dem ganzen Grünzeugs der Bäume befreit werden muss.
Pool, Garten und Holzhaus bei Rancho san Vicente
Das einzige Manko ist das Essen. Das Frühstück verläuft eher chaotisch. Die Tische sind immer gleich belegt und Besteck, Teller, Tassen und Gläser sind abwechselnd Mangelware. Mit etwas Geduld finden wir jedoch alles, was wir brauchen, und geben uns mit dem leckeren Omelette zufrieden. Das restliche Büfett ist zu unserem Bedauern sehr übersichtlich, womit die Teller in aller Regel nicht besonders voll sind. Dadurch kann aber auch nicht so viel herunterfallen, stolpern doch die meisten Touristen auf dem Weg zur überdachten Terrasse die halbhohen Stufen herunter.
Da die Bewertungen nicht für das Restaurant sprechen, das Frühstück eher mau ist und uns sogar das Personal empfiehlt, lieber in einem Paladar in der Nähe zu essen, befolgen wir den Ratschlag. Über das Abendessen im Rancho San Vicente können wir also nichts sagen. Nach dem ersten Abend bei Yuri Y Nino gönnen wir uns das Weihnachtsessen mit Languste und erneut reichlich Beilagen im La Pimienta. Zu diesem Restaurant können wir vom Hotel zu Fuß aus hinlaufen und somit Mojitos trinken, soviel wir wollen. Auch dadurch erleben wir ein richtig schönes Weihnachten.
Am frühen Morgen starten wir unseren Reitausflug durch das Tal von Viñales. Der junge Reitbursche erwartet uns schon beim Paladar Yuri Y Nino. Carlos, unser Zufallsguide von der Anreise, hat uns versprochen, dass wir begeistert sein werden. Wir sind gespannt. Nach der Erfahrung vom Vortag aber auch zuversichtlich, dass er Recht behalten wird und wir einen schönen Reitausflug in Viñales erleben werden
Da es bei der Reitstation keine Getränke zu kaufen gibt, machen wir noch einen Abstecher zur Tankstelle und decken uns mit Wasser ein. Immerhin soll der Ausflug vier Stunden dauern, und das kann durstig werden. Wir fahren ein gutes Stück über eine Rumpelstraße, bis wir die schon gesattelten Pferde neben einer großen Koppel erreichen. Über Nacht muss es wie aus Kübeln geschüttet haben. Wir haben nichts davon mitbekommen. Aber da es keinen Pferdestall gibt, sind die Pferde leicht nass. Wir steigen auf unsere zotteligen, aber lieben Pferde und werden kurz eingewiesen. Links, Rechts, Stopp – das reicht schon. Loslaufen und Schneller brauchen wir nicht, da die Tiere eh nur auf die Laute ihres Herrn hören.
Langsam trotten wir an Feldern mit Gemüse, Obst und natürlich jeder Menge Tabak vorbei. Lars' Pferd immer schön voraus. Und das in einem Tempo zum Einschlafen. Aber wehe, meines will überholen, dann wird auf einmal schneller gelaufen. Bis unser Guide schimpft und die Pferde zu ihrem gewohnt langsamen Trott zurückkehren. Das wird ein schönes hin und her, das sich auf dem Weg zu einem Tabakbauer mehrmals wiederholt. Hier ziehen wir das zweite Mal in unserem Leben an einer Zigarre. Da der Bauer Honig auf das hintere Ende (Mundende) streicht, schmeckt das Rauchen diesmal süßlich lecker. Gemessen an anderen Spezialitäten Kubas werden wir aber doch eher zum Rum oder einen leckeren Mojito greifen als zur Zigarre.
Bei der Farm treffen wir auf einen weiteren deutschen Touristen, der uns mitteilt, dass Fidel Castro gestorben sein soll. Zum Glück folgt drei Stunden später das Dementi. Es kommen immer wieder solche Gerüchte auf. Erst am 25. November 2016 und damit einige Zeit nach unserer Rundreise wurde das Gerücht zur traurigen Realität für die Kubaner und stand das ganze Land mehrere Tage still. So also bleiben wir während unserer Reise durch Kuba zum Glück davon verschont. An Fidel denkend, reiten wir an einem Badesee vorbei. Zum Baden ist es durch den stürmischen Wind etwas zu kalt. Also alle wieder aufsteigen und weiter zu einer Tropfsteinhöhle!
Reitausflug ins berühmte Viñales Tal im Westen von Kuba. Ritt durch die Felder und Besuch einer Tabakplantage mit Vorführung der Zigarrenherstellung. Besuch einer kleinen Tropfsteinhöhle inmitten der Felder.
Besuch der Tropfsteinhöhle von Viñales
Die Tropfsteinhöhle wird auch von anderen Reitern angesteuert. So stehen schon einige andere Pferde vor dem Eingang und müssen wir eine Weile auf den Höhlenguide warten. Er will zwei CUC pro Person, hat dafür aber mehrere Taschenlampen dabei, die wir auch brauchen. Bis zum Eingang ist es eine kurze Kraxelei über Wurzeln und Steinblöcken. Dann quetschen wir uns durch eine sehr enge Felsöffnung – laut unserem Höhlenmensch ist diese nicht für US-Amerikaner geeignet – in die Dunkelheit. Wie in wohl allen Tropfsteinhöhlen gibt es auch hier eine Menge fantastische Gestalten zu entdecken. So zeigt uns der Guide hier einen Bären, dort einen Hai, dann einen Elefanten und einige Tiere mehr. Bei einem Loch im Gestein ist das Porträt von Queen Elizabeth als Silhouette zu erkennen. Es sei denn, man hat drei Mojito getrunken, dann soll man darin Marilyn Monro sehen. Für Lars ist es Lady Gaga. Aber jedem das seine.
Neben den vielen Fantasiegebilden gibt es auch Leben in der Düsternis. So treffen wir auf eine große Kröte, die sich hier wohl fühlt und laut dem Guide immer zu gleichen Zeiten an den gleichen Stellen sitzt. Das Licht unserer Taschenlampen lässt sie kalt. Etwas weiter zieren weiße Pilze einen morschen Baumstamm. Zuletzt finden wir beim Ausgang ein Modell von Havanna an der Decke (auf dem Kopf), bevor es zurück zu den Pferden geht.
Unser nächstes Ziel ist ein Bauernhof mit einem hübschen Ausflugslokal. Wir sitzen kaum, als wir auch schon mit einem leckeren Cocktail, Bananenchips und frischem Zuckerrohr zum Auslutschen verwöhnt werden. Um unser Wohl bemüht, fragt der Bauer mehrmals nach, ob wir mehr Rum bräuchten. Ähm, nein! Wir wollen auf dem Rückweg nicht vom Pferd fallen – und für den Lady-Gaga-Test ist es zu spät. Dafür werden bald Bananenchips und Zuckerrohrstangen nachgereicht. Nach der Stärkung eröffnet uns ein kurzer Spaziergang über den Hof Einblicke in das Leben der Bauern und der vielen Tiere, denen es richtig gut geht. Die Kubaner sind sehr tierlieb, da wird selbst das Schwein geknuddelt. Ich habe dafür sofort ein Kätzchen auf der Schulter und bin glücklich.
Bauernhof im Tal von Viñales
Nach gut vier Stunden reiten wir zurück zum Ausgangspunkt. Die 25 CUC pro Pferd geben wir unserem Reitburschen gerne. Denn bestens gelaunt, haben wir einen herrlichen Vormittag in Viñales Tal verbracht.
Wer beim Hotel Rancho San Vicente übernachtet, sollte einen Spaziergang zur Cueva del Indio fest einplanen. Sie ist wohl die berühmteste der Karsthöhlen im Nationalpark von Viñales, was auch bedeutet: wer darauf achtet, dass nicht gerade ein Bus seine Ladung beim Besucherzentrum ausschüttet, hat mehr von der Höhle. Bei unserem Besuch am Heiligabend sind zum Glück nur wenige Reise- und Ausflugsbusse unterwegs. Für fünf CUC pro Person bekommen wir die Eintrittskarten für die Höhle inklusive Bootstour. Einen Guide brauchen wir nicht.
Einen Steinwurf vom Eingang entfernt sitzt eine kleine Gruppe gelangweilter Kubaner im Ureinwohner-Look im Gras. Das ist nett. Spannender finden wir jedoch die süße Hutia-Baumratte, die um die Neo-Indianer herumschleicht. Nachweislich haben Indios in der 165 Millionen Jahre alten Höhle gelebt, weshalb sie nach ihnen benannt wurde. Bauern entdeckten die zeitweise in Vergessenheit geratene Höhle 1920 wieder, worauf sie wenig später für Touristen erschlossen wurde.
Wir schlendern ganz alleine über den gut angelegten Betonweg. Weite Teile der Höhle sind diffus ausgeleuchtet, nach Fantasiegestalten müssen wir auf dem gut zu gehenden Weg aber selbst suchen. Es dauert nicht lange, bis wir den unterirdischen Fluss erreichen. An einem Bootssteg warten wir auf die nächste Mitfahrgelegenheit. Währenddessen stoßen noch ein paar Franzosen zu uns. Die Bootstour haben wir also nicht für uns alleine. Ist aber nicht weiter schlimm. Überladen ist das Boot deshalb nicht.
Auf dem Wasser schippern wir noch ein ganzes Stück weiter in die Höhle hinein. Diesmal auch mit obligatorischen Hinweisen auf die vom Kalkstein gebildeten Steintiere. Schließlich wendet das Boot. Nachdem wir die Einstiegsstelle passiert haben, kommen wir zum Höhlenausgang, der von innen eine schöne Silhouette mit dem Grün von außen bildet. Beim Restaurant des Ausflugsziels endet schließlich die Bootsfahrt. Hier sehen wir, wie der Fluss mit einer kleinen Mauer angestaut und somit befahrbar gemacht wird.
Kurzer Schwenk über die Anlage des Hotels Rancho San Vicente und Besuch der Tropfsteinhöhle Cueva del Indio im Viñales-Tal von Kuba. Bootsfahrt in den hinteren Teil der Höhle sowie über den Höhlenfluss zurück an die Oberfläche.