In der Caldera des Taburiente

Eine der schönsten Wanderungen auf La Palma

Für unsere nächsten beiden Tage auf La Palma ist traumhaftes Wetter gemeldet. Damit finden wir beste Voraussetzungen für die Wanderung durch die Caldera des Taburiente. Die Wanderung gilt als der Klassiker auf La Palma schlechthin.

Durch lichte Pinienwälder laufen wir hinein in den Nationalpark mit dem riesigen Bergkessel des Taburiente. Dort erwarten uns eine berauschende Natur, eindrucksvolle Felsformationen und vielleicht auch ein kleines Abenteuer beim Abstieg durch das Flusstal.

Von Los Llanos zum Kratergrund

Der Tag beginnt mit einer Fahrt quer über die Insel. Die Öffnung des Kraters befindet sich auf der Westseite bei Los Llanos. Ab Los Cancajos dauert die Fahrt dorthin circa eine Dreiviertelstunde. Das auch, weil sich Los Llanos als ein Nadelöhr im morgendlichen Berufsverkehr entpuppt. Sowie wir den Stadtkern in Richtung Krater verlassen, wird es ruhiger. Dafür sind die Straßen fortan sehr eng. Wir erreichen die Calle la viña, die Straße der Weinberge.

Sie verläuft entlang der steilen Kraterwand, bevor es über scharfe Serpentinen hinab auf den Kratergrund geht. Die Fahrt endet beim Parkplatz nahe einer Furt. Einige Kleinbusse warten bereits auf Kundschaft. Denn nur mit einem der Busse ist es möglich, zum Ausgangspunkt am Mirador Los Brecitos gelangen. Um mitgenommen zu werden, sollte man zwischen neun und zehn Uhr am Parkplatz sein. Kostenpunkt pro Fahrzeug sind 51 EUR. Wer will, kann sich den Fahrpreis mit Mitfahrern teilen.

Mit einem Elektrobus durch die Hacienda del Cura

Ähnlich wie beim Aussichtspunkt La Cumbrecita ist auch hier im Taburiente wenig los. Um rasch starten zu zu können, gönnen wir uns eine Privattour in La Palmas erstem Elektrobus. So zumindest erklärt es stolz unser Fahrer. Auf dem Weg nach Los Brecitos führt die Fahrt durch das halb verlassene Bauerndorf Hacienda del Cura. In einfachen Unterkünften lebten hier einst Bauern, die im Krater Tabak kultiviert hatten.

Zwischen 1900 und 1967 bestritten zahlreiche palmerische Familien ihren Lebensunterhalt mit der Herstellung von Tabakprodukten. 1967 fand dieser Wirtschaftszweig ein jähes Ende, als fast alle Pflanzen dem Tabakblauschimmel zum Opfer fielen. Heute werden nur noch kleine Anbauflächen bewirtschaftet und die Zigarren zählen zum Kunsthandwerk der Insel.

Start beim Mirador Los Brecitos

Nach etlichen Kurven durch das von Steinschlag gefährdete Gelände erreichen wir den Mirador Los Brecitos. Es ist der Endpunkt der Straße und Ausgangspunkt unserer Wanderung. Sofort sticht das erste Warnschild ins Auge: Vorsicht Jagd! Im November herrscht auf La Palma Jagdsaison. Samstags zwischen 6 und 18 Uhr geht es den Arrui an den Kragen.

Der Mähnenspringer wurde einst zur Bejagung auf die Insel gebracht. Es ist also nur konsequent, dass sich die scheuen Tiere lieber auf schwer zugänglichem Terrain aufhalten. Samstags schleichen die Jäger mit ihrer Hundemeute über die Insel und ballern in die Landschaft. Nicht immer gelingt es den Jägern, Touristen von Tieren zu unterscheiden.

Auf was man nicht alles achten muss! Zum Glück haben wir einen Montag erwischt und können »gefahrlos« durch den Krater wandern. Durch ein Drehkreuz gelangen wir auf den Wanderweg in Richtung »Zona de acampada«, dem Waldcampingplatz des Taburiente-Kraters.

Der Weg ist gut ausgebaut und teilweise mit Holzgeländern gesichert. Er schlängelt sich gemächlich entlang der Caldera-Flanke. Nadeln der Kiefern bedecken den Boden und machen den Untergrund weich, als liefen wir über einen Teppich.

Vorbei an den Los Agujeritos zum Mirador del Lomo de Tagasaste

Immer wieder öffnet sich die Sicht in den gewaltigen Krater der Taburiente. Hie und da erheben sich eindrucksvolle Felsformationen wie die Los Agujeritos. Sie bilden eine Reihe von Gipfeln in Form von Sägezähnen, die eine Landschaft aus senkrechten Wänden bilden. Über Holzstege werden kleine Schluchten überwunden, bevor wir den Mirador del Lomo de Tagasaste erreichen. Der Aussichtspunkt ist mit einem Holzgeländer sicher eingefasst und bietet einen freien Blick in die Caldera.

Bei den neun fetten Kiefern – Los nueve Pinos gordos

Wir bleiben auf dem Weg und gelangen zu einem eingezäunten Versuchsfeld der Botaniker. Hier werden zu Forschungszwecken Sträucher in den Kiefernwald gepflanzt. Ziel ist es, herauszufinden, welche sich am besten halten können. In der Nähe sollte es außerdem Petroglyphen, also Steinzeichnungen der Ureinwohner geben. Leider bleibt uns selbst der Abstecher verborgen. Stattdessen erreichen wir bald darauf den Pfad zu den Los nueve Pinos gordos, den neun fetten Kiefern.

Wie der Name verspricht, treffen wir auf dem Weg auf neun knorrige, uralte kanarische Kiefern. Ihre Stammdurchmesser reichen von 1,48 Meter bis 2,78 Meter. Sie haben Höhen zwischen 24,79 – 34,18 Meter und einen Kronendurchmesser von 22 – 34 Meter. Diese alten Bäume haben bisher alle Waldbrände überlebt. Somit geben sie ein gutes Beispiel für die Fähigkeit dieser Art, Feuer zu widerstehen und sich daran anzupassen. Sie hängen voll mit teilweise riesigen Nestern von alten Kiefernnadeln, die sich ineinander verhakt haben.

Auf dem Kratergrund des Taburiente

300 Meter nach dem Abzweig zu den fetten Kiefern stehen wir im Barranco de las Bombas. Dieses Tal zeigt deutlich, wie Regenwasser gewaltige Erdrutsche auslösen kann. Das Rauschen des Rio Taburiente ist nun immer deutlicher zu hören. Schließlich öffnet sich vor uns das weite Flussbett im Kratergrund des Taburiente. Die breite Schotterfläche wird Playa de Taburiente bezeichnet, der Strand des Vulkans.

Hier endet der bisher so schön erkennbare Wanderweg. Wir müssen uns eine geeignete Stelle suchen, um den Fluss zu überqueren. Bei zum Glück niedrigem Wasserstand sind schnell ein paar Steine gefunden, die eine trockene Überquerung ermöglichen. Ganz anders verhält es sich nach ergiebigen Regenfällen. Dann kann die Flussquerung schnell abenteuerlich werden.

Es wird Zeit für eine längere Pause. Wir stapfen durch den Uferbewuchs und nehmen einen Trampelpfad hinauf zum Zelt- und Rastplatz des Taburiente. Im Fluss finden sich einige Wasserbecken, die sich zum Baden eignen. Ende November verzichten wir lieber. Im Schatten der Kiefern steht ein einsames Zelt. Wer hier übernachten will, muss sich vorher bei der Parkverwaltung anmelden.

Toiletten und Duschmöglichkeiten gibt es im Centro de servicio, etwas oberhalb vom Campingplatz. Dort treffen wir auch auf eine Parkangestellte, die frei jeder erkennbaren Beschäftigung vor sich hin stiert. »Sie könnte den Besuchern doch wenigstens Kaffee oder Getränke anbieten«, sinniert Lars. Ja, woanders haben wir dies schon erlebt. Hier aber begnügt man sich damit, angestellt zu sein.

Beim Roque Idafe

Hoch über dem Barranco Almendro Amargo

Oberhalb dem Centro de servicio beginnt die zweite Etappe unserer Caldera-Tour. Der Schotterweg setzt sich nach Süden fort und ist deutlich unbequemer zu laufen als der Pfad zum Campingplatz. Dafür erleben wir nun herrliche Ausblicke auf den legendären Roque Idafe. Für die Benahoaritas, den Ureinwohner La Palmas, war die Felsnadel heilig. Eine Legende erzählt, sie würde den Himmel tragen. Sollte der Roque Idafe jemals umstürzen, werde großes Unheil geschehen und die Apokalypse über sie hereinbrechen.

Die Benahoaritas opferten dem Felsen Tiere. Während des Rituals sangen die einen: »Iguida iguan Idafe?« Wann wird der Idafe fallen? Als Antwort sangen die anderen: »Que guerte iguan taro.« Gib ihm, was du mitgebracht hast und er bleibt stehen. Bisher ragt der Roque Idafe sicher in die Höhe. Die Apokalypse scheint auf den Sanktnimmerleinstag verschoben.

Wir befinden uns hoch über dem Barranco Almendro Amargo, der Bittermandelschlucht. Der Pfad ist an vielen Stellen schmal und abschüssig. Teilweise sind Steilstücke mit Mäuerchen und Beton befestigt. Nach etwa zwei Kilometern erreichen wir eine Gabelung. Der linke Pfad ist für »Solo expertos«, für die Mutigen.

Wir riskieren es und umrunden so eine Felsnase. Der Pfad ist schmal und felsig. Zur Seite fällt das Gelände senkrecht nach unten zum Rio Almendro ab. Tatsächlich ist diese Passage jedoch nur wenige Meter lang. Denn schon bald treffen beide Varianten wieder aufeinander.

Cascada de Colores

Wir folgen dem orangefarbenen Fluss

Der weitere Abstieg zum Fluss verläuft durch ein Steinschlaggebiet. Hier sollte man etwas umsichtiger sein und keinesfalls bummeln. Unten gabelt sich die Schlucht. Von links kommt der Rio Almendro über hübsche Kaskaden durch die Felsen geplätschert. In der rechten Schlucht hingegen erscheint ein seltsames Bächlein, das sich wie ein orangefarbenes Band durch den Sand schlängelt.

Neugierig stapfen wir diesem Band entgegen, bis wir nach knapp 300 Meter eine Art natürliche Staumauer erreichen. Wir sind an der Cascada de Colores. Aus einer Öffnung sprudelt stark eisenhaltiges Wasser, welches das Gestein orange färbt. Wir verweilen nur kurz. Die Schlucht ist sehr eng und durch Steinschlag gefährdet. Weniger ängstlich sind da die Einheimischen. Ein junges Paar sitzt vor der Quelle und gönnt sich ein opulentes Picknick.

Im Flussbett des Rio Almendro

Zurück bei der Schluchtgabelung bleiben wir im Flussbett des Rio Almendro. Da der Fluss bei unserer Tour kaum Wasser führt, verläuft der Pfad über trockene Kiesbänke. Nach 600 Meter stehen wir jedoch vor Dos Aguas. Hier mündet der Rio Almendro Amarga in den Rio Taburiente. Das am Zusammenfluss breite Flussbett lässt ahnen, welch Wassermassen hier zeitweise ins Tal rauschen. Bei unserer Ankunft führt einzig der Rio Taburiente etwas mehr Wasser. Blöderweise kreuzt dieses das gesamte Flussbett. Irgendwie müssen wir dort hinüber kommen.

Zur Not waten wir barfuß hindurch. Dann aber finden wir eine Schmalstelle, über die wir trockenen Fußes hinüber gelangen. Etwas vorsichtiger sind wir anschließend beim Stauwehr, das sich ebenfalls über den ganzen Talgrund erstreckt. Das abschüssige Abdeckgitter lädt förmlich zum Abrutschen und Knöchel verstauchen ein. Wir beobachten die Spanier, die vorsichtig hinabklettern und machen es ihnen nach. Das rostige Metall gibt tatsächlich genug Halt, sodass wir bald wieder im sicheren Bachbett stehen.

Abenteuer im Barranco de las Angustías

Nach 700 Meter wird das Bachbett schmaler. Hier befindet sich der Zusammenschluss aller Schluchten der Caldera Taburiente. Der Barranco de las Angustías führt uns nun langsam zu unserem Ziel. Mit ihm beginnt die dritte Etappe der Wanderung, die abenteuerlicher wird als wir anfangs erwartet hatten. Dabei bleiben wir im Flussbett. Mit gelb-weißen Streifen ist ein Ausweichpfad oberhalb vom Fluss markiert. Nicht immer ist das Wasser so niedrig wie bei unserer Wanderung. Für so einen Fall sind mehrere Umgehungswege angelegt. Doch auch diese wechseln gelegentlich die Seite, sodass man bei Hochwasser nass werden kann.

Nachdem wir bislang immer einen Weg durch den Schluchtgrund gefunden hatten, wird es nun zusehends enger. Wir erreichen eine kleine Schlucht aus wasserundurchlässiger Kissenlava. Auf der einen Seite wirkt sie mit ihren glatten, gerundeten, hellgrauen Wänden und Tunnel malerisch. Andererseits erfordert sie Geschick, um meterhohe Felsen hinunterzurutschen oder hinabzuklettern. Wir folgen dem spanischen Paar aus der Cascada de Colores. Beide stammen sie von der Insel und kennen wohl den besten Weg.

Durch den Salto de la Estrechura

Auf einem kurzen Abschnitt lassen wir uns dazu verleiten, auf die Umgehung zu wechseln. Dies eröffnet uns ein paar schöne Blicke auf das Bachbett. Dort hindurchzulaufen, ist jedoch genau das Abenteuer, für welches diese Tour steht. Wir steigen bei der nächstbesten Gelegenheit wieder hinab und erreichen so den Salto de la Estrechura.

Es ist eine gut zweieinhalb Meter hohe Felsensteilstufe mit Wasserfall. Da wir kaum durch den Wasserfall hinabrutschen wollen, nehmen wir den seitlichen Felsen. Von oben betrachtet ist dieser saumäßig hoch. Doch unten erwartet uns ein weiches Kiesbett, sodass der Absprung sicher erscheint. Was macht man nicht alles?

Hat man es soweit geschafft, ist der restliche Weg ein Klacks. Die Kissenlava setzt sich auf beiden Seiten noch eine Weile fort. Im Kiesbett auf dem Grund ist es jedoch angenehm zum Laufen. Eine Art Aquädukt überspannt die Schlucht, bevor diese zusehends breiter wird. Es wird grüner durch das Sumpfgras, das hier im Sonnenlicht gedeiht.

Mit diesen letzten schönen Eindrücken erreichen wir bald die Furt und wenige Schritte weiter den Parkplatz. Eine wunderschöne, abenteuerliche Tour liegt hinter uns, die uns ganz unterschiedliche Facetten im Krater des Taburiente eröffnet hat. Wir sind durch drei Abschnitte gewandert, die unterschiedlicher kaum sein konnten.

Video Wanderung durch die Caldera des Taburiente

Die Wanderung durch die Caldera des Taburiente ist das Highlight auf La Palma. Es geht durch lichte Pinienwälder und abenteuerliche Schluchten.

Tourinfos zur Wanderung auf den Kratergrund

Durch den Ort Los Llanos geht es über eine Serpentinenstraße hinab zum Parkplatz der Caldera de Taburiente. Dort warten Taxis, die hinauf zum Mirador Los Brecitos fahren. Kostenpunkt pro Taxi 51 EUR (2020). Man sollte jedoch bis 10 Uhr beim Parkplatz sein.

Die Wanderung durch die Caldera de Taburiente beginnt recht einfach. Schöne Wege führen durch den Pinienwald bis in den Kratergrund. Nach dem Zeltplatz verläuft der Abstieg geröllig, teilweise recht abschüssig. Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und Kondition sind Vorraussetzung für diese Tour. Der untere Teil führt durch ein Flussbett, das je nach Witterung mal mehr, mal weniger Wasser führt. Die Wege sind nicht immer gut sichtbar. Bei höherem Wasserstand bleiben nasse Füße nicht aus.

AusgangspunktParkplatz Caldera de Taburiente / Mit dem Taxi zum Mirador Los Brecitos
KoordinatenN 28.6856, E -17.9096 (Parkplatz)
Gehzeit4.30 Stunden (reine Gehzeit) mind. 6 Stunden einplanen!
Distanz14,9 km
An- und Abstiege120/960 HM
GradT3
Einkehrkeine / Toiletten an der Zona de acampada
GPS-DatenWanderung Caldera des Taburiente gpx
KML-DatenWanderung Caldera des Taburiente kml

Wanderkarte zur Caldera de Taburiente

Höhenprofil

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