Drachenbäume gehören zu den bekanntesten Bäumen der kanarischen Inseln. Um das legendäre Gewächs ranken sich zahllose Mythen und Sagen. Der rote Saft des Dragos bescherte ihm den Beinamen »Drachenblut«. Davon zu trinken soll einem übernatürliche Kräfte verleihen. Die Guanchen nutzten ihn zur Mumifizierung ihrer Toten. Bereits vor dem Tod eingenommen, heilt der Saft Knochenbrüche und Verletzungen.
Und nicht zuletzt sind die bizarr gewachsenen Pflanzen schön anzusehen. So führt die Wanderung bei Las Tricias zu einigen der schönsten Drachenbäume der Insel. Ein zweiter Höhepunkt der Runde sind die Höhlen von Buracas, in denen einst die Ureinwohner lebten. Beides zusammen macht diese Wanderung zu einem landschaftlichen, botanischen und gleichzeitig archäologischen Erlebnis.
Von unserem Hotel in Los Cancajos umrunden wir für diesen Ausflug erst einmal die Caldera des Taburiente. Die Route führt über Los Llanos, vorbei an den Schmugglern von Tijarafe. So erreichen wir nach einer Stunde und zwanzig Minuten das Dorf Las Tricias. Vor der Kirche gibt es eine Handvoll Parkplätze. Am frühen Vormittag sind diese allesamt noch frei.
Der Dorfplatz mit seinen kanarischen Häusern und der Kirche ist bereits ein kleines Idyll. Ob wir im Camu Camu einen Kaffee bekommen? Die Türen stehen offen. Dennoch öffnen sie erst um zwölf Uhr. Daran ändert auch eine fünfköpfige Wandergruppe nichts, die sich zu uns gesellt. Egal, vielleicht finden wir unterwegs noch eine Einkehrmöglichkeit.
Zwischen der Kirche und dem Parkplatz führt ein Betonweg hinab. Wo dieser nach wenigen Schritten endet, wechseln wir auf den Pfad durch den Orangenhain. Wir stoßen auf den nächsten Betonweg, der kurz darauf ebenfalls endet und sich als schmaler Steinpfad fortsetzt. Hier stehen wir bereits vor dem ersten jungen Drachenbaum. Jung ist natürlich immer relativ.
Drachenbäume wachsen extrem langsam. Nach ungefähr 15 Jahren blüht der Drago das erste mal und bringt Früchte. Erst dann fängt er an, sich zu verzweigen. Dieser kleine Baum, vor dem wir stehen, trägt bereits Früchte und hat sich auch schon einige male verzweigt. Auch wenn er uns kaum überragt, so hat er doch einige Jahre auf dem Buckel.
In Las Tricias leben gut 250 Einwohner. Sie wohnen in kleinen Höfen, verstreut um den Ortskern herum und in den sanften Hängen. Das Dorf war einst Siedlungszentrum der Benahoaritas, der Altkanarier. Der Steinpfad schlängelt sich vorbei an alten, romantisch anmutenden Bauernhäusern. Einige davon scheinen dem Verfall preisgegeben, andere sind adrett gepflegt, umgeben von Obst- und Blumengärten.
Wie ein Statussymbol wächst der ein oder andere Drachenbaum in den Gärten. Es ist ruhig, das Dorf wirkt unbelebt. Es ist gut möglich, dass die meisten der Häuser inzwischen als Wochenendhäuser der Palmeros genutzt werden. Umso fröhlicher begleitet uns ein Hund durch die Landschaft.
Nach einem Kilometer erreichen wir eine schmale Fahrstraße. Es ist die Zufahrt zur Gofio-Mühle, der wir nach links folgen. Vorbei an mehreren Hofeinfahrten bleiben wir auf der Straße, bis wir nach 600 Meter bei einem Hühnerhof stehen. Um das Haus herum stolzieren mehrere Hähne.
Rechts nehmen wir den Pfad weiter bergab. Dieser trifft wieder auf die Straße, der wir nochmals folgen, bis in der Rechtskurve eine Zufahrt links abgeht. Wir nehmen den Erdpfad, der zwischen Einfahrt und Straße fast geradeaus beständig hinabführt.
Der Pfad ist felsig und durch den Regen der letzten Tage etwas matschig und rutschig. Aber er bringt uns zu einem der schönsten Drachenbäume der Insel. Es ist ein riesiger Solitärbaum zwischen Steinmauern und Feigenkakteen. Wie alt mag er wohl sein? Das bisher größte Exemplar auf den Kanaren ist der Drago Milenario bei Icod auf Teneriffa. Jener wurde schon auf 3000 Jahre geschätzt. Da sich Drachenbäume aber nur vage einschätzen lassen, hat man das Alter später auf etwa 300 bis 800 Jahre zurückgeschätzt.
Eindrücke unserer Tour zu den Drachenbäumen bei Las Tricias. Die Wanderung ab der Gofio-Mühle führt uns in das Land der schönsten Dragos von La Palma.
Drachenbäume gehören zu den Agavengewächsen. Anders als etwa Kiefern bilden sie keine Jahresringe. So nützt es auch nichts, ihn zu fällen und für eine Altersbestimmung nachzuzählen. Obendrein wäre eine solche Tat natürlich ein Unding. Was bleibt, sind vage Anhaltspunkte bei den Blüten und den Verzweigungen alle 15 Jahre. Leider hält sich die Dracaena draco nicht immer an diese Faustregel. Durch seinen »eigenen Kopf« kommen schnell Ungenauigkeiten von bis zu 500 Jahren zustande.
Unterhalb vom Drachenbaum queren wir nochmals die Straße. Das Museo von Gofio lassen wir vorerst links liegen. Wir kommen später dorthin zurück. Jetzt folgen wir der rot-weißen Markierung immer bergab. Dieser Abschnitt der Wanderung scheint einem Bilderbuch entsprungen zu sein. Wir laufen unter Dattelpalmen hindurch.
Vor uns liegt der azurblaue Ozean. Und in der grünen Landschaft tauchen immer mehr Drachenbäume auf. Am Vormittag scheint auch die Sonne im richtigen Winkel auf den Bergrücken und die daneben liegende Schlucht. Der Drachenbaumhain steht im perfekten Licht. Zuletzt sehen wir über uns die Windmühle des Gofio-Museums.
Laut unserem Wanderführer sollte es hier ein Café geben. Tatsächlich passieren wir einige kleine Wohnhäuser. Ein Café jedoch können wir nicht finden. Wir fragen beim nächstbesten Haus. Eine Künstlerin bietet dort selbstgemachten Schmuck aus Vulkansteinen an. Ja, das Café Aloe gibt es schon länger nicht mehr. Wenn wir mögen, könnte sie uns aber auch geschwind einen Kaffee brühen. So verbringen wir unsere Wanderpause bei den Einheimischen. Vielleicht nicht ganz, die Frau stammt aus Deutschland und lebt hier ihren Lebenstraum. Mit ihr wohnen einige Katzen inmitten der traumhaften Landschaft.
Was bei unserem Besuch so idyllisch wirkt, birgt allerdings auch seine Schattenseiten. Unsere Gastgeberin berichtet von einem heftigen Waldbrand. Vor drei Monaten musste sie mitsamt ihren Katzen in den nächsten Ort fliehen. Ungewiss, ob die Flammen ihr Anwesen verschonen würden, harrte sie dort aus. Erst später sehen wir, dass sie richtig Glück hatte. So habe sie selbst schon beobachtet, wie eine einzeln stehende Kiefer trotz einigem Abstand zum Waldbrand in Flammen aufging. Und weit sind die letzten verkohlten Kiefern nicht weg von ihrem Anwesen.
Nach der Pause wandern wir weiter hinab. Der Pfad wird immer schmaler und verwachsener. Von links kommt ein weiterer Pfad hinzu. Dieser würde uns wieder bergauf durch den Drachenbaumhain zur Mühle bringen. Wir indes halten uns nun stets links und gelangen so in die Schlucht von Buracas. 1920 entdeckte Antonio Radón mehrere Gravuren in diesem Bereich.
1941 stieß man dann auf Höhlen, welche sich auf drei Ebenen verteilen. Sie sind von bedeutendem archäologischem und kulturhistorischem Interesse. Bei unserer Ankunft wird gerade eine Gruppe Touristen durch die Anlage geführt. Sie kommen kaum von Fleck, denn ihr Guide weiß wirklich viel über die leeren Höhlen zu erzählen.
Das Volk der Awarita nutzte einst die Höhlen und Schluchten von Buracas. Sie fanden hier den idealen Ort, um ein gutes Leben im Einklang mit der Natur zu führen. Die Höhlen dienten ihnen als Stall, Lagerplatz und zum Wohnen. Die Quellen trocknen selbst während der Dürrezeiten nie aus. So wurde das Wasser von den Bewohnern, wie auch von Durchreisenden genutzt. Im Kiefernholztrog, aber auch in Zisternen sammelte und speicherte man es.
Zur Veranschaulichung ist heute eine Wohnhöhle rekonstruiert. Auch neue Brunnen wurden gebaut, um das Leben der Menschen von damals zu veranschaulichen. Wir nehmen den Weg durch das Rund des Talschlusses und gelangen so zum Tagoror. Die runde, gepflasterte Fläche war einst der Versammlungsplatz der Ureinwohner.
Der Schluchtgrund von Buracas ist der tiefste Punkt unserer Wanderung. Wir bleiben auf dem Felsenpfad, der nun steil ansteigt. Vorbei an einigen Wohnhöhlen gelangen wir zur größten Höhle der Schlucht. Hier hat sich der Eigentümer eine schöne Terrasse davor angelegt. Archäologisch gesehen ist das natürlich ein Unding. Die Aussicht jedoch ist traumhaft. Darunter steht ein Haus im Grün, fernab jeder Straße. Idyllischer kann man kaum wohnen.
Der Pfad bringt uns hinauf zu einem Fahrweg. Wir folgen diesem kurz, bis der nächste Pfad links in eine Nebenschlucht abbiegt. Nur drei Monate vor unserer Reise hat das Feuer hier richtig gewütet. Trotzdem, oder gerade deswegen blühen jetzt die Mandelbäume. Daneben schlagen die schwarzen Pinien bereits wieder mit sanftem Grün aus. Das Leben kehrt zurück in die Schlucht, auch wenn es noch verheerend aussieht.
Der Pfad durch den Kiefernwald ist trotz der Brandschäden gut zu erkennen. Er führt wieder hinauf zu einer Fahrstraße über der Schlucht von Buracas. Wir kreuzen diese und laufen gemütlich weiter auf einer Schotterzufahrt eines kleinen Landguts. Auch hier hat sich jemand ein wunderschönes Wohnhaus mit Sauna und Orangenbäumen ins Grüne gestellt. Sowie wir den Hof passiert haben, geht es hinauf zum Bergrücken mit dem Drachenbaumhain. So erreichen wir den Pfad von unserem Hinweg, den wir diesmal ein Stück hinaufgehen.
Beim Erdweg gehen wir rechts und folgen dem Schild zur Gofio-Mühle. Nach 200 Metern treffen wir auf eine Straße, wo wir erneut rechts abbiegen. So erreichen wir kurz darauf das Gelände mit der auffallenden Mühle von Las Tricias. Die mit zwölf Flügeln besetzte Windmühle ist ein Kulturdenkmal und Museum. Früher waren die Felder der mittleren Höhenlagen mit Weizen, Roggen, Gerste, Mais, Hirse und Hülsenfrüchten bestellt.
Zum Mahlen der Körner gab es auf La Palma zahlreiche Wasser- und Windmühlen. In der Gemeinde Garafía befanden sich die meisten windbetriebenen Mühlen. Die Gofio-Mühle war bereits 1908 in Betrieb. 1915 wurde sie wegen der besseren Windverhältnisse an den heutigen Standort umgesetzt. Zwischenzeitlich wurde sie mit Diesel betrieben. Doch im Jahr 2000 übernahm die Gemeindeverwaltung von Garafía die Mühle und baute sie in ein Museum um.
Nach dem Museumsbesuch gehen wir die Straße zurück, bis wir den Abzweig zum großen Drachenbaum erreichen. Dem Pfad folgen wir wieder bergan bis zum Hühnerhof mit den vielen Hähnen. Dieses Mal nehmen wir den GR130 nach Las Tricias.
So gelangen wir auf die Landstraße LP-114. Wir bleiben gut 300 Meter auf dieser. Anstelle der Serpentinen nehmen wir den steilen Weg geradeaus, zwischen den hübschen Häusern von Las Tricias hindurch. So gelangen wir wieder zum Dorfplatz mit der hübschen Kirche.
Bei unserer Rückkehr ist das Camu Camu von Las Tricias geöffnet und auch gut besucht. Wir aber machen uns auf den Rückweg nach Los Cancachos. Hierbei lohnt sich ein Stopp beim Mirador del Time. Bei einem Stück Käsekuchen haben wir selbst eine tolle Aussicht auf unser morgiges Ziel, den Vulkanen von Teneguía.
Zugleich können wir mit der Wanderung zu den Drachenbäumen auf eine der landschaftlich schönsten Touren auf La Palma zurückblicken. Die Gemeinde Garafía hat solch ein herrliches Klima, dass die Drachenbäume und viele andere Pflanzen wunderbar gedeihen. Alle zusammen verwandeln diese Gegend in das reinste Naturidyll.
Die Fahrt geht über Los Llanos hinauf zum Mirador El Time. Wir folgen der LP-1 immer weiter, vorbei an Tijarafe und Puntagorda bis zum Abzweig Las Tricias. Links führt die LP-114 direkt in das Dorf. Parken gleich vor der Dorfkirche.
Vom Charakter her ist die Wanderung zwar kurz, aber teilweise doch etwas anspruchsvoll. Gerade in der Schlucht von Buracas ist auf den steilen, felsigen Pfaden Trittsicherheit erforderlich. Ansonsten eine sehr reizvolle Tour durch eine wunderschöne Vegetation.
Ausgangspunkt | Parken an der Kirche bei Las Tricias |
Koordinaten | N 28.7805, E -17.9630 |
Gehzeit | 2.30 Stunden |
Distanz | 7,4 km |
Anstiege | 400 HM |
Anforderungen | T3. Anspruchsvolle Passagen durch die Schlucht von Buracas. |
Einkehr | Unterwegs leider keine Einkehr mehr. In Las Tricias gibt es am Dorfplatz das Restaurant Camu Camu. |
GPS-Daten | Wanderung Drachenbäume gpx |
KML-Daten | Wanderung Drachenbäume kml |