San Andrés ist ein verträumter Ort an der Mündung des Barranco de Agua im Nordosten von La Palma. Unser Reiseführer verspricht einen karibischen Traum. Bunte Häuser und prachtvolle Dattelpalmen lassen erahnen, warum. Tatsächlich gibt es gewisse Parallelen und Ähnlichkeiten zur Kolonialstadt Trinidad auf Kuba. Denn auch San Andrés galt einst als Ort der Zuckerbarone.
Der fruchtbare Boden am wasserreichen Barranco war wie geschaffen für den Anbau von Zuckerrohr. Und der Export von Zucker, dem weißen Gold, war im 16. Jahrhundert äußerst lukrativ. Später setzte sich die karibische Konkurrenz durch und beendete diesen Landwirtschaftszweig auf La Palma. Geblieben sind ein paar wenige Zuckerrohrfelder und eine Rum-Destille nahe dem Strand Puerto Espindola.
Zeugnisse der legendären Zeit sind die schicken Häuser der früheren Zuckerbarone von San Andrés. Ein weiteres Vermächtnis ist das Gotteshaus auf der Plaza mitten im Ort. Die Kirche San Andrés ist als massiver Bau mit Glockenturm im maurisch-kanarischen Stil ausgeführt. Die Arbeiten für eine zunächst einfache Pfarrkirche begannen bereits im Jahr 1515.
Somit gehört sie zu den ältesten Kirchen La Palmas. Im Gebäude sollen sich wahre Kunstschätze offenbaren. Doch leider ist das Gotteshaus nur sonntags während der Messe geöffnet. Wir kommen zum sonntäglichen späten Nachmittag nach San Andrés und haben somit Pech.
Die Restaurants in den Kolonialhäusern rund um die Plaza sind gut besucht. San Andrés ist auch bei den Einheimischen ein beliebtes Ausflugsziel. So überlassen wir ihnen die freien Tische und schlendern durch das zauberhafte Dorf. Manche der gepflasterten Gassen scheinen direkt ins Meer zu führen.
Wir folgen einer diesen engen Verbindungen und überqueren das Bächlein des Barranco de Agua. Die Schlucht hat sich über eine Million Jahre lang in den Caldera-Rücken des Taburiente gegraben. Mit einer Länge von neun Kilometern steigt sie vom Meer auf über 1800 Meter an.
Ungewöhnlich hohe Niederschläge trieben lange Zeit den Erosionsprozess voran. Doch dieser hat sich in den letzten hundert Jahren erheblich verlangsamt. Nachdem das Zuckerrohr keine Zukunft mehr hatte, brauchte es eine neue Einnahmequelle für die Einwohner.
Es entstanden riesige Bananenplantagen, welche bis dato San Andrés umgeben. Um die »plátano« zu bewässern, wird das Quellwasser des Barrancos abgeleitet. Die ehemals wasserreiche Schlucht ist heute selbst nach ergiebigen Regenfällen kaum mehr als ein Rinnsal.
Die Uferpromenade führt zu einem alten Kalkofen. In dem weißen Kegelstumpf brannte man früher den Kalk für den Hausbau. Im Rahmen eines Ausbildungsprojektes wurde dieser von einer Gruppe Jugendlicher restauriert und teilweise begehbar gemacht. Wir gehen weiter über die von Blumenrabatten gesäumte Promenade entlang der schroffen Küste bis zum Charco Azul.
Bei der »Blauen Pfütze« laden komfortable Anlagen zum Schwimmen in natürlichen Meeresbecken ein. In den von Mauern umgebenen Schwimmbecken ist ein ungefährliches Badevergnügen möglich. Tatsächlich haben wir Badeklamotten mitgenommen. Allein wir hätten uns dies sparen können.
Denn während des kalten Novemberwetters ist ein Bad im Atlantikwasser nur etwas für Hartgesottene. So wird die Nebensaison von der Gemeinde genutzt, um die Mauern und Treppen der Anlage zu sanieren. Wir nehmen es als willkommene Ausrede, um nicht in das kühle Nass zu hüpfen.