Den Madagassen ist es zu verdanken, dass der Cirque de Cilaos als eines der schönsten Landschaftserlebnisse auf La Réunion für Besucher zugänglich ist. Die madagassischen Arbeiter leisteten Schwerstarbeit, um die Panoramastraße durch das unwegsame, durch Steinschlag und harten Fels gefährliche Gelände voranzutreiben.Bis heute ist sie die einzige Zufahrt in den Cirque. Dabei lässt schon der Name des Talkessels erkennen, wie schwierig es früher war, dorthin und wieder hinaus zu gelangen. Cilaos leitet sich vom madagassischen »Tsilaosa« ab und bedeutet soviel wie »Jemand, den man nicht verlassen kann«. Entflohene Sklaven bot dieser Zufluchtsort Schutz vor ihren Verfolgern.
Fahrt hoch in den Cirque de Cilaos mit etlichen spektakulären Kurven, der legendären Verbindungsbrücke und zwei engen Tunneln.
Die Zufahrt erfolgt von der Ostküste. Am unteren Taleingang müssen wir zunächst die beiden Flüssen Bras de Plaines und Bras de Cilaos überqueren. Beide führen kaum Wasser, weshalb die Straße beim zweiten Fluss direkt durch das Bachbett führt. Alleine die Dimensionen dieser Flusstäler zeigen, mit welcher Wucht das Wasser zur Zeit der Zyklone hinab ins Meer rauscht. Dann ist die Straße gesperrt und müssen die Fahrzeuge auf die Doppelbrücke der N1 näher der Küste ausweichen – insofern diese noch offen ist.
Oberhalb von La Rivière führt uns die N5 dem Bras de Cilaos entgegen, durch eine wilde Berglandschaft. Sowie wir das kleine Dorf Le Petit Serré durchquert haben, verjüngt sich die Schlucht und wird die Straße enger. Die Felswände ragen inzwischen steil nach oben und mit jeder Kurve wird die Schlucht imposanter. Es ist jedoch kein Vergleich zu den ersten Menschen, welche die Straße ab 1845 zu Fuß, auf dem Pferd oder mit einem Ochsenkarren nutzten. Für den Aufstieg zu den Thermalquellen von Cilaos benötigten sie sieben Stunden und riskierten nicht selten ihr Leben. Bequemer hatten es seinerzeit die betuchten Großgrundbesitzer und Zuckerbarone. Anstatt zu Fuß oder mit dem Pferd anzureisen, ließen sie sich in Sänften nach oben tragen. Die Träger munterten sich mit Gesängen auf, mussten wegen Erschöpfung aber trotzdem alle zwei Kilometer ausgetauscht werden.
Ab der Siedlung Le Pavillon erfolgt eine Passage mit engen und steilen Serpentinen. Hupen ist an mancher Stelle angesagt und wir kommen nur langsam vorwärts. Nach jahrelanger Trassenerkundung durch die Ingenieure einerseits und dem Festhalten an den alten Maultierpfaden durch die madagassischen Arbeiter andererseits, begannen 1927 die Bauarbeiten. Fünf Jahre dauerte der Bau dieser Straße, welcher von zwei Seiten begonnen wurde. Doch kein Ingenieurbauwerk ohne Missgeschick und Problem, dass dann vor Ort gelöst werden muss: Kurz vor der Zusammenführung stellten die Ingenieure fest, dass sich die beiden Enden durch einen zu großen Höhenunterschied gar nicht treffen können. Als Lösung hat man eine Schlaufe in die Trasse eingebaut und die beiden Enden mit einer Brücke verbunden. Unterhalb der Brücke erinnert heute ein Denkmal an den Bau der Straße.
Die nächste Herausforderung bilden zwei Tunnel, die unübersichtlich und mit einer Breite von 3,40 m bzw. Höhe von 3,80 m zudem sehr eng sind. Kurz vor dem zweiten Tunnel holen wir einen Linienbus ein. Dadurch werden wir Zeuge, wie präzise der Fahrer das Gefährt in Millimeterarbeit durch das Bauwerk manövriert. Weder links noch rechts passt auch nur eine Hand zwischen den Bus und die Tunnelwand. Auf der anderen Seite entschädigt uns die mühsame Anfahrt immer wieder mit schönen Ausblicken über die Schlucht zu den gegenüberliegenden Felswänden, nach Palmiste-Rouge oder weiter oben Richtung Cilaos.
Nach über 420 Kehren und rund 40 Kilometern haben wir die Strecke geschafft und öffnet sich uns eine eindrucksvolle Kulisse über den idyllisch gelegenen Ort Cilaos bis hoch zum Piton des Neiges und dem Gros Morne. Rechnen wir die Fahrt vom Fournaise über den Col de Bellevue zur Wanderung in die Takamakaschlucht hinzu, kommen wir auf mehr als 1000 Kurven an nur einem Tag. Schön, dass diese nun hinter uns liegen. Damit können wir uns auf vier spannende Tage im Cirque de Salazie freuen.
Sklavenzuflucht, Thermalquellen und Naturerbe der UNESCO: Inmitten eines Talkessels, auf einer Höhe von 1200 Meter liegt der beschauliche Thermalkurort Cilaos. Bis auf einen engen Ausgang wird er von einer Bergkette von Zwei- oder Dreitausendern umschlossen. Allen voran dem Piton des Neiges, der beeindruckend über das Tal wacht. Entlaufene Sklaven waren die ersten, die im 18. Jahrhundert Hütten in der schwer zugänglichen Bergregion bauten und damit den Grundstein für den Ort Cilaos legten. Nach dem Ende der Sklaverei folgten ihn verarmte Weiße, die Petits Blancs. In der Hoffnung auf ein besseres Leben rodeten sie die Wälder und legten sie neue Felder an.
Die touristische Entwicklung setzte im 20. Jahrhundert ein, als Geologen Thermalquellen entdeckten und sich Cilaos zu einem Kurort wandelte. Allerdings erreichte Cilaos nie die Bedeutung und die damit verbundenen Annehmlichkeiten von Salazie. Grund dafür war der weite und beschwerliche Weg hoch in die Berge. Erst nachdem die Quellen in Hell Bourg ab 1920 langsam versiegten und die Straße zum Talkessel fertiggestellt war, lief Cilaos Hell Bourg den Rang ab. Von Rückschlägen blieb aber auch dieser Kurort nicht verschont: das erste Kurbad wurde durch einen Zyklon zerstört. Von den alten Gebäuden zeugen heute nur noch wenige Reste. Dafür hat später das Thermalbad und Wellnesscenter Irénée Accot eröffnet, sodass man sich heute wieder in den warmen Becken sowie bei verschiedenen Anwendungen verwöhnen lassen kann.
Seit August 2010 zählt der Talkessel von Cilaos zum Weltnaturerbe der UNESCO. Durch die Auszeichnung gewann Cilaos nochmals touristisch an Bedeutung, womit die gut 5000 Einwohner der Gegend eine sichere Einnahmequelle gewannen. Aber auch vom Anbau edler Reben wie Malbec, Chenin und Pinot noir für traditionellen Wein, leben hier die Menschen. Trotz der zahlreichen engen Schluchten, welche nur kleine Parzellen erlauben, ist die Landwirtschaft ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig. Während das größte Plateau zwar weitgehend mit dem Hauptort verbaut ist, bieten die umliegenden kleineren Ebenen und teils terrassierten Hänge immer noch genügend Ackerfläche. So werden in Îlet à Cordes Feinschmecker-Linsen angebaut, die durch die Vulkanerde und das trockene Klima einen besonderen Geschmack verliehen bekommen und dementsprechend ihren Preis haben.
Entlang der Rue de Père-Boiteau reihen sich Restaurants, Läden und Hotels. Neben hübschen kreolischen Häusern führt unser Spaziergang am Rathaus des Dorfs vorbei, vor dem eine Statue steht. Die »Le Porteur de Vie« erinnert an die mühsame und gefährliche Arbeit der Sänftenträger. Heute lebt es sich hier einfacher, so interessiert es auch kaum noch jemand dafür, dass die Statue teilweise zerstört ist. Beeindruckender ist die blau-weiße Kirche Notre-Dame-des-Neiges, die weit sichtbar am oberen Ende der Hauptstraße steht. Mit ihren 49 Glocken besitzt sie eines der weltweit größten Glockenspiele.
Trotz zahlreicher Restaurants empfiehlt es sich in Cilaos, für das Abendessen zu reservieren. Oder alternativ relativ früh dran zu sein, möchte man denn einen Platz ergattern. So beobachten wir trotz unseres Aufenthalts in der Nebensaison, wie im Restaurant ein Gast nach dem anderen abgewiesen wird. Am ersten Abend essen wir im Chez Lucay. Die Auswahl ist riesig und ein anderer deutscher Tourist erklärt uns in der Kurzfassung die Angebotstafeln und die Speisekarte, um uns eine halbe Stunde zu ersparen, die die Bedienung dafür benötigt. Lars muss nicht fahren und wir gönnen uns das Inselbier mit Kultstatus. Überall begegnen wir der Werbung von Bourbon, welches bei allen als »Dodo« bekannt ist – lecker! Gut ist auch das Chez Noë, wo es am letzten Abend in Cilaos wieder einen kreolischen Salat gibt.
Restaurant Chez Noë bei Cilaos
Das Hotel Le Vieux Cep besitzt trotz seiner Nähe zum Zentrum von Cilaos einen großen Parkplatz. Dadurch ist es leicht zu finden und müssen wir uns keine Gedanken um das Auto machen. Ein kleiner Nachteil ist allenfalls, dass auch Busse auf den Parkplatz passen und dadurch ab und an etwas mehr Trubel im Hotel herrscht als bei den kleineren Unterkünften. Zu unserer Erleichterung stellt sich die einzige (ASI-) Kleinwandergruppe, die wir im Hotel antreffen, als sehr nett und lustig heraus.
Nach dem auch hier raschem Einchecken können wir es uns im Zimmer 502 gemütlich machen. Es ist zweckmäßig, aber gut eingerichtet und sauber. Ein Highlight ist die Dusche, unter der wir uns angenehm berieseln lassen können. Zudem ist die Lage ausgesprochen ruhig, was einen erholsamen Schlaf bereitet. Vom kleinen Balkon haben wir eine Aussicht auf die umliegenden Berge und natürlich den Piton des Neiges.
Sehr schön finden wir, dass das Hotel Le Vieux Cep ein Schwimmbecken sowie einen Whirlpool hat. Irgendwo steht, dass der Whirlpool acht Euro pro Zimmer und halbe Stunde kostet. Da er offen zugänglich etwas oberhalb vom Schwimmbecken steht, konnten wir ihn – wie auch andere Gäste – frei nutzen. Auch eine Sauna ist vorhanden, wobei für diese dann tatsächlich acht Euro je halbe Stunde und Zimmer zu zahlen sind. Da wir schon beim Wandern genug schwitzen, genügt es uns, ein paar Runden durch den Pool zu schwimmen, bevor wir uns im Jacuzzi wieder aufwärmen.
Die Hotelanlage besteht aus mehreren zwei- oder dreistöckigen Gebäuden. Entsprechend dem kreolischen Stil sind diese mit filigranen Lambrequins verziert. Bei den Giebel sind besonders kunstvolle Weinreben ausgesägt. Nachts sieht das mit Beleuchtung richtig hübsch aus. Das Hotelrestaurant L'Isabelle lädt in gemütlicher Atmosphäre zum Abendessen ein, wobei wir allerdings in den Restaurants im Ort zu Abend gegessen haben.
Das Frühstück wird als Büfett serviert. Dabei gibt es zwei Kaffeeautomaten mit Café au Lait, aber auch einfach nur warmer Milch, sodass man sich auch einen Kakao machen kann. Die Auswahl besteht aus verschiedenen Müsli, französischen Baguettes, Butter, Marmelade, einer Käsesorte, zwei ähnliche Sorten Kochschinken, süßen Teilchen sowie frisches Obst und Obstsalat. Die Eier kann man sich hier selber kochen, wobei wir empfehlen, einen Eierpiekser oder ähnliches mitzunehmen, da sonst alle Eier in dem heißen Behälter platzen. Da alles ständig nachgelegt wird, kann man sich auch hier satt essen und für den bevorstehenden Wandertag stärken.
Insgesamt haben wir uns im Hotel Le Vieux Cep sehr wohl gefühlt, zumal wir das Auto einfach stehen lassen konnten und zwei Tage nirgends hinfahren mussten. Die Wanderwege befinden sich in Fußnähe und für die Zweitagestour auf den Piton des Neiges ist es üblich, das Gepäck sicher im Hotel zu deponieren, was in unserem Fall bestens geklappt hat.
Eine Nacht in einer Gîte hoch oben in den Bergen zu verbringen ist ja ganz nett. Am nächsten Tag freuen wir uns aber doch, wieder bei einer so hübschen Unterkunft wie das Hotel Le Cilaos anzukommen. Das Hotel hat vier Sterne. Standesgemäß werden wir professionell empfangen und bekommen erst einmal einen Welcome Drink in der nobel eingerichteten Lobby gereicht. Da wir direkt von der zweitägigen Bergtour kommen, wäre mir eine Dusche lieber gewesen. Aber ich denke, im Hotel Le Cilaos ist das Personal müffelnde Wandertouristen gewohnt. So bringen sie uns kurz nach dem Willkommenstrunk zwei heiße Erfrischungstücher, sodass wir schon mal das Gesicht von Schweiß und Staub befreien können. Außerdem werden wir gebeten, das Kennzeichen unseres Leihwagens anzugeben.
Passend zu unserer Wanderung zuvor, bekommen wir das Zimmer 101 mit dem Namen Piton des Neiges. Es bietet reichlich Platz und ein super bequemes Himmelbett. Ein leicht abgetrennter Raum führt in den Wohnbereich mit Couch, Tisch, einer Kommode inklusive Safe sowie Fernseher und Kaffeeecke. Etwas unpraktisch ist allenfalls der Schreibtisch, bei dem es leider an Steckdosen für das Notebook mangelt. Ungewöhnlich, aber doch praktisch gibt es dafür neben den Wandheizungen einen mobilen Heizlüfter. Selbst Wanderer, die auf dem Piton des Neiges vom Regen kalt erwischt wurden, bekommen damit ihre Klamotten wieder trocknen.
Weil unser Zimmer ums Eck gebaut ist, haben wir von zwei Seiten Blick auf den Pool. Im Gegensatz zum Hotel Le Vieux Cep ist dieser beheizt. Darum herum sind mehrere bequeme Liegen angeordnet. Allerdings sind die abgetrennten drei Whirlpools im Le Cilaos wohl wirklich gebührenpflichtig. Ein weitere Unterschied zum Le Vieux Cep ist die gegenüber dem Zentrum etwas erhöhte Randlage des Hotels. Um in den Ort zu kommen, nehmen wir also das Auto mit. Mit einem 20-minütigen Spaziergang ließe sich zwar die Hauptstraße mit den Restaurants und Bäckereien gut erreichen. So kurz nach der langen Tour auf den Piton aber verspüren wir keine Lust auf weitere Fußmärsche. Ob umgekehrt hotelfremde Gäste hier oben parken, halten wir hingegen für sehr unwahrscheinlich, womit man auf die Frage nach dem Nummernschild wohl auch verzichten könnte.
Über das Restaurant können wir nichts berichten, da dieses während unseres kurzen Aufenthalts geschlossen war. Eine schöne Überraschung ist dafür das Frühstück, welches zwar serviert wird, aber doch sehr reichhaltig ist. Wir bekommen reichlich Käse, ein bisschen Wurst, Saft, einen heißen Kakao, eine Früchteplatte, Croissants und süße Teilchen sowie frische Brötchen. Es ist sehr umfangreich, sodass wir nach der mageren Kost auf der Gîte wieder einen satten Start in den Tag bekommen. Ein Büfett aufzubauen, hätte sich für das Hotel auch kaum gelohnt, da wir neben einem für vier Personen gedeckten Tisch so ziemlich die einzigen Gäste sind.
Das Le Cilaos ist mit seinen schönen blauen Gebäuden und dem gepflegten Garten mit Sicherheit ein Wohlfühlhotel, das sich bestens eignet, sich von einer längeren Tour zu erholen. Einziger Wermutstropfen ist, dass man sich hier teilweise etwas kleinlich gibt. So ist es am Ende unserer Reise auf La Réunion eines von nur zwei Hotels, welches uns die Touristentaxe extra berechnet. Davon abgesehen haben wir es uns hier aber richtig gut gehen lassen und neue Kräfte für die nächsten Tage sammeln können.