La Réunion ist sehr sportlich. Um die Fitness zu messen, sind auf der Insel mehrere Vertikale Kilometer eingerichtet. Das Prinzip ist denkbar einfach: Es geht darum, 1000 Höhenmeter auf der möglichst kürzesten Strecke zu bewältigen. Eine dieser Strecken führt hinauf zur Gîte de Bélouve. Allerdings ist es bei Hell-Bourg nur ein halber Vertikaler Kilometer mit 562 Höhenmetern. Von denen stehen ziemlich genau 500 Höhenmeter zwischen Belvedere und der Aussichtsterrasse am Rand des Talkessels an.
Unser letzter Morgen bei Hell-Bourg beginnt wieder mit wunderschönem Wetter und strahlend-blauem Himmel. Jetzt einfach weiter zu reisen, wäre ein Jammer. Also beschließen wir, eine zweite Wanderung zu unternehmen. Das Auto lassen wir beim Les Jardin d'Heva stehen und laufen vom Hotel über die Route Auguste Lacaussade zum Picknickplatz von Belvedere. Dort treffen wir auf eine Station de Trail La Réunion von Salazie.
Der Weg selbst ist nicht zu verfehlen. Ohne Abzweige führt er direkt hinauf zur Gîte de Bélouve. Durch einen idyllischen Kiefernwald sind die ersten 400 Meter noch einfach und eben zu laufen. Hin und wieder geben Lücken in dem hohen Bewuchs am Wegrand die Sicht auf das malerisch gelegene Hell-Bourg und die umliegenden Berge frei. Dann beginnt der eigentliche Aufstieg. Ein felsiger Weg, der mit Steinstufen abwechselt führt uns steil nach oben. Bald tritt das Grün am Wegrand zurück und eröffnen sich uns weitere schöne Ausblicke über das Tal. Hell-Bourg entfernt sich langsam immer mehr.
Eindrücke unserer Wanderung zur Gîte de Bélouve
Während wir den Berg eher gemütlich emporsteigen, überholen uns mehrere athletische Sportler. Statt sich an der wunderschönen Landschaft satt zu sehen, eilen sie aufwärts und sprinten wie junge Rehe an uns vorbei. Sie trainieren offenbar für den Grand Raid, oder besser: den »La diagonale des fous«, der Inseldiagonalen der Verrückten. Dieser Inselberglauf macht seinen Namen alle Ehre: wer mitmacht, kann nur verrückt sein. 164 Kilometer geht es quer über die Insel, mit 9.917 Höhenmeter. Und das an einem Stück. Die besten Läufer schaffen das in weniger als 24 Stunden.
Früher war der Lauf eine gemütliche Hüttentour über die Insel, bei der auf den Hütten zusammen gegessen und übernachtet wurde. Heute ist der Grand Raid das große Sport-Event von La Réunion. Das Spektakel lockt inzwischen Extremsportler aus aller Welt an. Sie brauchen allerdings eine gute Portion Glück, eh sie zeigen können, was in ihnen steckt. Denn die Startplätze sind auf 2600 begrenzt, wobei allein 1560 für die Inselbewohner reserviert sind.
940 Plätze gehen an Teilnehmer aus dem französischen Mutterland, sodass nur 100 Startplätze für Nichtfranzosen bleiben. Die Teilnehmerbegrenzung ist jedoch nötig, da die Strecke nicht ganz ohne ist. Auch wenn der Lauf im Oktober, also in der Trockenzeit, stattfindet, kann es regnen und glitschig auf den Wege werden. So kommt es immer wieder zu Stürzen, die mit schweren Verletzungen einhergehen oder gar mit dem Tod enden.
Als Wanderer können wir es zum Glück ruhig angehen. Wir genießen den Aufstieg ohne Stress und Stürze. So kommen wir gut voran, wobei die Höhenmeter-Angaben alle 100 Meter auch für uns praktisch sind. Durch sie können wir gut einschätzen, wie lange wir noch brauchen.
Bei einem alten Seilbahnträger, der einst der Holzwirtschaft diente, erreichen wir eine Senke. Hier ist es schattig und matschig. Ein großes Feld voll mit Calla-Blumen macht sich vor uns auf. Von dem Blütenmeer trennt uns noch ein kurzer Abschnitt bis zum Panoramaplateau unterhalb der Gîte de Bélouve.
Mit den Auto ist die Gîte de Bélouve ebenfalls erreichbar, allerdings nicht vom Talkessel Cirque de Salazie aus. Die Zufahrt erfolgt über La Plaine des Palmistes im Nordosten von Réunion, womit wir genauso lange unterwegs gewesen wären wie zu Fuß. So war es zwar anstrengender, mit den Ausblicken aber sicher schöner.
Vom Panoramaplateau haben wir eine herrliche Aussicht auf die umliegenden Berge. Der erloschene Vulkan Piton des Neiges ist frei von Wolken und wird schön von der Sonne angestrahlt. Unser Ziel für den Tag 11 unserer Reise. Rechts daneben ist mit dem Gros Morne ein weiterer 3000er der Insel deutlich zu erkennen.
Wanderung durch den Foret de Bélouve
Die Gîte ist geschlossen und wir müssen uns mit den mitgebrachten Getränken versorgen. Wie die anderen Wanderer nutzen wir dazu den großzügig angelegten Picknickplatz, auf dem ein Schild das Picknick-machen verbietet. Unser Tagesziel haben wir hier eigentlich erreicht, sodass wir anschließend wieder hinunter nach Hell-Bourg laufen könnten. Andererseits lacht die Sonne immer noch herrlich vom blauen Firmament, dass wir nicht wieder gleich umkehren wollen.
Eine kleine Runde durch den Forêt de Bélouve ist noch drin. Wir entscheiden uns für eine gemütlichere Tour durch den Tamarindenwald. Dafür passieren wir die Gîte und folgen ein Stück der befestigten Zufahrt. Bald erreichen wir ein Holzplateau mit einem Rundkurs für Rollstuhlfahrer. Genau dort bzw. auf der linken Seite am oberen Ende der Rampe startet unser Weg in den Wald. Ein Pfad führt uns auf den Sentier de la Tamarinaie.
Neben den Tamarinden begleiten uns riesige Baumfarne auf der Tour. Dabei ändert sich die Vegetation mehrmals ein wenig. Der Grund ist, dass hier über einige Jahre hinweg wuchernde Schlingpflanzen durch den Menschen zurückgedrängt wurden, sodass sich die ursprüngliche Waldgesellschaft wieder einstellen kann. An den Schildern vor Ort lässt sich der Entwicklungsstand der einzelnen Regenerationsflächen ablesen. Wie beim Aufstieg ist auch hier der Weg durch die gute Markierung mit extrem langen Richtungspfeilen kaum zu verfehlen.
Während es anfangs noch richtig schön zu Laufen ist, wird es im tieferen Wald zunehmend matschiger. Kleine Brücken, bei denen einige Bretter eingebrochen sind, helfen uns über Bachläufe. Aber bei so manch einem Matschloch müssen wir uns ganz schön drum herum hangeln. Hübsche Blüten und ein herrlicher Nebelwald entschädigen uns für die Anstrengung. Zudem öffnet sich nach gut einem Drittel der Strecke die Sicht zum Piton de Papangue und dem Naturreservat von Mazerin.
Von dem Aussichtspunkt geht es gleich wieder in den Wald. Durch einige weitere Matschlöcher sowie ein ständiges Bergauf und -ab kommen wir nur noch langsam voran. Schließlich aber haben wir den Wald durchquert und ein weiteres Plateau bei einem Sendemast erreicht. Auch hier haben wir wieder eine tolle Aussicht über den Cirque de Salazie. Allerdings ziehen jetzt die mittäglichen Wolken auf und verdecken bereits einige der umliegende Gipfel. Damit wird es Zeit, wieder zur Gîte de Bélouve zurückzukehren.
Tatsächlich trennt die beiden Aussichtsterrassen nur ein kurzer Spazierweg, sodass wir die Gîte über einen bequem zu laufenden Fahrweg wenig später erreichen. Bei der Aussichtsterrasse holen uns die Wolken dann endgültig ein. Die Aussicht ist inzwischen völlig vernebelt, der Blick zum Piton des Neiges und Gros Morne versperrt. Trotzdem kommen uns beim Abstieg noch einige Wanderer entgegen. Bald werden auch sie wissen: Wer hier früh aufsteht, hat eindeutig mehr vom Tag.
Auch wenn der Aufstieg recht steil ist, haben wir eine tolle Tour mit wunderschönen Ausblicken erlebt. Während unseres Abstiegs breiten sich dann die Wolken über den gesamten Talkessel aus und beenden damit das Wanderwetter. Wir können uns also auf den Weg zum Wellness in der Diana Dea Lodge machen.
Bevor wir den Cirque de Salazie wieder verlassen, gönnen wir uns jedoch noch einen Snack bei einem Imbiss mit ansprechend eingerichteter Terrasse am Rand von Hell-Bourg und lassen die vielen schönen Eindrücke der ersten Tage auf La Réunion noch einmal Revue passieren.
Eindrücke einer herrlichen Wanderung von Hellbourg im Cirque de Salazie hoch zur Gîte de Bélouve. Tolle Ausblicke über den Talkessel und zum Piton des Neiges.
Die Anfahrt erfolgt über die D 48 in den Talkessel von Salazie. Der Hauptstraße bzw. D 48 über Salazie nach Hell-Bourg folgen. In Hell-Bourg links in den Chemin Manès abbiegen, dann zweite Straße links in die Route Auguste Lacassaude fahren und dieser bis zum großen Picknick- und Parkplatz folgen. Unser Track beginnt direkt beim Hotel les Jardins d'Heva.
Ausgangspunkt | Park- und Picknickplatz oberhalb von Hell-Bourg (980 m) |
Koordinaten | S 21.0657, E 55.5248 |
Gehzeit | 4.30 bis 5 Stunden |
Distanz | 10 km |
Anstiege | ca. 650 HM |
Anforderungen | T3. Der Pfad hoch zur Gîte de Belouve erfordert Trittsicherheit und eine gute Kondition. |
Einkehr | keine, Rastmöglichkeit auf dem Belouve |
GPS-Daten | Wanderung-Belouve.gpx |
KML-Daten | Wanderung-Belouve.kml |