Zwischen Bois Blanc und Le Tremblet bildet Le Grand Brûlé eine bizarre und zugleich einzigartige Landschaft. Zu verdanken wir diese den Lavamassen, welche vom Piton de Fournaise zur Küste von La Réunion strömen. Die auf dem ersten Blick unwirtliche Gegend ist als Nationalpark geschützt und ist Teil des UNESCO Weltnaturerbes.
Eindrücke von der Lavalandschaft Grand Brûlé an der Südostküste von La Réunion. Fahrt über die durch den Lavafluss gewellte Straße durch die »Große Verbrennung«.
Kurz nachdem wir auf der Küstenstraße die unbefestigte Zufahrt zum Pointe de la Table passiert haben, erreichen wir die Streusiedlung Le Tremblet. Das ehemalige Fischerdorf ist die letzte Siedlung vor der Barriere des Grand Brûlé. Der Name heißt soviel heißt wie »die große Verbrennung«. Immer wieder wird Le Tremblet durch die Vulkantätigkeit des Piton de la Fournaise bedroht.
So etwa 1986, als ein Lavastrom die Pointe de la Table bildete. Ein andermal als Feuerwalze. So beim Ausbruch von 2007. Dieser wurde von giftigen Dämpfen und saurem Regen begleitet, der die Blätter der Bäume verätzte. Und doch – oder genau deshalb – führt ein viel begangener Wanderweg von Le Tremblet über die Nordseite des Vulkans bis hoch zum Chemin Forestier du Volcan.
Von der Küstenstraße ist gut zu sehen, dass sich die innere Caldeira des Piton de la Fournaise hufeisenförmig nach Osten öffnet. Damit ist die Abflussrichtung der Lava klar vorgegeben. Le Tremblet hat demnach eine unglücklich gewählte Lage. Allerdings leben die Menschen schon lange nicht mehr vom Fischfang.
Wander- und Vulkantouristen sind heute einiges lukrativer, aber auch Vanille gedeiht hier und erzielt gute Einnahmen. Tatsächlich machen die Restaurants bei unserer Durchfahrt einen gut besuchten Eindruck, während die Parkplätze rar sind. So verzichten wir zunächst aufs Mittagessen und fahren weiter.
Kaum liegen die letzten Häuser hinter uns, erreichen wir auch schon das 1,5 km breite Lavafeld vom Jahrhundertausbruch. Im April 2007 öffnete sich ein riesiger Riss in der Wand des Hauptkraters Dolomieu, sodass sich die Magmakammer binnen weniger Tage vollständig entleerte. Weil damit auch der innere Druck des Kraters in sich zusammenbrach, senkte sich der Kraterboden um über 300 m gegenüber dem Kraterrand. Seitdem liegt er tiefer als die innere Caldeira »Enclos Fouqué«.
Wo die abfließende Lava das Meer erreichte, ist sie teilweise über 60 Meter dick. Auch wenn die Oberfläche inzwischen erstarrt ist, dauert es noch über 150 Jahre, bis die Lavaschichten vollständig erkaltet sein werden. Die Hinweisschilder an der Straße, die es Fußgängern verbieten, das Lavafeld zu betreten, sind ernst zu nehmen. Denn noch immer ist der Untergrund in Bewegung, können Luftblasen in sich zusammenfallen und Lavatunnel einstürzen.
Eine gut gesicherte Plattform inmitten des Lavafeldes bietet dafür eine schöne Aussicht vom meist in Wolken gehüllten Vulkan bis hinunter zum Meer. Es ist beachtlich, wie die Pflanzen schon wenige Jahre nach dem Ausbruch versuchen, die kaum erkaltete Basaltschicht als neuen Lebensraum zu erobern. Dies macht Lust, auch die weiteren Lavafelder zu besichtigen. Zunächst aber besuchen wir den einfachen fahrbaren Kiosk unterhalb der Aussichtsplattform, wo wir uns einen kleinen Mittagssnack holen.
Das nächste Lavafeld stammt vom Ausbruch 2002. Jede der Eruptionen des Piton de la Fournaise ist anders. Dieses Lavafeld ist grau. Was auf dem ersten Blick so aussieht, als wäre das Lavagestein ausgeblichen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Flechten. Sie zählen zu den ersten Pflanzen, welche es schaffen, die erstarrte Lava zu besiedeln.
Beim nächsten Lavafeld von 2004 sind es weniger Flechten, dafür deutlich mehr andere Pflanzen wie Farne und niedrigwüchsige Büsche, die das Feld erobern. Bei diesem Lavafeld und auch dem von 2001 war die Lava dünnflüssiger und bildete sich Stricklava, auch Pāhoehoe-Lava genannt. Sie kann Wasser sowie auch Bodenpartikel besser halten als das 2002 geförderte grobe Material.
Hatten wir wenige Tage zuvor noch bedauert, dass die Küstenstraße wegen einer Baustelle unterbrochen war, erweist es sich nun als Vorteil. So sind auf der gesamten Strecke nur ein paar wenige Touristen unterwegs, während jeglicher Durchgangsverkehr fehlt. Für uns bedeutet das, dass wir nicht nur an den Parkplätzen anhalten können, sondern überall da, wo es für uns die beste Sicht gibt. Die Zeit, die wir bei unserer Wanderung zum Pointe de la Table zusätzlich gebraucht haben, ist so schon bald wieder aufgeholt, sodass wir die nächsten Ziele des Tages ruhig angehen können.