Auf dem Rückweg vom Grand Brûlé unternehmen wir einen Abstecher zur Cascade Grand Galet. Der Weg führt uns zum Cap Méchant, dem Bösen Kap oder auch der Bösen Landspitze. Sowie wir ausstiegen, pfeift uns ein stürmischer Wind um die Ohren. Kein Grund, auf den Besuch der Steilküste zu verzichten. Doch was will die alte Frau, die uns am Eingang zur parkähnlichen Anlage mit einer Art religiöser Litanei voll quasselt?
Erst später erfahren wir, dass wir der sogenannten »La folle de Cap Méchant«, begegnet sind. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Besucher der Küste mit einem unablässigen Redeschwall von ihren Ansichten zu überzeugen. Sie ist insoweit erfolgreich, dass sie mittlerweile auch in den deutschen Reiseführern erwähnt wird. Wir können entkommen und blicken über die Bucht.
Das »Hinterhältige Kap«, wie eine weitere Übersetzung heißt, hat so manchem Seefahrer das Leben gekostet. Scharfkantige Lavaklippen wurden den Schiffen zum Verhängnis. Da viele der damaligen Schiffe unter Piratenflagge fuhren, ranken sich Schauergeschichten und Legenden von versunkenen Schätzen um das Kap. Bei sonnigem und ruhigem Wetter ist die Landspitze ein beliebter Ausflugsort.
Einzig wegen des starken Winks belassen wir es bei einem nur kurzen Besuch und fahren schon bald weiter zur benachbarten Bucht von Vincendo. Hier finden wir unter großen Schraubenpalmen einen hübschen und etwas geschützten Picknickplatz. Trotzdem bietet auch die Bucht dem Wind zu viel Angriffsfläche, sodass wir auch hier nur kurz Verweilen, eh wir uns auf den Weg in die Berge machen.
Ab Langevin ist die Cascade Grand Galet ausgeschildert. Wie viele Straßen hoch in die Berge ist auch diese mit spektakulären Kurven gespickt. Zudem durchqueren wir kleinere Ortschaften, eh es über enge Brücken und dann immer entlang der Rivière Langevin ins obere Tal geht. Zu verdanken haben wir die Straße einem Wasserkraftwerk, das zeitgleich gebaut wurde.
Eindrücke von der Cascade Grand Galet, dem schönsten Wasserfall auf der Insel La Réunion.
Doch sowie wir am Straßenrand geparkt und die letzten Schritte zu Fuß zur Aussichtsplattform der Wasserfälle genommen haben, ist das Kraftwerk vergessen. Angesichts dieses fantastischen Naturschauspiels beschäftigt uns mehr die Frage, wie wir von hier zum Bassin der Kaskade kommen? Immerhin sehen wir unter uns einige Leute im Wasser.
Rechts neben der Plattform ist der Pfad nach unten schnell gefunden. Allerdings ist dieser extrem unwegsam, steil und mit einigen Kletterstufen. Für Sommerkleid und Sandalen eigentlich völlig ungeeignet, wagen wir dennoch den Abstieg. Im Vergleich zu mehreren Flipflop-Trägern vor uns sind wir immer noch gut ausgerüstet. Beim Fluss angekommen wartet die nächste Hürde auf uns.
Da ein direkter Weg zum Strand am Wasserfallbassin fehlt, müssen wir durch den hüfttiefen Bach waten. Kein Problem, Badesachen an und auf geht es ins ganz schön kühle Nass. Auf der anderen Seite angekommen, führt der Pfad mit zwei, drei kurzen Kletterpartien über große Flusssteine und Baumstämme ans Bassin. Wunderbar!
Mir ist das Wasser entschieden zu kalt. Lars ist mutiger und hechtet in die Fluten. Mit ihm baden zwei junge Mädels in dem Becken. Sie sind noch mutiger und klettern die Steine beim Wasserfall empor, um von oben in das Bassin zu springen. Lars lässt die Kletterei zum Glück bleiben.
Als Ausrede gibt er an, dass er den Mädels nicht zu nahe kommen wollte. Natürlich. Aber etwas halsbrecherisch ist das schon. So also begnügt er sich, bis nahe an die wunderschönen Wasserfälle heran zu schwimmen. Wie oft bekommt man schon so etwas Schönes geboten?
Mit einem leichten Schnupfen im Gepäck klettern wir das Ganze wieder zurück und sind glücklich, dass uns Christine den Tipp mit dem Wasserfall gegeben hat. Die Cascade Grand Galet ist richtig schön und ein toller Abschluss eines ereignisreichen Tages. Damit kehren wir mit dem guten Gefühl, jede Menge erlebt zu haben, zurück in unsere Gîte L'Orky-Mel und freuen uns auf ein leckeres kreolisches Menü.