Eigentlich stehen für unseren dritten Tag auf Lanzarote die Papageien-Strände im Wanderplan. Angesichts eines grau bedeckten Himmels verwerfen wir dies jedoch bis auf Weiteres. Die Strände hätten wir doch lieber mit Sonnenschein und einem blauen Firmament. Also wird umdisponiert.
Die Parkplatzsuche in den engen Gassen von Arrecife wollte ich Lars zwar erst zur Mitte unserer Reise zumuten, sobald er sich an die Insel gewöhnt hat. Nachdem er sich bei Linksverkehr bereits sehr besonnen und ohne anzuecken durch Malta geschlängelt hat, wird Arrecife aber wohl ein leichtes Spiel für ihn sein.
Zuerst aber brauchen wir ein Auto. Schön an Lanzarote ist, dass man sich den gewünschten Mietwagen in so ziemlich jedes Hotel liefern lassen kann. Einzig mit der Pünktlichkeit nimmt es die Dame der Mietfirma nicht so genau. Bei einer weiteren Tasse Kaffee nach dem Frühstück warten wir, bis wir von der Rezeptionistin des Labranda gerufen werden. Die Papiere sind schnell ausgefüllt, und schon stakst das Mädel auf viel zu hohen Schuhen mit uns zum Auto.
Vor uns steht ein hübscher kleiner Flitzer mit sportlichen Niederquerschnittsreifen. Es gibt Leute, die freuen sich über so etwas. Wir indes sind eher praktisch veranlagt. Kann Lars mit solchen Reifen über eine Schotterpiste brettern? Wir lassen uns überraschen. Nun aber starten wir erst einmal in Richtung Arrecife.
Von der Ferienstadt Playa Blanca aus dauert die Fahrt eine halbe Stunde bis zur Inselhauptstadt Arrecife. Vorsichtshalber hatten wir schon daheim mehrere Parkmöglichkeiten ins Navi eingegeben. Wer weiß, was hier los ist?
Doch wir sind so zeitig dran, dass auf dem Parkplatz direkt am Charco de San Ginès, dem kleinen Binnenhafen in der Stadtmitte, noch genügend Platz ist. Einzig störend sind die Kreuzfahrtschiffe, welche ich bereits aus der Ferne habe dümpeln sehen. Solche Pötte gehen normalerweise mit vollen Städten einher.
Wir starten unseren Stadtrundgang am Charco de San Ginès. Charco bedeutet so viel wie Pfütze oder Tümpel, was dem Bild vor uns nicht gerecht wird. Kleine Boote schaukeln vor einer Kulisse von frisch renovierten Gebäuden. Einige Schiffe liegen bei Ebbe auf Land. Der Charco de San Ginès ist ein Binnenhafen, der unter Brücken hindurch mit dem Meer verbunden ist.
Sowie wir über eine dieser Brücken spazieren, werden wir von einem Fotografen abgepasst. Wir sehen aus wie Touristen und sein Job ist es, diese zu fotografieren. Allerdings sollte seine Klientel von der AIDA kommen. Doch manch ein Passagier läuft inkognito, also ohne AIDA-Marke um den Hals, durch die Gegend. Wir machen den Spaß mit, klären ihn aber auf, dass wir nicht Teil seiner Zielgruppe sind.
Der junge Mann ist wirklich erstaunt, dass es Menschen gibt, die mehr als nur einen Tag auf der Insel Lanzarote verbringen. Seine Arbeit hingegen scheint ihn wenig zu erfüllen. Er freut sich, als wir ihm unsere Kamera anvertrauen, damit er uns beide vor seiner gewohnten Kulisse ablichtet. Somit bekommen auch wir ein typisches AIDA-Andenken.
Entlang dem Hafenbecken findet gerade ein kleiner Markt statt. Wegen der Kreuzfahrtschiffe kann ich mir vorstellen, dass die Händler hier täglich ihre Ware feilbieten. Immerhin kommen hier Leute nur zum Einkaufen her. Die Kanarischen Inseln genießen den Status einer Freihandelszone, und auf Lanzarote kann man so einige Schnäppchen ergattern.
Was uns betrifft, so sind wir leidenschaftliche Einkaufsmuffel, scheinen damit aber bei Weitem nicht allein auf der Insel zu sein. Als wir beim La Recova ankommen, ist dieses alte Gebäude verriegelt. Hier war einst der kleine Markt von Arrecive mit idyllischem Innenhof. Leider fehlte die Kundschaft. Somit bleibt nur ein Blick durch die Fenster in die tristen Räume.
Neben La Recova und der Plaza de las Palmas befindet sich die Iglesia de San Ginés de Clermont. Sie ersetzte 1667 die Dorfkirche einer Einsiedelei aus dem Jahr 1574, welche direkt am Hafen stand. Im Lauf der Zeit wurde die alte Kirche immer wieder von Piraten erstürmt und am Ende zu allem Unglück auch noch vom Meer geflutet.
San Ginés de Clermont ist der Schutzheilige von Arrecife. Ihm zu Ehren werden jedes Jahr im August mehrtägige Feiern mit Sportwettbewerben, Konzerten und Folklore veranstaltet. Hübsch sind die üppigen Palmen vor der Kirche.
Unser Stadtrundgang führt durch die engen Gassen in Richtung des Castillo de San Gabriel. Unterwegs treffen wir auf Heraclio Niz Mesa, dem Hahn von Arrecife. Stellt sich die Frage, wer dieser 2,30 Meter hohe und tonnenschwerer Koloss war?
Ein netter Polizist, ein schwergewichtiger Champion im altkanarischen Ringkampf und Statist in zig Filmen, für die Lanzarote als Kulisse diente. Er scheint ein netter Mensch gewesen zu sein. Sonst hätte man ihn kaum so fröhlich drein blickend in die Fußgängerzone gestellt.
Jenseits der Küstenstraße gelangen wir über eine steinerne Brücke hinüber zum auffallenden Bauwerk des Castillo San Gabriel auf der gleichnamigen Insel. Der Lehnsherr Marqués Agustín ließ die Festung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbauen.
Er hoffte, so die Angriffe der Nordafrikaner besser abwehren zu können. Es scheint gewirkt zu haben, denn das Gebäude ist zwar alt, aber unversehrt. Seit 2014 ist im Castillo das Historische Museum von Arrecife untergebracht. Uns genügt ein Blick auf die Kanonen.
Der Weg zum Castillo lohnt auch ohne den Museumsbesuch. Von hier aus genießt man einen tollen Blick aufs Meer und auf die Stadt. Zudem gehört die Puente de Las Bolas, die Kugelbrücke, zu den bekanntesten Postkartenmotiven von Arrecife. Als zweite Verbindung von der Festung nutzen wir diese für den Rückweg in die Altstadt.
Entlang der Uferpromenade kommen wir als Nächstes zum Parque Jose Ramirez Cerda, welcher einem ehemaligen Inselpräsidenten gewidmet ist. Eigentlich ist es gar kein Park, sondern ein großer Platz mit Blumenbeeten und einer Handvoll Marktbuden. Auch der darauf folgende Parque Islas Canarias hält nicht, was er verspricht, und macht auf uns trotz seiner bunten Pflasterfläche einen tristen Eindruck.
So kehren wir schon bald um und tauchen ein zweites Mal in die Fußgängerzone ein. In der Calle Ginés de Castro y Àlvarez entdecke ich das nette Café Gernika, wo wir uns einen Milchkaffee gönnen. Anschließend schlendern wir weiter durch die Gassen zum Charco de San Ginès, den wir nun umrunden, bevor wir zum Auto zurückkehren.
Oberhalb des Kreuzfahrthafens von Arrecife wacht das Castillo de San José über die Bucht. Natürlich wäre es möglich, von der Stadt aus dorthin zu laufen. Außerdem dreht ein rotes Bähnchen regelmäßig seine Runden zum Castillo. Doch wir nehmen lieber das Auto und parken beim Aussichtspunkt über dem Hafen. Der Bau der Festung des Castillo de San José hatte einst einen ganz besonderen Sinn.
Denn bereits in frühen Zeiten litt die Bevölkerung von Lanzarote an Arbeitslosigkeit und dem daraus hervorgegangenen Hunger. König Carlos III. ließ somit ein Castillo entwerfen, dessen Errichtung die Inselbevölkerung viele Jahre beschäftigen sollte. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vor 250 Jahren, welche dem Castillo den Beinamen »Fortaleza del Hambre«, die Hungerfestung, bescherte.
Später war es der Inselkünstler César Manrique, auf dessen Initiative das Castillo de San José zu einem Museum für zeitgenössische Kunst umgebaut wurde. Typisch für Manrique ist die natürliche Weggestaltung zum Restaurant im Untergeschoss. Als wir einen Blick hineinwerfen, wirkt es auf uns jedoch etwas zu bieder und düster. Wir verzichten auf ein nobles Mittagessen mit Blick auf die Kreuzfahrtschiffe und machen uns auf den Rückweg. So bleibt noch genügend Zeit für eine leichte Wanderung bei der Montaña Colorada im Nationalpark der Vulkane.
Ausflug zur Arecife, der Hauptstadt von Lanzarote. Einrücke vom Markt am Charco de San Ginès, dem kleinen Binnenhafen der Stadt und der Puente de Las Bolas zum Castillo San Gabriel.