Eine Panoramaroute führt kurvenreich durch den bergigen Norden von Lanzarote. Auf den Anhöhen finden wir Miradore, welche uns malerische Aussichten in die Täler, aber auch auf das tiefblaue Meer bieten. Bei Touristen besonders beliebt ist der Mirador del Río. Der Aussichtspunkt gilt als das spektakulärste Meisterwerk des Inselkünstlers César Manrique. Mindestens genauso imposant, jedoch weitaus weniger besucht, ist der Höhenweg oberhalb des Dorfes Guinate.
Wie beim Mirador del Río blicken wir aus der Vogelperspektive hinüber auf die Insel La Graciosa. Durch die Länge des Guinte-Höhenzugs eröffnet uns die Wanderung zudem traumhafte Aussichten auf die gelb-sandigen Dünen in der Ebene von Famara sowie zu den schwarzen Vulkanen des Timanfaya Nationalparks im Hintergrund.
Guinate ist mehr ein Weiler als ein Dorf. Das ist wahrscheinlich mitunter ein Grund, warum die Bar Centro Socio Cultural De Guinate lediglich an den Wochenenden zwischen 12 und 17 Uhr öffnet. In Guinate selbst gibt es kaum Parkmöglichkeiten, da die engen Straßen mit Mauern eingefasst sind.
Bei unserer Ankunft an einem frühen Samstagmorgen nutzen wir einen der wenigen Stellplätze vor der Bar. Sollte sie bei unserer Rückkehr geöffnet haben, werden wir dort gerne eine Kleinigkeit essen. Fährt man die hier beginnende Staubpiste weiter, gibt es aber noch weitere Parkmöglichkeiten am Rand.
Wir lassen die wenigen Häuser von Guinate hinter uns und folgen der Schotterpiste ins Hochtal. Der erste Abschnitt der Wanderung wird von eingefassten Feldern auf schwarzem Lavagrund geprägt. Sie sind abgeerntet oder liegen brach. Die ganze Gegend wirkt verlassen und ausgestorben.
Nur vereinzelt entdecken wir ein paar Weinreben sowie ein, zwei grüne Felder, die einigermaßen gepflegt aussehen. Dem Bauer dieser Felder gehört wohl das letzte und einsame weiße Häuschen im Tal von Guinate. Davor steht zumindest ein Auto. Es ist sehr ruhig im Tal.
Allmählich ragen die Talflanken zu beiden Seiten in die Höhe. Hier wurden die Felder einst terrassiert, später aber wieder aufgegeben und brach liegengelassen. Feigenkakteen, einige Dattelpalmen und Balsam-Wolfsmilch haben längst von ihnen Besitz ergriffen.
Den Pistenrand zieren die hübschen Blattrosetten der Aeonium-Halbsträucher. Dadurch wirkt das Hochtal richtig grün. Das Schild mit der Aufschrift »Se Vende« neben einem alten blauen Tor wird aber dennoch keinen Bauern zum Kauf ermuntern.
Die Piste steigt nur sanft an und führt uns in den Talschluss. Wir schauen zurück. Am Taleingang sehen wir die weißen Farbtupfer der Häuser von Guinate. Dahinter ragt der Monte Corona wie ein Bilderbuchvulkan in den azurblauen Himmel. Auch für uns geht es nun in die Höhe. Gut 50 Meter, bevor der Hauptweg eine Linkskurve beschreibt,
suchen wir rechts nach einem Pfad, der die Talflanke hinaufführt. Laut Wanderführer sollte er mit einem Steinmännchen gekennzeichnet sein. Dieses jedoch ist so winzig, dass es von einem Strauch verdeckt wird. Der Pfad selbst ist aber gut zu erkennen und führt hinauf zu einer vor Wind schützenden Mauer.
Kurz bevor wir die Anhöhe erreicht haben, klettert vor uns eine Frau unsportlich über eine Mauer. Wir hoffen, dass sie sich nicht gleich alle Knochen bricht, und finden einen angenehmeren Pfad durch eine Maueröffnung. Im nächsten Moment stehen wir auf einer wunderschönen Aussichtskanzel. Wie ein geschütztes Zimmer ist diese in einen Spalt in der Klippe gebaut.
Ein guter Platz für eine Rast? Auf der steinernen Bank in der Sonne sitzt es sich tatsächlich richtig gut. Doch wollen wir die Aussicht entlang der Steilklippen genießen, haut es uns schier um. Die Sicht ist spektakulär und der Wind gigantisch!
Obwohl es kühl ist, brennt die Sonne gnadenlos vom blauen Himmel. Damit es uns die Hüte nicht vom Kopf bläst, zurren wir diese mit Schal und Loop fest, und steigen weiter steil hinauf auf das Famara-Kliff. Beim Aufstieg können wir noch den Windschutz des ausgefransten Klippenkamms nutzen. Sowie wir das Hochplateau erreicht haben, zieht es jedoch wie Hechtsuppe. Im Wanderführer steht: »Vorsicht bei starkem Wind«. Genau den haben wir bei unserer Wanderung erwischt!
Wir wagen uns etwas näher an den Rand der Klippen, halten aber doch einen gesunden Abstand. Es sind fast 500 Meter, mit denen die Abbruchkante jäh zum Meer abfällt. Wenn man es genau nimmt, sind wir hier sogar 20 Meter höher als der viel besuchte Mirador del Río. Vor uns liegt der Meeresarm El Río und dahinter die kleine Schwesterninsel La Graciosa. Die Aussicht ist wie aus dem Flugzeug. Es wirkt, als würden wir jeden Moment darüber hinweg schweben.
Auf der Ebene des Famara-Kliffs wandern wir langsam in Richtung Norden. Der Weg ist hier oben ausgesetzt. Doch die Ebene ist flach und fest. Wie sollte es auch anders sein, bei dem Wind? Nur wenige Pflanzen trotzen diesen widrigen Bedingungen.
Das meiste Grün hält sich im Windschatten, ein paar Meter weiter unten, zum Tal von Guinate. Dort harrt auch ein Mann aus, dessen Frau wagemutig, vielleicht auch nur leichtsinnig am Rande der Kippen hängt, nur um ein spektakuläres Foto zu schießen. Na ja, jedem das Seine.
Bald öffnet sich der Blick auf die Salinen von El Río und die Playa del Risco. Daneben ragt die nächste steile Klippe in die Höhe. Auf ihr ist in der Ferne der Parkplatz des Mirador del Río gut zu erkennen. Zwischen den beiden Klippen befinden sich das Valle de Guinate und unser Auto.
Der Abstieg dorthin erfordert etwas Trittsicherheit und der Pfad ist teilweise nur schwer auszumachen. Schließlich aber erreichen wir den Talgrund nahe einem zerfallenen Häuschen. Hier beginnen auch wieder die ersten Felder von Guinate.
Entlang einem Feldweg erreichen wir die vom Hinweg bekannte Schotterpiste und sind nach kurzer Zeit zurück bei der Bar Centro Socio Cultural. Laut dem Aushang sollte sie seit einer Viertelstunde geöffnet sein. Doch auch wenn sich der Parkplatz davor inzwischen gefüllt hat, wirkt die Bar verwaist. So fahren wir weiter zum nahen Mirador de Guinate. Von hier aus lässt sich gut erkennen, wie weit und steil der Risco de Famara zum Meer abfällt.
Mit spektakulären Aussichten hat uns die Wanderung bereits verwöhnt. So machen wir uns auf den Rückweg in den Inselsüden. Anstatt über Arrieta am Meer fahren wir die Bergvariante durch das Palmendorf Haría. Bei unserem zweiten Besuch in den Ort erwischen wir einen Markttag. Damit sind die Restaurants und Cafés gut gefüllt, aber nicht überlaufen.
Nach der Kaffeepause bleibt noch genügend Zeit für einen Abstecher zur Ermita de las Nieves. Wir kurven die Serpentinenstraße hinauf. Vorbei am Mirador de Haría, zweigt nach etwa drei Kilometer rechts eine geteerte Straße ab und bringt uns zur Einsiedelei. Ein weißes Kirchlein, umgeben von einer Mauer und verziert mit einigen windzersausten Dattelpalmen, thront einsam auf der Ebene, mitten im Niemandsland von Lanzarote. Bei erneut stürmischen Böen lassen sich die Autotüren nur mit Mühe öffnen. Dann flüchten wir auch schon in den Windschatten der Kirchenmauern. Es ist kaum auszuhalten.
Einmal jährlich wird die Einsamkeit der Einsiedelei unterbrochen. Zum Dank für die winterlichen Niederschläge findet dann eine Prozession statt. Die Feierlichkeiten werden zu Ehren der Virgen de las Nieves, also der heiligen Schneejungfrau, abgehalten. Dabei ist Schnee auf Lanzarote unbekannt. Eigentlich müsste die Heilige Virgen de las Lluvias – Regenjungfrau – heißen.
Aber das klingt wahrscheinlich nicht so gut. Zudem werden die Bittsteller offensichtlich seit mehreren Jahren nicht mehr erhört. Bei unserer Wanderung auf die Caldera Blanca erklärt eine Wanderführerin ihrer Gruppe, dass es die letzten drei Jahre keinen nennenswerten Regen auf der Insel gab.
Vom Rande der Ebene vor der Einsiedelei blickt man wieder hinab auf die Playa Famara. Wegen des unsäglichen Windes begnügen wir uns mit der Blick auf den nahen Gipfel des Peñas del Chache. Mit 671 Metern Höhe bildet er den höchsten Punkt von Lanzarote.
Für alle, die sich den höchsten Punkt der Insel erhabener vorgestellt haben: Durch die auffallenden Kugeln, bzw. der Radarkuppeln der Radarstation ist dieser bereits von Weitem gut zu erkennen.
Auch an der Ermita de las Nieves und dem Peñas del Chache führt eine längere Wanderung auf dem Risco del Famara vorbei. Diese eröffnet Wanderern ebenfalls tolle Aussichten. Angesichts der unangenehmen Sturmböen sind wir indes froh, uns auf den Guinate Höhenweg konzentriert zu haben. So konnten wir einen Großteil der Tour im Windschatten des Valle de Guinate verbringen und die zugleich spektakuläre wie auch traumhafte Aussicht auf die Insel La Graciosa genießen.
Der Höhenweg von Guinate eröffnet Wanderern traumhafte Panoramen. Oben auf dem Famara-Kliff blicken wir auf La Graciosa und den Monte Corona.
Die Anfahrt erfolgt entweder über die LZ-201 von Máguez in Richtung Ye. Wir folgen der Beschilderung nach Guinate. Am Ortseingang biegen wir links in das Sträßchen zur Dorfkapelle ab. 150 Meter nach der Kapelle befindet sich die Bar Centro Socio Cultural De Guinate. Dort sind einige Parkplätze.
Die Wanderung beginnt einfach und bequem auf einem Feldweg durch das Valle de Guinate. Der Auf- und Abstieg zum und vom Klippenkamm erfordert Trittsicherheit und etwas Orientierungssinn. Vorsicht bei starkem Wind!
Ausgangspunkt | Guinate - Calle El Rincón |
Koordinaten | N 29.18034, E -13.4966 (Parkplatz vor der Bar Centro Socio Cultural De Guinate) |
Gehzeit | 1.30 Stunden (reine Gehzeit) |
Distanz | 4,4 km |
Anstiege | 210 HM |
Grad | T3 |
Einkehr | Bar Centro Socio Cultural De Guinate (Sa und So), unterwegs keine |
GPS-Daten | Wanderung Guinate Höhenweg gpx |
kml-Daten | Wanderung Guinate Höhenweg kml |