Lanzarotes Schwesterninsel La Graciosa gehört zu den Highlights der Kanaren. Unsere zweiwöchige Reise beinhaltet somit auch einen Tagesausflug zur anmutigen Insel, wie der Name verspricht. Etwas unsicher sind wir jedoch bei den Fähren.
Müssen wir eventuell einen Platz reservieren? »Fahrt einfach hin«, ermutigt uns der Hotelmanager des Labranda Alyssa. Wir verlassen uns auf ihn und fahren vom einen zum anderen Ende der Insel. Eine längere Fahrt ist auf Lanzarote kaum möglich.
Zeitig erreichen wir das beschauliche Hafenstädtchen Órzola und fahren auf gut Glück gleich durch bis zum Hafen. Parkplätze sind in dem kleinen Ort Mangelware. Doch am Hafen winkt uns sogleich ein Parkwächter zu und lotst uns zum nächstbesten Platz.
Anfahrt und Parken funktionieren hier also prima. Denn unser Auto steht nun nahe dem Ticket-Häuschen der Líneas Romero. Tickets für die 10-Uhr-Fähre sind ebenfalls noch genügend vorhanden. So sitzen wir schon bald auf dem Boot und warten auf die Abfahrt.
Órzola selbst wirkt eher verschlafen. Wer hier ein bis zwei Stunden auf die nächste freie Fähre warten muss, wird nur mit einem guten Buch oder Mühe die Zeit totschlagen können. Der Hafen ist mit seinen weißen Häusern recht hübsch. Es gibt ein paar Fischrestaurants, welche morgens jedoch geschlossen sind.
Wer Ruhe sucht, ist in den kleinen Dorfpensionen dafür bestens aufgehoben. Lediglich zu den Abfahrtszeiten der Fähren herrscht vorübergehend ein geschäftiges Treiben, wenn die Ausflügler nach La Graciosa wollen und die Inselbewohner Warenkisten auf das Boot schleppen.
Auf der Fähre nach La Graciosa
Rechtzeitig zur Abfahrt ist die Fähre gut gefüllt. 25 Minuten dauert die Fahrt. Vorbei an der Punta Fariones, der Nordspitze Lanzarotes, blicken wir eine ganze Weile auf die Steilklippen des El Risco de Famara. Kurz vor den ehemaligen Salinen queren wir den Meeresarm El Río und nehmen Kurs auf La Graciosa.
Nach einem kurzen Abschnitt mit etwas höheren Wellen nähern wir uns allmählich Caleta de Sebo. Die Siedlung bildet eine der zwei Ortschaften auf der Insel. Von der Fähre aus wirken die weißen Häuser auf dem flachen, wüstenartigen Eiland unwirklich. Im Hintergrund ragen einige Vulkane in die Höhe. Von was leben die Menschen dort?
Die Frage nach dem Lebensunterhalt erklärt sich bei der Ankunft am Hafen von Caleta de Sebo eindeutig durch die Einnahmen aus dem Tourismus. Mit einem großen »Bienvenidos« am Vordach der Lineas Maritimas Romero werden Gäste herzlich willkommen geheißen. Ein Restaurant reiht sich an das andere. Dazwischen warten Fahrradverleiher auf unternehmungslustige Kundschaft.
Auch wir besorgen uns gleich nach der Ankunft ein Fahrrad. Allerdings lassen wir die Geschäfte direkt am Pier links liegen und geben lieber den Läden in der zweiten Reihe eine Chance. Beim kleinen Restaurant »El Everil« bekommen wir so zwei stabile und gut funktionierende Mountain-Bikes und schon kann es losgehen.
Durch die Calle la Popa, die Straße rechts neben dem El Everil, fahren wir schnurstracks hinaus aus Caleta de Sebo. Bereits am Ortsrand bestätigt sich die Entscheidung für eine Fahrradtour anstatt einer Wanderung. Wir fahren auf einer breiten Sandpiste. Vor uns ragt der Vulkankegel des Aguja Grande in die Höhe. Ansonsten bietet die Strecke nur wenige Abwechslung. Das Tempo-30-Schild gilt damit den wenigen Jeep-Taxis der Insel, welche die fußfaulen Touristen an die weiter entfernten Strände karren.
Die Hinweise des Nationalparks Oranismo Autónomo de Parques Nacionales, kurz OAPN, gelten aber auch für uns. Zusammen mit der nördlichen Steilküste Lanzarotes wurde im Mai 1986 der gesamte Chinijo-Archipel mit den Inseln Alegranza, Montaña Clara, Roque del Este, Roque del Oeste und der bewohnten Insel La Graciosa, gesetzlich zum Naturschutzgebiet erklärt. Außerhalb der Ortschaften gilt es, die Landschaft zu erhalten, Pflanzen zu schonen und die Wege nicht zu verlassen.
Die Sandpiste führt uns zwischen den beiden Vulkanen Aguja Grande und Montaña del Mojón hindurch. In dieser fruchtbaren Senke von La Graciosa passieren wir einige umzäunte Fincas. Die Gracioseros bewirtschaften hier kleine Schrebergärten für den Eigenbedarf. Beim Wegkreuz weist ein Schild zur Montaña Amarilla im Westen der Insel und auf den Ort Pedro Barba im Osten. Wir fahren jedoch geradeaus in Richtung Playa de las Conchas.
Knapp vier Kilometer nach Caleta de Sebo erreichen wir den Zugang zur Playa Baja del Ganado. Die letzten 180 Meter bis zum Strand sind durch das Naturschutzgebiet zu Fuß zu bewältigen. Erst auf halben Weg erkennen wir, dass manch ein Besucher das Gebot mit einer Empfehlung verwechselt.
Am Ende des Pfads öffnet sich zur Linken ein kleiner Sandstrand. Wenden uns nach rechts, schweift unser Blick über eine steinige, raue Bucht. Am Strand ist wenig los. Somit ist die Playa Baja del Ganado für uns der perfekte Ort für ein ruhiges Picknick mit Äpfeln und Keksen.
Auf dem Weg zur Playa Baja del Ganado
Weiter geht die Fahrt in Richtung der Montaña Bermeja, dem roten Vulkan von La Graciosa. Nach gut einem Kilometer erreichen wir den Fahrradparkplatz der Playa de las Conchas. Auch hier erfolgen die letzten 200 Meter zu Fuß über einen feinsandigen Weg bis zum Strand.
Die Playa de las Conchas ist der weißsandige Bilderbuchstrand von La Graciosa. Mit dem azurblauen Wasser des Atlantischen Ozeans und der Isla Montaña Clara im Hintergrund, gibt der Strand ein wirklich malerisches Bild ab.
Die Playa de las Conchas ist für viele Tagesgäste das einzige Ziel auf La Graciosa. Sie trotzen der kühlen Brise, die bei unserem Ausflug herrscht. Mit einer roten Flagge wird eindringlich vor einem Bad in der Brandung gewarnt. Untermauert wird der Appell durch eine Gedenktafel an die Tragödie vom 26. Dezember 2013.
Der 47-jährige François und seine elfjährige Tochter Bahia wurden an dem Tag von einer großen Welle mitgerissen. Der Vorfall verdeutlicht, dass das Meer trotz aller Schönheit dieses Strandes immer auch gefährlich ist. Es ist besser, das Idyll von Weitem zu betrachten, um weitere Dramen zu vermeiden.
Ein zweiter Pfad führt vom Fahrradparkplatz der Playa de las Conchas auf die Montaña Bermeja. Der Aufstieg auf den 152 Meter hohen Gipfel wird mit einer grandiosen Aussicht über den Chinijo-Archipel belohnt. Wir verzichten jedoch, fahren 450 Meter auf der Hauptpiste zurück und nehmen dann die erste Abbiegung links, in Richtung Playa de La Lambra. Auf dem nächsten Abschnitt ist es deutlich ruhiger und weniger staubig, da hier keine Insel-Taxis mehr an uns vorbeifahren. Um die Montaña Bermeja herum, radeln wir zur Baja de las Maspalomas.
Dünenlandschaft und Basaltbrücke an der Baja de las Maspalomas
Da hier weniger Autos fahren als zwischen Caleta de Sebo und der Playa de las Conchas, ist die Piste deutlich sandiger und anstrengender zu fahren. Uns kommt ein armer Kerl mit einem Plattfuß an seinem Fahrrad entgegen. Ein solches Malheur im Niemandsland einer Wüsteninsel ist wirklich Pech.
Zweieinhalb Kilometer nach dem Abzweig kommen wir zum Glück heile beim nächsten Parkplatz an. Wir sind bei der Baja de las Maspalomas, der Bucht der vielen Tauben. Irgendwo hier sollte es eine Basaltbrücke geben. Fragt sich bloß wo? Denn die Gegend ist so flach, dass von Weitem nichts zu erkennen ist.
Wir lassen die Räder zurück und spazieren entlang dem sandigen Pfad. Nach 300 Metern verraten die Spuren den Zugang zur Basaltbrücke. Hier hat das Meer einen 70 Meter langen Kanal geschaffen. Stoisch hält sich über den dramatisch hereinrollenden Wellen eine Brücke aus optisch einzelnen Basaltsteinen. Keineswegs würden wir uns dort hinüber trauen.
Die Aussicht auf die Naturbrücke und das wilde Wasser darunter genügt uns bereits. Wir hatten das Glück, das Azur Window auf Gozo bei Malta noch heile anzutreffen. Am 8. März 2017 war das Blaue Fenster von Malta den Naturgewalten unterlegen. So scheint es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Balsaltbrücke an der Baja de las Maspalomas nachgibt.
Zurück beim Fahrrad, nehmen wir als Nächstes Kurs auf Pedro Barba. Die niedrigen, hellen Sanddünen bieten eine wüstenhafte Landschaft, die sich über zwei Kilometer entlang der Playa de La Lambra erstreckt. Die Dünen sind übersät mit Millionen von weißen Schneckenhäusern.
Wer die Einsamkeit sucht, wird diesen Bereich lieben. Allerdings ist dieser Küstenabschnitt auch recht stürmisch. In dieser Wüste begegnet uns eine einzige Frau, die zu Fuß unterwegs ist. Ich bin so froh, dass wir uns Fahrräder gemietet haben.
Die Wüstenfahrt endet an einer Kreuzung. Hier könnten wir die Fahrstraße über einen Bergrücken zurück nach Caleta de Sebo nehmen. Aber wir fahren bergab nach Pedro Barba. Das Dorf ist eigentlich eine kleine Ferienkolonie, die im Winter einen verlassenen Eindruck macht. Palmen, Kakteen, Agaven und Drachenbäume zieren die Höfe und Vorgärten der weißen Häuser.
In den 1960er Jahren entstanden diese als zunächst unbewohnte Fischerunterkünfte. Später wurden sie verkauft. Abgesehen von der 2014 verlegten Wasserleitung verfügt Pedro Barba über keinerlei Infrastruktur. Dafür besitzt es einen Bootsanleger, auch wenn dieser dem Verfall preisgegeben zu sein scheint, und einen durch die Kaimauer geschützten Sandstrand.
Ferienkolonie Pedro Barba auf La Graciosa
Knapp 200 Meter nach dem Sandstrand von Pedro Barba wird unsere Tour etwas ungemütlich. Wir kommen an die schwarze Steilküste Morros Negros, und eben diese ist für Fahrräder gänzlich ungeeignet. Wir sind überzeugt, dass es mit etwas Schieben schon klappen wird. Tatsächlich sind wir einige Male kurz davor, umzukehren. Geschickt gilt es, die Räder über die Steine und Felsblöcke zu hieven. Neben uns bricht das Gelände 15 bis 20 Meter tief zum Meer ab. Irgendwann erreichen wir den Barranco de los Conejos, die Kaninchenschlucht.
Im Bereich der Schlucht haben wir die gröbsten Hindernisse gemeistert und gelangen wir wieder auf leichteres Terrain. Wer dieselbe Tour wie wir machen will, ist jedoch besser auf der Fahrstraße von Pedro Barba nach Caleta de Sebo aufgehoben. Ein Abstecher zu Fuß in Richtung der Morros Negros lohnt sich aber auch dann, alleine wegen der winzigen Sandstrände bei der Caleta del Aguardiente, der Schnapsbucht. Dort treffen wir nur wenige Leute an und das Wasser ist im Meeresarm El Río sehr ruhig.
Caleta de Sebo und sein Hafen sind nun kaum noch zu verfehlen. Durch die breiten sandigen Dorfstraßen fahren wir an der Kirche vorbei zur Uferpromenade Avenida Virgen del Mar. Wir geben die Fahrräder wieder beim El Everil ab. Die Schattenplätze des Restaurants sind bei unserer Rückkehr leider allesamt belegt. Gleiches gilt für sämtliche andere Lokale im Ort, da die Sonnenschirme dem böigen Wind kaum standhalten.
Sonne haben wir bei der Rundfahrt jedoch mehr als genug abbekommen, weshalb wir in das Mesón De La Tierra hineingehen. Just bei unserer Ankunft ist eine Ladung Desserts fertig geworden, welche die Bedienung in den Kühlschrank stellt. In den Gläsern sind irgendwelche eingelegten und gekühlten Kekse. Das Ganze ist mit viel Sahne lecker drapiert. Genau das, was wir jetzt brauchen.
Wir sind knapp 20 Kilometer über die Insel La Graciosa geradelt. Die sandigen Pisten, der starke Wind und alles in der prallen Sonne, sowas bereitet dem Radfahrer schon etwas Mühe. Doch die Insel bietet wundervolle Eindrücke. Es ist ruhig und alles läuft etwas gemächlicher ab als auf den großen Hauptinseln der Kanaren. Wir verbringen noch etwas Zeit in Caleta de Sebo. Das Dorf mit seinen knapp 700 Einwohnern wirkt sauber und stilvoll. Für eine Auszeit ist dies ein bestens geeigneter Ort. Doch könnten wir hier dauerhaft leben? Es ist für uns schwer vorstellbar.
La Graciosa hat eine isolierte Lage und es gibt kein Grundwasser. Lange Zeit war die Insel deshalb unbewohnt und ein optimales Versteck für Piraten. Von hier aus konnten sie die Schiffe auf der Route von Europa nach Südamerika überfallen. 1876 setzte dann die Besiedelung durch Fischer aus den ärmeren Dörfern von Lanzarote ein. Sie erhielten eine Fischereilizenz und in einer Fischfabrik konnten sie ihren Fang haltbar machen.
Die Übersiedler blieben, lebten weiterhin vom Fischfang und vom Handel mit Meeresprodukten. Mit dem Aufkommen des Tourismus bietet die Insel inzwischen auch jungen Leuten eine Perspektive, sodass einige von ihnen gerne auf ihrer Heimatinsel bleiben. Wir jedoch nehmen eine der Nachmittags-Fähren und reisen zurück nach Órzola. Ab dort liegt noch ein weiter Rückweg quer über Lanzarote bis zum Hotel vor uns. Doch der traumhafte Tag auf La Graciosa war es mit Sicherheit wert.
Tagesausflug nach La Graciosa, der kleinen Schwester der Kanareninsel Lanzarote. Radtour über die Insel zu den Stränden und Buchten.
Der Tagesausflug führt uns ganz in den Norden von Lanzarote, nach Órzola. Im Hafen nehmen wir die Fähre nach La Graciosa. In der Hochsaison ist es sicherlich besser, einen Platz auf der Fähre zu reservieren.
Die Radtour beginnt in Caleta de Sebo, dem einzigen richtigen Ort auf La Graciosa. Die Pistenwege bis zur Playa de las Conchas sind gut zu fahren. Erst im Hinterland, vorbei an der Playa de La Lambra, wird es durch die Sandpisten etwas anstrengender. Die Wanderung entlang der Küste ist leicht. Der Weg bricht entlang der Morros Negros teilweise ab.
Ausgangspunkt | Caleta de Sebo |
Koordinaten | N 29.23015, E -13.50297 (Hafen von Caleta de Sebo) |
Gehzeit | Inselradtour 2 Stunden (reine Fahrzeit) Küstenwanderung 3 Stunden (reine Gehzeit) |
Distanz | 21 km Radtour 9,6 km Küstenwanderung |
Anstiege | 300 HM Radtour 70 HM Küstenwanderung |
Grad | T2 |
Einkehr | Cafés und Restaurants in Caleta de Sebo, unterwegs keine |
GPS-Daten | Radtour und Wanderung La Graciosa gpx |
kml-Daten | Radtour und Wanderung La Graciosa kml |