Unschlüssig schlendern wir vom Frühstück zurück zu unserem Zimmer. Sollen wir uns für die nächste Wanderung richten oder begnügen wir uns mit einer einfachen Besichtigung? Unentschieden kombinieren wir einfach beides miteinander. Wenig später brechen wir nach Costa Teguise auf. Nördlich der Inselhauptstadt sollte in den 1970er Jahren auf einem zuvor kargen Küstenabschnitt Großes erschaffen werden. Ziel war es damals, eine Retortenstadt aus dem Boden zu stampfen und zum touristischen Herzstück Lanzarotes zu entwickeln.
Zu den Mitstreitern des Mammutprojekts zählt der Architekt und Umweltschützer César Manrique. Der 1919 in Arrecife geborere Künstler entwarf die Garten- und Schwimmbadanlage für das erste Fünf-Sterne-Hotel der Insel. Von ihm stammt außerdem der Entwurf des Pueblo Marinero, ein Feriendorf mit höchstens zweigeschossigen Gebäuden im Stil eines kanarischen Fischerdorfes.
Leider haben es die Verantwortlichen bei der Planung versäumt, Tiefgaragen mit einzuplanen. Als logische Folge stehen heute überall Autos herum. Und auch die Großparkplätze lassen sich durch die gepflanzten Palmreihen nur unzureichend kaschieren. Wir selbst parken in der Avenida El Jablillo und laufen in Richtung Küste.
Die Geschäftshäuser entlang der breiten Straße wirken wenig einladend. Wer will, kann hier billig und fern jeglichen Ambientes essen und einkaufen. Die Ware ist oft minderer Qualität. Vor einem der Läden trotzen Luftmatratzen und rosa Flamingo-Schwimmringe der Sonne. Ihre einst knalligen Farben sind matt und längst ausgeblichen.
Eine Gasse führt von der zweiten Reihe vor zur Strandpromenade. Dazwischen stinken die Mülleimer um die Wette. Zum Glück ist die Avenida Los Cocederos Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Vieles davon wird während unseres Besuchs saniert, was Baulärm mit sich bringt.
Doch Costa Teguise hat an so manch einer Ecke dringenden Sanierungsbedarf, weshalb wir einsichtig sind. Im Kontrast dazu reihen sich einige hübsche Bars und Restaurants entlang der Promenade. Allerdings werden diese durch den Baulärm dermaßen beschallt, dass wir sogleich weiter spazieren.
Die Avenida direkt an der Playa de las Cucharas jedoch ist wirklich schön. Hier grenzen Anlagen mit stilvollen, kleinen Villen an. Große Gartenflächen sind mit Kakteen und Palmen bespickt. Wie an der Promenade von Playa Blanca ließ die Gemeinde auch hier Kokospalmen pflanzen.
Neben den prächtigen Dattelpalmen geben diese jedoch ein jämmerliches Bild ab. Optisch passen sie damit zu den Strandliegen, welche geduldig auf Kundschaft warten. Die dazwischen gespannten Laken deuten auf viel Wind hin. Es gibt auf Lanzarote angenehmere Orte zum Verweilen.
Costa Teguise ist eine Mischung aus billig, brauch-ich-nicht sowie auch ganz-nett. Insgesamt sind wir froh, uns für die Playa Blanca entschieden zu haben. Was wir aber auch in Costa Teguise finden, ist ein Hausberg. Hinter dem Ungetüm an Hotelklotz Beatriz Costa & Spa ragt sanft eine Caldera in die Höhe. In unserem Lanzarote Wanderführer wird dieser Vulkankegel Montaña Corona genannt.
Erst später erfahren wir, dass der Vulkan eigentlich den Namen Montaña de Tinaguache trägt. Vielleicht wurde der Berg zu oft mit dem Monte Corona, hinter Guinate im Norden der Insel, verwechselt. Vielleicht hatte man irgendwann den Namen satt, nachdem uns einige Zeit später ein Vertreter der gleichnamigen Virengruppe heimsuchte und plagte. Genaues wissen wir nicht.
Die Calle la Atalaya, welche an der Montaña »lo-que-sea« vorbeiführt, ist für Costa Teguise stark überdimensioniert. Dies birgt den Vorteil, dass man, ohne andere zu stören, direkt am Straßenrand parken kann. Da es keinerlei Beschilderung gibt, halten wir uns an eine Fahrspur, welche rechts in Richtung der Caldera abgeht.
Zu Fuß folgen wir dieser Fahrspur 300 Meter bis zu einer Trockensteinmauer. Wir passieren diese durch eine schmale Lücke. In der Ferne sehen wir eine große Steinpyramide und nehmen den Pfad, welcher auf diese zugeht. 100 Meter nach der Mauer haben wir die Pyramide erreicht. Im weiteren Verlauf ist der Gipfelsteig hoch zur Montaña Corona kaum zu verfehlen.
Der Aufstieg auf die Montaña de Tinaguache ist zwar kurz, aber knackig und extrem geröllig. Griffiges Schuhwerk ist damit ein Muss. Obendrein bläst uns ein gewaltiger Wind um die Ohren. Doch der Aufstieg lohnt sich. Trotz seiner läppischen 226 Meter bietet der Gipfel einen eindrucksvollen Rundblick.
Südlich sind die grell-weißen Häuser von Costa Teguise zu sehen. Im Westen zeichnet sich die Silhouette der Feuerberge ab. Wenden wir uns nach Norden, so erkennen wir sogar die Kugeln des Peñas del Chache auf dem höchsten Punkt der Insel. Wunderschön schließlich ist das Farbenspiel der Montaña Téjida gleich gegenüber.
Auf der Nordseite der Caldera finden wir eine windgeschützte Stelle und legen eine Pause ein. Danach folgen wir dem großen Bogen des Kraters. Der Kraterkamm ist schmal und erfordert wegen der starken Windböen ein erhöhtes Maß an Vorsicht. So kommen wir sicher auf der Ostseite zu einem Zickzackpfad, der ebenfalls steil und geröllig die Caldera hinab zur nächsten großen Steinpyramide führt.
Wer mag, kann dort auf einen Pfad direkt hinab in Richtung Hotel Beatriz wandern. Wir indes nehmen den Pfad, der in den Krater hineinführt. Dafür gehen wir von der Pyramide aus gesehen nach links. Der Pfad bringt uns entlang dem südlichen Kraterhang, zunächst auf mehr oder weniger der gleichen Höhe, in den Krater hinein.
Bald senkt sich der Pfad zum Kraterboden hinab. Kleine Mauern weisen darauf hin, dass der Krater einst bewirtschaftet wurde. Wir queren einen Graben, bleiben jedoch immer auf dem Pfad. Schließlich teilt sich dieser. Ganz gleich, welchen wir wählen, beide Pfade führen zu unserem Hinweg.
Wir folgen den bekannten Weg durch die Trockensteinmauer zurück ans Auto. Die kurze Tour war in unserer Planung mit einem Fragezeichen versehen. Nun sind wir froh, dass wir die Runde mitgenommen haben. Die Aussicht ist zu traumhaft, um sie zu versäumen.
Das zentral im Gebirge gelegene Teguise ist eine der ältesten Städte auf Lanzarote. 1406 wurde sie durch Maciot de Béthencourt gegründet und erhielt den Namen seiner Frau Teguise, einer Prinzessin der Ureinwohner.
Der Ort entwickelte sich zum zentral gelegenen Verwaltungssitz und erhielt den Titel »Villa Real«, die königliche Stadt. Bis 1852 fungierte Teguise als Inselhauptstadt, verlor den Status dann aber an den aufstrebenden Küstenort Arrecife.
Teguise war immer eine wohlhabende Stadt. Und das ist sie offensichtlich bis heute geblieben. Wir starten unseren Rundgang am Parkplatz zur »Shopping Mall«. Wir haben Glück, dass bei unserer Ankunft zufällig eine Lücke frei wird. Durch eine gepflegte Gasse schlendern wir zum weitläufigen Platz des Mareta Parks.
Darunter befindet sich die größte Zisterne Lanzarotes. Auf dem Platz findet der Sonntagsmarkt statt, für den Teguise berühmt ist. Kein Markt auf Lanzarote ist größer, bunter und beliebter. Sonntags strömen somit Scharen an Besuchern in das Städtchen mit dörflichem Charakter. Allein dieser Tag ist verantwortlich für den Reichtum des Teguises.
Donnerstags geht es eher beschaulich zu. So mögen wir das und schlendern durch die Calle la Sangre, der Blutgasse. Fuerteventura und Lanzarote liegen dem afrikanischen Festland näher als die übrigen Kanarischen Inseln. Als Folge fielen hier häufig Piraten ein, weshalb man die Kapitale ins sichere Inselinnere verlegte. Trotz allem Schutz gelang es berberischen Seeräubern, bis nach Teguise vorzudringen. Sie zogen brandschatzend und plündernd durch die Straßen. Die Blutgasse erinnert an die besonders schweren Attacken.
Der Überfall im Jahr 1569 verlief für die Teguiser noch glimpflich. Sie konnten frühzeitig gewarnt werden und sich wappnen, sodass 170 Piraten den Tod fanden. 1586 wurden die Menschen überrascht. Morato Arráez und seine plündernde Meute richteten ein grausames Gemetzel unter der Bevölkerung an. Die schlimmsten Verwüstungen erlitt die Stadt 1618, als eine Seeräuberbande 900 Einwohner gefangen nahm und deren Häuser, wie auch die umliegenden Äcker in Brand steckte.
Heute bildet die Plaza de la Constitución den Ortskern von Teguise. Die Iglesia Señora de Guadalupe bestimmt hier mit ihrem markanten Turm das Bild. Das Gotteshaus wurde Mitte des 15. Jahrhunderts im gotischen Stil errichtet. Es zählt zu den ältesten Sakralbauten auf den Kanarischen Inseln. Piratenüberfälle, zuweilen aber auch die Nachlässigkeit eines Messdieners, zerstörten immer wieder große Teile der Kirche durch Feuer.
Somit hat das heutige Bauwerk mit dem ursprünglichen, wahrscheinlich eher schlichten Gebäude nur noch wenig gemein. Anders verhält es sich beim ehemaligen Palacio Spínola. Der Stadtpalast ist aufgrund seiner Größe und ursprünglichen architektonischen Elemente eines der wichtigsten Wohnhäuser in Teguise. Früher diente der Palast als Residenz des kanarischen Präsidenten, der das Ambiente zu schätzen wusste. Heute wird das Gebäude als Museum genutzt, das Timples, urkanarische Gitarren, ausstellt.
Durch die Calle Notas gelangen wir in die Calle de las Flores. Hier stehen noch viele alte Gebäude. Mit ihren geschnitzten Haustüren, grünen Fenstern oder Mauerverzierungen aus Naturstein sind diese hübsch anzusehen. Leider parken überall Autos davor. Auch die Plaza Santo Domingo wäre mit den prächtigen Palmen und Drachenbäumen idyllischer, wenn das ganze Blech aus dem Zentrum verbannt würde. Vom Convento de Santo Domingo spazieren wir weiter zum Convento de San Francisco, also von den Dominikanern zu den Franziskanern. Beide nutzen heute ihre Gebäude für Ausstellungen. Wir indes suchen ein schönes Café, bevor wir uns auf den Rückweg begeben.
Ausflug ins Bergdorf Teguise auf Lanzarote
Hoch über Teguise, auf dem Rand des Kraters Guanapay, thront das Castillo de Santa Bárbara. Von hier aus genießen Besucher einen imposanten Blick über die ehemalige Inselhauptstadt. Die exponierte Lage des Kastells ermöglicht einen grandiosen Weitblick bis in die Küstenregion. Vom Wachturm aus konnte die Bevölkerung somit rechtzeitig vor den Seeräuberbanden gewarnt werden.
Ungebetene Gäste konnten damit nur im Schutz der Dunkelheit oder bei witterungsbedingter schlechter Sicht das wohlhabende Teguise heimsuchen. Heute gehören Piraten längst der Vergangenheit an. In der ehemaligen Burg ist ihnen jedoch ein Museum gewidmet. Für uns bildet es einen schöner Abschluss für eine abwechslungsreiche Tour mit Strand, Vulkan und einem idyllischen Bergdorf.
Nach einem Spaziergang durch Costa Teguise erklimmen wir den Hausvulkan Montaña de Tinaguache. Im Anschluss daran besuchen wir das Bergdorf Teguise Lanzarote.
Die Anfahrt erfolgt über die Stadtumfahrung LZ-3 um Arrecife. Die LZ-18 bringt uns in den Ortskern von Costa Teguise. Wir nehmen den Abzweig »Blue Sea Costa / Teguise Gardens« und folgen der Straße durch einen Kreisverkehr, immer geradeaus zum großen Parkplatz nahe der Küste. Nach der Tour entlang der Küste verlassen wir den Ort in Richtung Norden über die Avenida de las Islas Canarias und nehmen den Abzweig »Salidas (exit)«. Die Calle la Atalaya geht vorbei am Hotel Beatriz. Vor der Montaña de Tinaguache erkennen wir rechts eine Fahrspur im Schotter. Dort parken wir auf dem Seitenstreifen. Nach der Wanderung auf die Tinaguache folgen wir der Calle la Atalaya bis zum Abzweig nach Guatiza. Sie bringt uns zu Kreisverkehrsanlagen an der LZ-1, die uns nach Tahiche bringt. Im Kreisverkehr zweigt die erste Ausfahrt ab nach Nazaret und Teguise. Wir fahren auch im Kreisverkehr von Teguise immer geradeaus, bis zur Einfahrt Castillo Santa Barbara auf der rechten Seite. Links ist der Parkplatz an der Shopping Mall ausgeschildert.
Mit den Teguise-Touren haben wir einen ganzen Tag gefüllt. Die beiden Rundgänge in Costa Teguise und Teguise sind einfach und bequem. Die Wanderung auf die Montaña de Tinaguache beinhaltet einen kurzen Steilanstieg. Entlang dem Kraterrand ist Schwindelfreiheit vorausgesetzt. Auch auf diesem Kraterrand gilt: Vorsicht bei Wind!
Ausgangspunkt | Parkplatz Avenida El Jablillo in Costa Teguise Straßenrand an der Calle la Atalaya Parkplatz Shopping Mall Teguise |
Koordinaten | N 28.9942, E -13.4890 (Costa Teguise) N 29.0150, E -13.4956 (Montaña de Tinaguache) N 29.0597, E -13.5584 (Costa Teguise) |
Gehzeit | 1 Stunde (Costa Teguise) 1.30 Stunden (Montaña de Tinaguache) 1 Stunde (Teguise ohne Besichtigungen) |
Distanz | 2,3 km Costa Teguise 3,1 km Montaña de Tinaguache 1,5 km Teguise |
Anstiege | unwesentlich (Costa Teguise) 150 HM (Montaña de Tinaguache) unwesentlich (Teguise) |
Grad | T1 (Costa Teguise) T2 (Montaña de Tinaguache) T1 (Teguise) |
Einkehr | Bars und Restaurants in Costa Teguise. Keine Möglichkeiten an der Montaña de Tinaguache. Bars und Restaurants im Bergdorf Teguise. |
GPS-Daten | Wanderung und Rundgänge Teguise gpx |
KML-Daten | Wanderung und Rundgänge Teguise kml |
Los Cancajos - Eine Retortenstadt auf La Palma
Auch auf der kanarischen Insel La Palma finden wir eine Retortenstadt. Der Badeort Los Cancajos befindet sich südlich der Inselhauptstadt Santa Cruz. In den 1970er Jahren wurde hier der schwarze Badestrand künstlich aufgeschüttet, um den Tourismus zu fördern. Mit ihm entstand eine Retortenstadt für Urlauber auf La Palma. Wer auf der Insel ausspannen und abschalten möchte, ist in Los Cancajos gut aufgehoben. Durch den Mietwagen sind wir flexibel. So stellt sich der Badeort als der perfekte Ausgangspunkt für unsere Entdeckungstouren heraus.