Nach einer lauten Nacht – die Asiaten veranstalten an Silvester einen Lärm, den europäische Ohren nur als Qual empfinden – haben wir am Neujahrsmorgen keine Wahl: wir müssen aufstehen, damit wir um zehn unseren Flug in den Süden erwischen. Sonst war es das mit dem Bolaven-Plateau, der Hochebene von Laos.
Direkt nach dem Frühstück bringt uns ein Hotel-Taxi zum Flughafen. Natürlich sind die 50000 Kip, 5,50 EUR, zu teuer. Aber eine günstigere Fahrt hätten wir am Vorabend in einem Reisebüro organisieren müssen und dazu war uns die Zeit zu schade.
Die Stadt Vientiane hat einen angenehmen Hauptstadtflughafen. Es gibt gerade mal vier Schalter zum Einchecken. Wir sind etwas zu früh, weshalb wir eine Weile in der Halle warten müssen, bis die Passagiere für den Flug nach Luang Prang ihre Bordkarten haben. Überpünktlich bringt uns dann eine ATR 72-500 mit Turboprop-Triebwerken – ja, laotische Flugzeuge sind klein, aber ordentlich – nach Pakse. Weniger pünktlich ist leider einmal öfter unser Transfer. Wobei wir diesmal tatsächlich vergessen wurden!!!
Die Mitarbeiter anderer Veranstalter sind so nett und rufen bei Khiri an. Ja, es war Silvester-Party und der Verantwortliche hat gefeiert und verpennt, lachen sie. Damit sind wir schon wieder zum Warten verdammt. Erst nach einer knappen dreiviertel Stunde holt uns ein Fahrer beim Flughafen ab. Seine Ausrede ist: sie hätten gedacht, wir kommen aus der Königsstadt Luang Prabang. Zu dumm nur, dass die Maschine aus Luang Prabang ebenfalls schon längst da ist und auch deren Passagiere bereits abgeholt wurden ...
Zumindest ist der Minibus bequem und wir beide sind die einzigen, die damit auf das Bolaven Plateau gebracht werden. Die Fahrt dauert circa eine Stunde, doch die Strecke habe ich mir irgendwie ganz anders vorgestellt. Langsam zieht sich eine fast schnurgerade Straße hinauf die Hochebene von Laos.
Es gibt kaum Kurven und keine steilen Abschnitte, sondern geht immer nur gemächlich geradeaus. So kommen wir in das fruchtbare Hochland der Südprovinz. Die Mon-Khmer-Völker haben hier oben im milden Klima ihre Kaffeeplantagen angelegt. Dazwischen befinden sich tief in das Plateau eingeschnittene Schluchten und mehrere Wasserfälle, die wir besuchen wollen.
Leider verpennt unser Fahrer, dass er uns zuerst zum Tad Fane-Wasserfall hätte bringen müssen. Dadurch landen wir ohne Wasserfall direkt bei unserem Hotel. Die Verständigung hier ist nicht ganz so einfach. So hat sich der ignorante Fahrer mitsamt Minibus schon wieder aus dem Staub gemacht,
noch bevor wir dem etwas Englisch sprechenden Hotelchef verständlich gemacht haben, was wir wollen, bzw. was uns fehlt. Aber gut, da wir die vom Hotel angebotene Trekkingtour auf dem Bolaven Plateau unternehmen wollen, werden wir den Tad Fane wohl noch sehen.
Zur Mittagszeit kommen wir am Baan E-Tu Waterfall Resort an. Nach dem sehr einfachen Einchecken wird unser Gepäck auf einen Pickup verladen. Die Bungalows sind zwar nur wenige Schritte entfernt, unserer jedoch – mit dem Zimmer Nr. 207 – befindet sich am oberen Ende der weitläufigen Anlage. Der Pickup-Service ersetzt dann auch den Wecker. Denn für diejenigen, die am nächsten Tag abreisen, rumpelt er ab dem frühen Morgen mit großen Getöse den Schotterweg hinauf.
Einen Safe gibt es keinen. Das Baan E-Tu Waterfall Resort gilt als sicher. Vorsicht ist allenfalls beim Betreten des Balkons geboten. So gibt es zwei Zugänge, wobei es beim ersten von der Türschwelle bis auf den Boden des Balkons einen knappen Meter weit hinunter geht, während beim anderen eine Abstiegshilfe bis knapp an das Geländer heranreicht. Wenn man dies weiß, sollte man aber sicher auf den Balkon kommen.
Das Zimmer selbst ist geräumig und besteht aus einem hier wieder gemütlichen Doppelbett. Sitzecke, Fernseher, Kühlschrank und einem schlichten, aber voll funktionstüchtigem Bad. Die wieder etwas dickere Bettdecke lässt schließen, dass es auf dem Plateau durchaus etwas kälter werden kann als unten am Mekong. Zudem stehen beim Spiegeltisch zwei Flaschen Wasser und ein Wasserkocher bereit. Da wir auch hier wieder einen edlen Holzfußboden haben, versteht es sich von selbst, dass wir die Schuhe draußen ausziehen.
Schön finden wir die Lage direkt beim Wasserfall. Der Zugang erfolgt etwas unterhalb vom Restaurant über eine steile Treppe, die ans untere Ende des Wasserfalls führt. An heißen Sommertagen soll es richtig schön sein, in dem Becken unterhalb des in zwei Fallstufen gegliederten Wasserfalls zu Baden. Da es bei uns dafür etwas kühl war, haben wir es indes dabei belassen, einen Angler zu beobachten, der nahe der Stelle, wo das Wasser ins Becken klatscht, sein Glück versucht hat.
Das Abendessen gibt es im Jong Kum Lao Restaurant à la carte. In dem auf Gruppen ausgerichteten Restaurant fühlt man sich zwar als Paar zunächst etwas verloren, doch dafür gibt es eine praktische Speisekarte, auf der alle Gerichte bildlich dargestellt sind. Als Besonderheit fällt uns auf, dass einige der Gäste eigene Getränke mit ins Restaurant bringen. Auch wurden wir nicht gefragt, ob bzw. was wir – außer einem Glas Wasser – trinken möchten, sondern durften uns am Kühlschrank selbst bedienen. So wird dann auch das Frühstück als Büfett angeboten, wobei es eher an den asiatischen Gewohnheiten orientiert.
Was nur logisch ist. Denn Thailänder und Südkoreaner bilden den weitaus größeren Anteil an den Gästen als Europäer, was in unserem Fall bedeutete: außer einer deutschen Familie waren wir beim Frühstück ausschließlich von Asiaten umgeben. Richtig gut ist hier übrigens der Kaffee. Schließlich befindet sich das Resort inmitten von Kaffeeplantagen und wird dieser hier ganz frisch geröstet und aufgebrüht. Als Konsequenz ist das Wasserfall Resort während unserer Laos-Reise das einzige Hotel, in dem es im Zimmer keinen Kaffee und auch keinen Tee gibt.
Nach den schönen Eindrücken gibt es leider auch einige Schattenseiten in dem Hotel, wegen derer sich der Rezeptionist mehrmals zu einem Sorry gezwungen sieht. So hatte er uns vor der Trekkingtour versprochen, dass der dreistündige Ausflug zu zwei Wasserfällen führt, eh er uns nach dem Ausflug erklärt, dass dies in der Zeit gar nicht möglich sei. Als Nächstes entschuldigte er sich, dass wir am Abend über eine Stunde auf unser Essen warten mussten, während die nach uns gekommenen Gäste alle schon bedient worden waren.
Das letzte Sorry gab es dann am Morgen unserer Weiterreise, weil das Wasser auf dem Zimmer nicht ging. Sicherlich gab es noch eine Reihe weiterer Dinge, für die er sich hätte entschuldigen können. Etwa dem schlechten Service, die gemessen am Preis viel zu kleinen Portionen oder das klägliche Frühstück. Aber wir wollen nicht kleinlich sein. Denn anders als eine andere deutsche Reisende haben wir beim Frühstück unseren Pfannkuchen vor den Asiaten bekommen, die nach uns anstanden.
Weil der Baan E-Tu Waterfall nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt ist, stellt sich bald die Frage, wie wir den Nachmittag sinnvoll nutzen können? Naheliegend ist natürlich, einen Spaziergang über das Bolaven-Plateau zu unternehmen. Wer denkt, schnell mal zum nächsten Wasserfall laufen zu können, sollte allerdings wissen, dass das Plateau recht weitläufig ist.
Dazu bräuchte man einen Mietwagen oder zumindest einen Roller. Tuktuks sind hier eher selten, die meisten Bewohner nutzen Roller. Wir beschließen, uns auf die näherer Umgebung zu konzentrieren und den Pfaden durch die ans Hotel angrenzenden Kaffeeplantagen zu den nächstgelegenen Dörfern zu folgen.
Zunächst aber folgen wir der Zufahrtsstraße vom Resort zur Hauptstraße. Dort lässt sich bereits deutlich erkennen, mit welcher erträglichen Pflanze die Mon-Khmer-Völker und die Laven ihr Einkommen sichern. Überall entlang der Straße liegen die weißen Bohnen der Kaffeepflanzen vor den Häusern zum Trocknen aus. Dass auf der Bolaven-Hochebene Kaffee angebaut wird, haben die Völker französischen Unternehmern zu verdanken.
Diese führten das Rötegewächs in den 1920er Jahren ein. Damals wurden nur kleine Mengen produziert. Zudem fand diese erste Blütezeit des Kaffeeanbaus allzu bald ein abruptes Ende. In den 1960er und 70er Jahren wurden die Plantagen von der US Air Force zerbombt. Das Bolaven-Plateau war damals das »Tor zum Süden« und damit strategisch bedeutend für den weiter östlich liegenden Ho-Chi-Minh-Pfad. Heftige Schlachten waren die Folge.
Ein Jahrzehnt nach dem Ende des Vietnam-Kriegs kamen Fachkräfte aus der DDR und bauten die Produktion wieder auf. Kaffee galt als »Grüne Hoffnung« und ist inzwischen die wichtigste Exportfrucht von Laos, die heute nach Japan, Polen, Deutschland und die USA geht. Der größte Anteil der Produktion entfällt dabei auf die Sorte Robusta.
Diese Art trägt mehr und schneller reifende Früchte und ist weniger empfindlich gegen Krankheiten, Hitze und Feuchtigkeit. Das mindert allerdings auch die Qualität und den Preis. Viele Plantagen-Besitzer versuchen deshalb, den Anteil an Arabica zu erhöhen. Dazu braucht es aber eine Höhe ab 900 Meter, was auf dem Plateau nur knapp erreicht wird.
Nach einem kurzen Stück entlang der Hauptstraße verlassen wir diese wieder. Der Verkehrslärm ist auf Dauer einfach zu laut. Solange wir uns in der Nähe der kleinen Dörfer befinden, ist es leicht, sich auf den Pfaden zurechtzufinden. Sobald man die Siedlungen hinter sich lässt und in die Kaffeeplantagen hineinläuft, ist ein guter Orientierungssinn jedoch von Vorteil. Denn immer wieder verzweigen sich die Pfade und sieht durch die vielen Kaffeepflanzen alles ähnlich aus.
So stehen wir irgendwann vor einem hohen Zaun, der unser Nachbarhotel von der Plantage trennt. Immerhin wissen wir dadurch, wo wir uns gerade befinden, und brauchen nur ein paar Meter zurücklaufen, um über den nächsten Pfad zurück zur Zufahrtsstraße zu gelangen. Von dort sind es dann nur noch wenige Schritte bis zurück zu unserem Bungalow im Baan E-Tu Waterfall Resort, wo dieser kurzer Spaziergang endet.
Aufnahmen von den herabstürzenden Wassermassen des Baan E-Tu Waterfall auf dem Bolaven-Plateau in Laos. Verrückter Angler bei der Arbeit.