Ausflug zum Schloss Rundāle in Lettland

Das Versailles des Baltikums

Barockgarten vom Schloss Rundāle Barockgarten vom Schloss Rundāle

Das Schloss Rundāle entstand im 16. Jahrhundert nahe der gleichnamigen Stadt. Dabei lässt bereits der Name den deutschen Einfluss in Lettland erkennen. Denn Rundāle leitet sich vom deutschen Ortsnamen Ruhenthal ab. Heute findest Du hier eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Lettland. Ausflüge, auch mit Führung, hierher sind ab Riga gut möglich. Doch auch bei der Anreise nach Litauen ist das Schloss eine dankbare Zwischenstation.

Geschichte Rundāle vom Landgut bis zum Schlossneubau

Die Geschichte von Schloss Rundāle reicht bis ins späte 15. Jahrhundert zurück, als an dieser Stelle ein Gutshof entstand. Ab 1505 bis 1681 war es im Besitz der Familie von Grotthuss. Die Familie war es auch, welche das Landgut ausbauten. So findet sich das Gut auf einer 1555 erstellten Liste der livländischen Schlösser. Von dem ersten Schlossbau wurden auf dem Gelände einige Fragmente von Wappen sowie einer gusseisernen Kanone gefunden.

1735 veranlasste die russische Zarin Anna Iwanowa den kompletten Rückbau des alten Schlosses. An seiner Stelle sollte ein deutlich größeres Schloss im Stil des Barocks und Rokokos treten und dem kurländischen Grafen Ernst Johann von Biron von Kurland als Sommerresidenz dienen. Tatsächlich ging das Landgut Rundāle noch im selben Jahr für 42 000 Reichstaler an den Grafen. Er konnte sich jedoch nur kurz über das Anwesen freuen.

Denn mit dem Tod der Zarin Anna fiel der Titel an ihren erst zwei Monate alten Großneffen Iwan VI. Ernst Johann von Biron sollte zusammen mit der Mutter Iwans, Anna Leopoldowna, die Regentschaft ausüben. Allerdings ließ die Letztgenannte Biron schon bald stürzen und ins ferne Sibirien verbannen. Erst mit der Machtübernahme durch Zarin Katharina II. war es dem Grafen möglich, 1763 nach Rundāle zurückkehren, wo er die Innenausstattung fertigstellte.

Russische Epoche

Nach dem Tod Birons ging das Schloss 1772 über seine Witwe an seinen Sohn, dem neuen Herzog Peter von Biron. Seine Zeit als Schlossherr endete 1795 mit der dritten Teilung Polens bzw. der Annexion des Herzogtums Kurlands und Semgallen durch Russland. Noch bevor Katharina II. das Gut ihrem Günstling, Grafen Valerian Subow, schenken konnte, gelang es Peter von Biron jedoch, das Schloss weitgehend auszuräumen und das Inventar zu seinen Anwesen in Böhmen und Niederschlesien zu schaffen. Subow musste sich also komplett neu einrichten. Außerdem ließ er es zwei Vorhallen im Stil des russischen Klassizismus erweitern.

Baudenkmal des Barocks und des Rokokos in Lettland

Erneut unruhige Zeiten erlebte Rundāle im 20.Jahrhundert: 1915 betrieb hier die Deutsche Armee ein Lazarett, 1919 verwüsteten Soldaten der russischen Bermondt-Awaloff Armee die Räume, ehe das Schloss 1920 an Lettland ging und als Wohnraum, Schule und Museum diente. Nach dem Zweiten Weltkriegs nutzten die Sowjets die Gebäude als Getreidespeicher, womit sie einen Großteil der Inneneinrichtung vernichteten. 1972 besann man sich eines Besseren, gründete das Schlossmuseum Rundāle und ließ umfangreiche Sanierungen durchführen. Mit Erfolg: Heute zählt das Schloss Rundāle zu den bedeutendsten Baudenkmälern des Barocks und des Rokokos in Lettland.

Rundgang durch das Schloss

Angesichts der Größe des Schlosses stellen wir uns bei unserem eigenen Besuch auf einen längeren Rundgang ein. So sind einige der Säle sowie die Appartements des Herzogs und der Herzogin und die Küche für Besucher zugänglich. Wenn Du nicht auf jedes Detail in einem Deckengemälde oder jede Verzierung an den Wänden und Fenstern achtest, wirst Du jedoch einige der Säle rasch gesehen haben. So sind der prächtige Goldene Saal und der Weiße Saal frei von jeglichem Mobiliar. Mit ihren Parkettböden würden sich beide Säle bestens für eine Tanzveranstaltung eignen. Und tatsächlich sehen wir mehrere Mitarbeiter, die Lautsprecher und Lichtanlagen für ein Fest im Goldenen Saal aufstellen.

Einer der interessantesten Räume ist das Ovale Porzellankabinett. Es befindet sich am westlichen Ende des Weißen Saals und beherbergt 45 Rocaille-Konsolen, die sich aneinanderreihen. Andere sind so angebracht, dass sie geschwungene Kurven bilden, die an einen Wasserfall erinnern sollen. Dabei trägt jede einzelne Konsole eine kostbare chinesische oder japanische Vase. Nur kurz halten wir uns hingegen im Blauen Zimmer mit Werken flämischer und holländischer Künstler und der kleinen Galerie auf. Letzterer ist zwar auch dekoriert, dient aber eher als Verbindung zwischen den Sälen.

Zu den wenigen Stücken des ursprünglichen Mobiliars zählt ein aus Eichenholz geschnitzter Bücherschrank. Ihn findest Du in der Bibliothek, wo er als Vorlage für elf Kopien diente. Neben etlichen alten Schinken in den Schränken solltest Du auch das Deckengemälde beachten. Die im Zentrum abgebildete Figur trägt einen Schild mit der Aufschrift Laborem in victoria nemo sentit. Das Zitat stammt vom römischen Schriftsteller Plinius der Jüngere und bedeutet so viel wie: Im Sieg spürt man die Arbeit nicht. Das trifft auch auf das Gemälde selbst zu. Nach Schäden durch Nässe und der Übermalung dauerte die Restaurierung von 2004 bis 2009.

Spaziergang durch den Schlosspark

Viele der Räume im Schloss sind entsprechend den bekannten Themen und Motiven des Rokokos gestaltet. So gibt es einen Raum mit holländischen Gemälden, einen italienischen Salon und das mit der Blumengöttin Flora und Rosenabbildungen reich geschmückte Rosenzimmer. Angesichts all der Pracht ist der Beiname als Versailles des Baltikums gut gewählt. Auf der anderen Seite finden wir angenehm, dass Rundāle trotz seiner Bedeutung für Lettland weit weniger Besucher als Versailles hat. Das macht die Besichtigung deutlich angenehmer.

Bei milden Temperaturen und Sonnenschein zieht es uns dennoch bald ins Freie. Dort erwartet uns der ebenfalls französisch angelegte Garten. Vom Schloss aus gesehen führt eine monumentale Freitreppe hinunter in den Barockgarten und dem Broderieparterre. In weiten Bögen erstrecken sich dort einige kurz geschnittene Buchshecken mit rot leuchtenden Ziegelscherben dazwischen. In den äußeren Beeten blühen Tulpen mit Kaiserkronen und Stiefmütterchen um die Wette. Bei unserem Besuch gegen Ende Mai herrschen frühsommerliche Temperaturen. Offenbar aber erleben wir einen der ersten warmen Tage des Jahres auf dem Baltikum. Mit dem Schloss im Hintergrund eröffnen sich uns somit einige schöne Blickwinkel und Motive.

Rosengarten und Park

Der Rosengarten von Rundāle erstreckt sich rund um das Parterre auf einer rund ein Hektar großen Fläche. Er wurde ab 2005 mithilfe zahlreicher freiwilliger Helfer sowie auch Soldaten der lettischen Armee angelegt. Zu der Sammlung zählen inzwischen mehr als 2 200 Rosensorten, darunter 600 historische Rosen. Leider treiben diese bei unserem Besuch erst aus, sodass wir auf die sonst zu erwartende Blütenpracht verzichten müssen. Erst Ende Mai oder Anfang Juni sollen die ersten Rosen in Blüte gehen. 

So laufen wir bald weiter in den ehemaligen Jagdpark. Gegenüber dem 18. Jahrhundert hat er zwar die Hälfte seiner Fläche eingebüßt, die ursprüngliche Gestaltung blieb aber erhalten. Innerhalb des Parks sind einige, im Jahr 1812 bei Napoleons Russlandfeldzug gefallene Soldaten bestattet. Nach einem Abstecher in den Obstgarten kehren wir über den bereits blühenden Kräutergarten zurück zum französischen Garten. Hier lohnen sich weitere Abstecher zum Grünen Theater und zum Flieder-Boskett.

Gruft der Herzöge von Kurland

Eine weitere Besonderheit von Rundāle ist die Gruft. Diese ließ Herzog Gotthard von Kurland 1582 beim Bau einer kleinen Kirche anlegen. Für ihn war das gerades noch rechtzeitig. Denn schon fünf Jahre später fand der Herzog in der Gruft seine letzte Ruhestätte. Wobei der Begriff Ruhestätte für die Gruft nicht wirklich passt. So wurde die Gruft im Nordischen Krieg 1705 geplündert und in Teilen zerstört. Schwedische Soldaten warfen damals die Mumien der Herzöge aus den Sarkophagen und raubten die kostbaren Grabbeigaben. Als die Kirche im Zuge des Schlossneubaus abgetragen wurde, stellte man die Sarkophage zeitweilig in einen Schuppen.

Die neue Gruft entstand unter dem Südtrakt des Schlosses. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs blieben die Gräber verschont. 1919 drangen jedoch auch hier Soldaten der Bermondt-Armee ein und verwüsteten die Gruft. 1933 und 1934 erfolgte die Restaurierung des damals schon wichtigen Denkmals Lettlands. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Gruft für die nächsten drei Jahrzehnte zugemauert. Erst in den 1970er Jahren erfolgte eine umfassende Bestandsaufnahme und erneute Restaurierung der Särge und Gruft. Dadurch finden wir hier heute wieder einen würdigen Ort der Stille und Besinnung.

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