Wie das Viertel zwischen Unterstadt und Burg, so ist auch die Alfama auf der anderen Seite des Kastells São Jorge sehr verwinkelt. Allerdings mit dem Unterschied, dass man nicht automatisch irgendwie auf den richtigen Weg kommt, sondern wir uns erstmal in einer Sackgasse mit Baustelle verlaufen.
Als kleines Trostpflaster bekommen wir dadurch einen Blick hinter die aufwendig restaurierten Fassaden der Stadt. Was bedeutet, dass wir an einem schäbigen Hinterhof, an einsturzgefährdeten Häusern, vor allem aber an jede Menge Schutt und Müll vorbeilaufen.
Erst auf Umwegen und eine der vielen Treppen gelangen wir in die typischen engen Gassen der Alfama. Im Schutz der Burg errichtet, ist sie das älteste Viertel Lissabons. Hier ist unter anderem das Pereira da Alfama, eines der interessantesten Restaurants der Stadt, zu finden. Da es früh am Tag ist, schauen wir uns aber lieber die Patios an:
große Höfe, die wie kleine Dörfer innerhalb der Stadt wirken und in denen Kinder vom Verkehr ungestört einem Ball nachrennen können. Auch kommen wir an ein paar alten Fassaden vorbei, deren bunte Kachelkunst dem Zahn der Zeit wie der schmucklosen Modernisierung widerstanden hat.
Nachdem wir irgendwie zum Aussichtspunkt Miradouro de Santa Luzia gefunden haben, eröffnet sich uns hinter der Kirche Santa-Luzia ein Labyrinth an Treppen. Eng schmiegen sich die Häuser an den steilen Abhang. Viele von ihnen sind bereits restauriert, andere werden bald folgen, wie ein Baugerüst verrät.
Über den Beco da Corvinha steigen wir in die Alfama hinab und kommen über die nächste Treppe, die Escadinhas de Sao Miguel, zu der gleichnamigen Kirche.
Was ich in Lissabon ein wenig vermisse, sind die großen, für den Mittelmeerraum typischen Märkte. Stattdessen gibt es in der Alfama viele kleine liebevoll eingerichtet Läden, wo neben allen wichtigen Lebensmitteln und Sachen des Hausgebrauchs auch der neueste Klatsch zum Angebot gehört.
Als letztes Ziel des Tages kommen wir am späten Nachmittag zur Klosterkirche von São Vicente de Fora. Ihr Beiname, »außen«, lässt erahnen, dass sie sich ein gutes Stück von der Burg entfernt befindet, wurde sie doch im 13. Jahrhundert außerhalb der damals aktuellen Stadtmauer gebaut.
Aber wozu gibt es schließlich die vielen kleinen Straßenbahnen? Also steigen wir abermals in die Linie 28, welche uns bis direkt vor die Kirche bringt.
Gewidmet ist die Kirche Sankt Vinzenz, dem Schutzpatron Lissabons. Der Legende nach sollen seine Gebeine vor der Algarve angetrieben worden sein. Als das Schiff, welche sie später nach Lissabon überbrachte, von zwei Raben begleitet wurde, war das Stadtwappen komplett: Schiff des Heiligen Vinzenz und seine zwei Raben. Zu sehen ist das Wappen zum Beispiel im Mosaikpflaster auf der Rotunda (Praca do Marques de Pombal), zwischen der Avenida da Liberdade und dem Botanischen Garten.
Nach dem Eingang der Kirche kommen wir zunächst über eine Treppe in die unteren Räume und damit zu einem gefluteten Gewölbe, gehen dann aber weiter durch Kreuzgang und zum südlichen Querschiff mit dem Altar der Antonio-Kapelle mit der Grabplatte der Teresa Taveira.
Sie ist eines der wenigen Überbleibsel, die nach dem Erdbeben von 1755 in den Kirchenneubau übernommen wurden.
Weit bekannter ist das im ehemaligen Klarissinnenkloster eingerichtete Azulejo-Museum. Denn wenn man in der Stadt nur noch wenige erhaltene Fliesenfassaden findet, so kann man sich hier regelrecht satt sehen.
Mehr als 15.000 Fliesen und etliche einheimische, spanische und holländische Fliesengemälde sind in dem Museum untergebracht. Das größte dieser Azulejos besteht aus 1.300 Fliesen und zeigt auf 40 Meter Länge, wie Lissabon 25 Jahre vor dem Erdbeben von 1755 ausgesehen hat.