Der Ausflug nach Belém führt uns mit der Linie E15 in den fünf Kilometer westlich vom Zentrum gelegenen Stadtteil der Entdeckungen. In der Nähe des Nationalmuseums ausgestiegen, gilt es für uns aber erstmal, den richtigen Weg zu entdecken. Denn auch wenn wir uns ganz in der Nähe des Tejo befinden, zu sehen ist er auf den ersten Schritten nicht.
Als wir nach ein paar Metern geradeaus links in die Calcada da Ajuda laufen, wissen wir uns aber bald auf dem richtigen Weg und kommen über eine weit gespannte Fußgängerbrücke auch sicher auf die andere Seite der stark befahrenen Indischen Avenue bzw. der Gleise. Noch am frühen Vormittag erreichen wir den Tejo. Dunst hängt über dem Fluss, sodass das Ende der Brücke des 25. Aprils im Nebel versinkt. Auch die höher gelegene, riesige Christus-Statue ist kaum zu erkennen. Es ist kühl und am liebsten möchte man weg von hier. Wen wundert es da, dass die Portugiesen ausgerechnet in Belém zu ihren Entdeckungsfahrten aufbrachen?
So ist unser erstes Ziel das Denkmal der Entdeckungen. Wäre der Turm bereits geöffnet, könnten wir mit dem Aufzug bis aufs Dach fahren und über Belém und den sich hier öffnenden Tejo blicken. Doch ob das bei Nebel viel Sinn macht? Wir wissen es nicht und erkunden stattdessen das Mosaik auf der Rückseite des Denkmals. Neben einigen Fabelwesen und Windpfeifen zeigt es alle Entdeckungen der frühen portugiesischen Seefahrt.
Das Denkmal wurde 1960 gebaut und gilt als typisches Produkt der portugiesischen Diktatur: hinten stellt es gleichzeitig ein Schwert und Kreuz dar, auf der Seite eine Karavelle.
Während Heinrich der Seefahrer, begleitet von Würdenträgern, im Bug des Schiffes steht, zieht das Volk an den Segeltauen.
In dem Denkmal gibt es zwei Räume, in denen Zeugnisse der Seefahrt ausgestellt sind. Ob sich der Besuch lohnt, wissen wir freilich nicht.
Der Weg vom Denkmal der Entdeckungen zum Torre de Belém zieht sich doch ganz schön in die Länge. Nachdem wir das Hafenbecken Doca do Bom Sucesso passiert haben, zieht es uns dafür in das Mövenpick-Restaurant am Anfang der Grünfläche vor dem Turm. Kaffee Latte, Cappuccino, frische Brötchen, alles ist zu haben. Schwieriger wird da der Gang zur Toilette. Dafür nämlich ist ein extra Zettel vor so ein Leseteil zu halten, damit sich ein Drehkreuz öffnet. Der Haken bei der Sache: es funktioniert nicht. So also klettert Annette unten durch und ich oben drüber... (-;
Als wir anschließend den Turm erreichen, ist er noch geschlossen. Was wir nicht wissen, es ist die nächste Tücke des Tages: Denn auch wenn der Turm nicht mehr auf einer richtigen Insel steht, so müssen wir die letzten paar Meter doch über einen Steg laufen, unter dem die Wellen entlang schwappen.
Meistens jedenfalls. In dem Moment, als wir direkt vor der Tür zum Turm gehen, rollt eine größere Welle einen der Brückenpfeiler hinauf, schafft es knapp zwei Meter bis über den Steg und klatscht dann auf die anderen wartenden Besucher herunter. Und das mitten im Winter!
Die Anlage selbst wurde am Anfang des 16. Jahrhunderts zur Verteidigung der Flussmündung errichtet und besteht aus einem viereckigen Turm und einem sechseckigen Bollwerk. Da der Turm nie ernsthaft angegriffen wurde, hat er die Zeit nahezu unversehrt überstanden. Geändert hat sich hingegen die Lage. Denn einst mitten im Tejo gebaut, haben die Änderungen des Flusslaufs das Ufer bis fast an den Turm heran gelegt.
Hinter dem Eingang führt eine Treppe ins untere Geschoss. Hier heißt es aufpassen. Ist die Decke doch so niedrig, dass selbst ich mir mühelos den Kopf anstoßen könnte. Außer ein paar Gewölbe gibt es unten allerdings nicht sehr viel zu sehen. So besichtigen wir schon bald den (nicht ganz so niedrigen) Kanonenraum und Innenhof, um von dort auf die obere Plattform des Turms zu steigen.
Die Aussicht über Belém und den Tejo ist übrigens weit besser, als wir erwartet hätten und damit unbedingt sehenswert.
Über die Avenida da Torre de Belém gehen wir hinauf zur Avenida do Restelo und weiter zur Rua de Alcolena. Erneut merken wir, dass Lissabon auf Hügeln erbaut wurde. So sind wir schon das erste Mal etwas aus der Puste, als wir den kleinen Park unterhalb der Kapelle des Jerónimos erreichen.
Den Abstecher zur Kirche lassen wir uns dennoch nicht nehmen. Zwar ist sie meistens geschlossen. Dafür aber bietet sie uns einen guten Überblick über Belém, den Torre de Belém und den Tejo. Etwas überrascht sind wir, als wir sehen, wie viele Höhenmeter wir bereits zurückgelegt haben.
Die Anhöhe Richtung Stadion verlassend, kommen wir in der Rua Gil Eanes an ein paar mit Kopfsteinen verzierten Häusern vorbei. Es ist ein recht ruhiger Stadtteil. Und doch kann es hier durchaus richtig laut werden, befinden wir uns doch ganz in der Nähe des Estádio do Restelo, dem großen Fußballstadion von Belém. Danach geht es über die schmucklose und mehrspurige Madeira Avenue bis kurz vor das Gebäude des Oberkommandos der Streitkräfte und (etwas links davon) über eine Treppe hoch zur Rua das Terras.
Wie beim Spaziergang durch die Alfama, finden wir auch in diesem Teil der Stadt einige kleine Läden. So empfiehlt unser Reiseführer einen Stopp auf dem Platz Largo do Galvao, um mit den alten Bürgern der Stadt in einem Laden Rotwein zu probieren. Nun gut, als wir das Viertel durchqueren, stehen keine Alten herum. Und am Vormittag Rotwein? Nee, das muss nun wirklich nicht sein. Also setzen wir unseren Spaziergang fort, um über die Calcado do Galvao und vorbei am botanischen Garten zum Palácio Nacional da Ajuda zu laufen.
Das Aussehen des nie fertig gestellten Palastes ist beinahe skurril. Denn während der Eingang von neckischen Statuen geschmückt ist und auf dieser Seite die Fassade in strahlendem Weiß errichtet wurde, sieht die Rückseite wie ein demnächst zusammenbrechender Sanierungsfall aus. Kaum zu glauben, dass hier mal ein zweites Versailles entstehen sollte. Stattdessen ist hier heute der Sitz des Kulturministers und beherbergt der Palast ein Museum mit den königlichen Gemächern.
Lust auf eine Kalorienbombe? Dann ist die Konditorei Fábrica des Pastéis de Belém das Richtige. 1837 gegründet, gibt es hier (anscheinend) die besten pastéis de nata Lissabons: Blätterteigtaschen mit Cremefüllung. Hier sind sie entstanden und hier werden sie auch heute noch in den alten Öfen gebacken und mit Zimt und Traubenzucker bestreut serviert.
Da die Konditorei in (wahrscheinlich) jedem Lissabon-Reiseführer erwähnt wird, bleibt es nicht aus, dass schon am Vormittag Dutzende Leute im Verkaufsraum Schlange stehen. Anstehen muss aber nicht sein. Man kann auch an einem der vielen Tische warten. Was auf den ersten Blick gar nicht so einfach scheint.
Weil nämlich die großen Säle im hinteren Bereich der Konditorei von vorne nicht zu sehen sind, zieht es die meisten Gäste erstmal in einen kleinen, schmalen Raum, der sich direkt neben dem Verkaufsraum befindet und noch mit den alten Kacheln ausgestattet ist.
Erst später erkennen wir, wie riesig der ganze Schuppen ist. Nach etwas Wartezeit (Geduld ist von Nöten) kommen dann auch endlich die Pastéis de Belém. Was sollen wir sagen? Wer Blätterteiggebäck mag, der wird sie mögen.
Nicht zu verachten ist aber auch der heiße Kakao, der mit soviel Zucker serviert wird, dass der Teelöffel darin beinahe stehen bleibt. Als wenn es noch nicht süß genug sein könnte, bekommen wir zusätzlich noch jeder ein paar Pack Zucker dazugelegt. Schade nur, dass die Angestellten in dem Dauerstress nur wenig Freundlichkeit an den Tag legen.