Nach mehreren Städten und Kirchen ist es schön, zur Abwechslung Maltas Natur kennenzulernen. Durch die nahezu ungebremste Bauwut gibt es auf der Insel jedoch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Umweltschutz. Der Winter 2015/16 aber sollte so manch einen Malteser zum Umdenken bewogen haben. Normalerweise bringen die Wintermonate bis zu 600 mm Niederschlag. Im Winter vor unserer Reise aber zogen die Regenwolken an der Insel vorbei. Und die Wolken, die kamen, bescherten Malta mit 200 mm lediglich ein Drittel der sonst üblichen Menge. Da nützt dann auch die Fähigkeit des Bodens, große Menge an Wasser speichern zu können, nichts. Als Folge fehlt das Wasser der Landwirtschaft und Natur. Sehen können wir dies an den braunen Feldern, aber auch am einzigen kleinen Wäldchen der Insel, dem Buskett Garden, dessen Vegetation dürr und karg erscheint.
Gleich hinter dem Wäldchen befindet sich eine Anhäufung prähistorischer Schleifspuren, die maltesischen Cart Ruts. Wir folgen brav unserem Navi, auch wenn dieses irgendwann die Anweisung »Straße verlassen« gibt. Durch eine offene Schranke gelangen wir bis zum Parkplatz der Cart Ruts. Ein Ziegenhirte weist uns dort den Weg zu den Karrenspuren sowie auch zu den »Caves«. Aha, Höhlen gibt es in dieser trostlos wirkenden Gegend demnach auch zu sehen. Entlang des Fußweges sind die Spuren leicht zu finden. Gerade in diesem Bereich verzweigen sich viele der Spuren und wirken wie ein Rangierbahnhof. Daher auch der Name »Clapham Junction«, der sich vom größten und verkehrsreichsten Bahnhof Großbritanniens ableitet.
Woher diese beeindruckenden Karrenspuren stammen, zählt zu den großen Geheimnissen aus der Frühzeit der Menschen. Haben wirklich Räderfuhrwerke diese Rillen geschaffen oder wurden sie von Hand gemeißelt? Bildeten die Rillen ein Verkehrsnetz und wenn ja, was wurde darauf und von wem transportiert? Die Wissenschaftler sind sich weder im Nutzen noch in der Entstehungszeit einig. Während die einen die Spuren als Relikt aus der Bronzezeit sehen, vermuten andere, dass die Rillen aus der punischen Zeit stammen. Für Erich von Däniken stellen sie gar den Beweis für einen Besuch von Außerirdischen dar. Na ja, wir hüpfen vorsichtig über die Rillen, denn das karstige Gestein ist scharfkantig und der unebene Boden birgt etliche Stolperlöcher. Da Lars auf dem irischen Burren in so einem fast verschwunden ist, gehen wir umsichtig weiter und suchen die Höhlen.
An sich sind die Höhlen nur einen Steinwurf von den Cart Ruts entfernt, von dort aus jedoch nicht zu sehen und damit schlecht zu finden. Zum Glück hat sich schon vor uns eine kleine Gruppe auf dem Weg dorthin gemacht. So beobachten wir, wie ein Mann seinen beiden Begleiterinnen hilft, mühsam in ein Bodenloch zu klettern. Ähm ja, es geht ein paar Meter steil nach unten und neben den Beinen bricht man sich hier gleich noch den Hals, wenn man sich ungeschickt anstellt. Es führt aber auch ein sicherer Trampelpfad über die linke Seite in die verwaiste Höhle, in der schon 2000 vor Christus Menschen gelebt haben sollen. So stehen wir bald in den Resten der Behausung von »Höhlenmenschen«. Durch Natursteinmauern ist die Höhle in einzelne Räume aufgeteilt. Spuren von Bewohnern sind keine mehr sichtbar. Große Teile der »Ghar il-Kbir«, also die »Große Höhle«, wurden leider von den Engländern zerstört, nachdem sich Inselbewohner wieder für ein Leben in der Höhle entschieden hatten. Heute dient sie als Unterschlupf für Ziegen.
Einen Kilometer von der Höhle entfernt befinden sich die Dingli Cliffs. Maltas Südwestküste fällt vielerorts in steilen Klippen ab. Die Dingli Cliffs gelten als der beeindruckendste Abschnitt dieser Klippen, die hier an die 200 Meter hoch sind und senkrecht zum Meer abfallen. Es gibt mehrere Haltepunkte, die schöne Ausblicke bieten und auch von den Bussen angefahren werden. Um eine richtig spektakuläre Sicht zu bekommen, muss man aber zu Fuß bis an den Rand der Klippen laufen – oder nimmt ein Boot und kommt vom Meer her zu den Klippen. Da wir heute schon genug gelaufen sind und schon wieder einige Zeit unterwegs waren, verzichten wir auf den Spaziergang zum Klippenrand. Stattdessen begnügen wir uns mit der ebenfalls schönen Aussicht von der Magdalena Kapelle auf den landwirtschaftlichen Hang oberhalb der Klippen, eh wir zurück zum Hotel fahren.